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GeschäftsideeAlternative zu Flohmarkt und Internet im Kreis Euskirchen

Lesezeit 4 Minuten

Kreis Euskirchen – Manches alte Schätzchen wird nicht mehr gebraucht, ist aber zu schade, um auf dem Müll zu landen. Wer solche Dinge auf dem Flohmarkt verkaufen will, muss früh aufstehen. Wer es im Internet anbieten möchte, muss sich um die Abwicklung kümmern. Ohne Aufwand geht’s in Mietregalen, die es etwa in Euskirchen und Schleiden gibt.

Über mangelnde Kundschaft kann sich Burkhard Thommes nicht beklagen: Seit Jahresanfang ist sein Geschäft mit dem Namen „Mein Verkaufsregal“ geöffnet. Täglich betreten 80 bis 100 Kunden das Ladenlokal an der Roitzheimer Straße/Ecke Eifelring in Euskirchen.

Ein großes Stofftier zum Preis von 15 Euro begrüßt die Neugierigen, die zwischen den Regalen oder Kleiderständern verschwinden und nach Herzenslust stöbern. „Wir haben hier eine recht hohe Verweildauer in dem neuen Geschäft“, sagt der 52-Jährige aus Prüm, der noch vor wenigen Jahren in Aschaffenburg Möbel verkauft hat.

Dort ist Thommes auf die Idee gestoßen, die seinem Geschäft zugrunde liegt. Er vermietet Regalflächen, Kleiderbügel oder einfach Geschäftsflächen in seinem Ladenlokal, damit Privatanbieter dort ihre Waren präsentieren und verkaufen können.

200 Quadratmeter in Schleiden

Das gleiche Prinzip gilt im Regalvermietungsladen von Maria Haas an der Schleidener Rathausstraße. Hier können die Eifeler auf knapp 200 Quadratmetern finden, was sie für entbehrlich halten.

Es gibt Bücher, Gläser, Porzellan, alte Faxgeräte, längst vergessene Betriebssysteme oder ein Mastermind-Spiel mit dem vor Jahren verstorbenen Fernsehmoderator Hans Rosenthal auf dem Deckel. Auch Überraschungen finden sich in Schleiden: eine altertümliche Nähmaschine, eine veritable Ritterrüstung für 600 Euro oder eine Lampe, getragen von einer knapp unter Lebensgröße gehaltenen Bronzestatue einer jungen Frau. Lange war unklar, was mit dem Ladenlokal geschehen sollte, nachdem das Schreibwarengeschäft die Räume verlassen hatte. „Die Idee hatte der frühere Chef“, erzählt Haas. Zuerst hätte er es mit Gemüse versucht. Dann sei er vor rund zwei Jahren auf die Idee gekommen, Regale zu vermieten, auf denen die Kunden anbieten könnten, was sie gerne verkaufen möchten.

Als er den Laden nicht mehr selbst betreiben wollte, übergab er ihn an Maria Haas. „Ich hatte vorher hier als Teilzeitkraft gearbeitet“, sagt sie. Jetzt ist sie selbst die Chefin. „Fast alle Regale sind vermietet“, freut sie sich. Die Preise machen die Anbieter, auch Dekoration und Auslage. Bei Verkäufen kassiert Haas das Geld und gibt es ohne Abschlag an die Anbieter. Mit der Resonanz ist sie zufrieden. „Wir kommen über die Runden“, lächelt sie.

Zwei Freundinnen aus Euskirchen und Brühl haben derweil in der Euskirchener Fundgrube etwas entdeckt. Die eine schleppt zwei Gewichte einer alten Kartoffelwaage zur Theke – sieben Kilo Eisen. „Die beiden Teile kommen bei mir in den Garten, als Deko“, verrät sie. „Wir sind eigentlich so richtige Flohmarkt-Gänger, und haben jetzt erfahren, dass es diesen Laden hier gibt. Das mussten wir unbedingt mal anschauen“, so die Kundin. Und ihr fällt etwas auf, das sich vom Flohmarkt unterscheidet: „Hier kann man nicht handeln.“ Das stimmt nicht ganz, korrigiert Thommes an der Kasse: Es gebe auch Anbieter, die hochpreisige Gegenstände anbieten und ihm sagen, dass sie statt der 120 Euro auf dem Etikett auch mit 100 Euro zufrieden wären. „Solche Hinweise sind auch im Kassensystem hinterlegt, sind aber die Ausnahme“, stellt Thommes klar.

„Der Preis ist unverschämt“

Ein Hinweis, der das Interesse des Duos weckt: „Der rote Stuhl, auf dem der Plüschbär für 40 Euro sitzt, den könnte man also für 20 Euro haben?“, fragen sie unverblümt. „Erwerben können Sie den Stuhl schon, aber für 40 Euro“, sagt Thommes lachend. Denn den Preis hat der Besitzer des Möbelstücks festgelegt – ein Verkauf kommt nicht zustande.

Überrascht vom Preis für einen Kommunionsanzug neben der Eingangstür ist eine andere Kundin. „Der Preis ist unverschämt“, sagt sie, hat wegen dieses Angebots aber das Geschäft betreten. Sie hat gut eine halbe Stunde gestöbert und eine gebrauchte kleine Digitalkamera entdeckt. „Wir haben Anbieter, die mehrere Regale gemietet haben. Von denen haben einige von Karnevalssachen auf Oster-Deko umgestellt. Wer noch im Februar für vier Wochen Regalböden mietet, der kann sie übrigens fünf Wochen lang nutzen. Das ist ein Eröffnungssonderangebot“, so Thommes.

Auch in seinem Laden ist das Angebot vielseitig: Kleidung, Schuhe, Gläser, Porzellan, alte Elektrogeräte, Kameras, Uhren, aber auch Bücher und VHS-Videokassetten. In einem Regal liegen alte Werkzeuge neben Auto-Unterstellböcken. Auch große Gegenstände findet man – im Keller: Fitnessgeräte, Kinderfahrräder, eine Gartenkarre. Thommes behält sich vor, welche Waren er zum Verkauf anbietet: „Neulich wollte mal einer ein ganzes Regal für Kosmetikartikel und Sonnenschutzcreme mieten. Das hätte aber den Charakter des Geschäfts gesprengt. Das wollte ich nicht.“

Detlef Hamächer aus Zülpich bietet hier Deko-Schwerter und -messer an, dazu DVDs und Videospiele. Er ist Stammgast in dem Geschäft, verkauft hier nicht nur, sondern kauft auch schon mal das eine oder andere Stück.