Großeinsatz in MechernichIn der Tiefe des alten Bergwerks „vermisst“

Loses Geröll und Sand führen über etwa 150 Meter durch die Höhle zum Einstieg „Krähenloch“. Die Einsatzkräfte leuchteten die Höhle in der Nacht aus. (Fotos: Hammes)
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Kallmuth – Einen Ausflug unter Tage in seit über 60 Jahren stillgelegte Stollen des ehemaligen Mechernicher Bergwerks unternahmen fünf junge Kallmuther – mit ungeahnten Folgen. Dass sie einen Großeinsatz auslösen würden, an dem knapp 100 Kräfte von Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst, Kreis Euskirchen, Bergbaumuseum, Bundeswehr und Kriseninterventionsdienst beteiligt waren, hätten sich die 18- bis 25-Jährigen wohl nicht träumen lassen, als sie sich am Samstagmorgen zum „Krähenloch“ bei Kallmuth aufmachten.
Angehörige meldeten die jungen Männer gegen 23.40 Uhr als vermisst, nachdem die beabsichtigte Rückkehrzeit weit überschritten war. Das Einsatzstichwort „Fünf Personen seit über zwölf Stunden in altem Stollen vermisst“ trieb den Verantwortlichen die Sorgenfalten auf die Stirn. Mit einer derartigen Situation werden sie wahrlich nicht alle Tage konfrontiert.
Die Lorbacher Feuerwehrleute um Gerd Reitz rückten als erste aus. In völliger Dunkelheit erkundeten sie das unwegsame Gelände – ein riskanter Job. Zunächst ist das Gelände mit Stacheldraht umzäunt, vor der zum Einstieg in den Schacht führenden Höhle ist zudem ein massiver Zaun samt Tor angebracht. Die Einsatzkräfte gingen davon aus, dass die Gruppe den Zaun an dessen Ende an der Felswand umgebogen hat und so in die Höhle gelangte. Auch den geöffneten Zugang zum Schacht und ein in die Tiefe führendes Seil fanden sie vor.
Zahlreiche weitere Kräfte aus den umliegenden Orten, Mechernichs Wehrleiter Jens Schreiber, der Kaller Einsatzleitwagen und der stellvertretende Kreisbrandmeister Harald Heinen eilten derweil ebenfalls nach Kallmuth.
Ein paar kleinere Bäume wurden gefällt und Strahler aufgebaut, um einen einigermaßen sicheren Zugang durch den Wald zur Höhle zu schaffen. Auch die Höhle selbst wurde ausgeleuchtet.
Niemand wusste zu dem Zeitpunkt, was in der Tiefe geschehen sein könnte, wie es den fünf Vermissten geht, ob sie sich womöglich in großer Not befanden. Klar war jedoch, dass sich die Feuerwehrleute nicht „mal schnell“ abseilen und unter Tage nachschauen konnten. Weder die Beschaffenheit der Stollen war klar, noch gab es sichere Erkenntnisse, ob überhaupt genügend Sauerstoff vorhanden ist.
„Spaziergang und Picknick“
Dies wäre ein Einsatz für Spezialkräfte: für den ABC-Zug des Kreises, um die Beschaffenheit der Luft in der Tiefe zu messen. Für die DRK-Rettungshunde aus Kall zur Suche nach den Vermissten. Für die Höhenretter der Berufsfeuerwehr Aachen zum Abseilen. Für eine Grubenwehr aus dem Ruhrgebiet, die speziell für derartige Einsätze trainiert ist.
Doch all die mussten nicht mehr nach Kallmuth ausrücken. Um 2 Uhr morgens kam die Meldung, die alle Beteiligten aufatmen ließ: Die Vermissten waren gefunden – und unverletzt. Doch es sollte noch etwa eine Stunde vergehen, bis alle Fünf aus dem rund 30 Meter tiefen Schacht gestiegen waren. Als dies geschafft war, war das Erstaunen auf beiden Seiten groß. Die fünf Kallmuther waren verdutzt, welches Aufgebot sie erwartete. Wie die Einsatzkräfte später zu berichten wussten, seien die Fünf, ausgerüstet mit Stirnlampen, Seilen und Karabinerhaken, auf der ersten Sohle des alten Bergwerks „spazieren gewesen“, hatten eine Höhle gefunden und dort gemütlich ihre mitgeführte Verpflegung verzehrt.
Im Gegenzug waren die Einsatzkräfte erstaunt, wie wenig einsichtig die jungen Leute gewesen seien. Ein Polizist berichtete, dass sie nicht recht vom Ernst der Lage und den Gefahren, denen sie sich ausgesetzt hatten, zu überzeugen gewesen seien.
Möglicherweise hat der Ausflug ein finanzielles Nachspiel für die Truppe. Denn nicht auszuschließen ist laut Harald Heinen, dass ihnen die Kosten für den Einsatz in Rechnung gestellt werden.