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Containerdorf für GeflüchteteHellenthal hat sonst kaum noch Kapazitäten

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Auf einem Grundstück in Blumenthal haben die Bauarbeiten für das Containerdorf begonnen. 

Hellenthal – Vor drei Wochen äußerte der Hellenthaler Ordnungsamtsleiter noch die Befürchtung, ein Containerdorf bauen zu müssen, wenn die Zuweisung von Geflüchteten so weitergehe. Und schon in dieser Woche haben die Bauarbeiten zu der Umsetzung dieses bisher im Kreis einmaligen Projektes begonnen. In der vergangenen Woche hatte der Haupt- und Finanzausschuss dem Vorhaben zugestimmt. „Wir können dort Ende Oktober die ersten Menschen unterbringen“, sagte Bürgermeister Rudolf Westerburg.

Die Kommunen im Kreis sind am Limit. Die Bezirksregierung Arnsberg, die für die Verteilung der Flüchtlinge im Land zuständig ist, kündigt die Zuweisung an, und rund eine Woche später stehen die Menschen vor dem Rathaus und müssen untergebracht werden. Dabei verfährt die Behörde nach Statistik. Dabei sind die Kommunen im ländlichen Raum gegenüber den Ballungsgebieten arg im Rückstand. Hellenthal etwa müsste nach dem Verteilungsschlüssel zu den 130 Flüchtlingen, die hier bereits untergebracht sind, noch weitere 216 aufnehmen. Die Arnsberger Bezirksregierung drängt darauf, dass die Quote erfüllt wird.

Doch die Menschen unterzubringen, werde immer schwieriger, wie Katharina Mahlstedt erläutert, die bei der Gemeinde Hellenthal für den Bereich Asyl zuständig ist. „Zurzeit haben wir noch 20 Plätze frei – theoretisch“, sagt sie mit einem Blick auf die aktuellen Zahlen. Doch nicht alle seien so verfügbar, wie es die Zahlen erscheinen lassen. „Wenn ich eine dreiköpfige Familie in einem Vierbettzimmer habe, kann ich das vierte Bett nicht belegen“, gibt sie zu bedenken. Aktuell habe sie etwa ein junges Mädchen in einem Zweibettzimmer, zu dem sie nur eine alleinreisende Frau gesellen könne. „Doch es kommen fast nur Männer, und Frauen meist mit Familie“, beschreibt sie ihr Dilemma.

Pro Woche kommen zwischen 15 und 20 Menschen nach Hellenthal. Aktuell sind wieder 18 Flüchtlinge avisiert worden. Bis Ende Oktober, so schätzt Mahlstedt, könne sie die Menschen noch unterbringen, doch dann sei Schluss. „Wir sind kapazitätsmäßig am Ende“, sagt Bürgermeister Rudolf Westerburg.

Es sei auch noch nicht abzusehen, wie sich die Teilmobilmachung in Russland auf die Entwicklung der Flüchtlingszahlen auswirken würden. „In Finnland sind bereits viele Flüchtlinge aus Russland angekommen, es ist fraglich, ob die dort bleiben“, so Westerburg. „Das Niveau ist wieder so hoch wie 2015“, sagt Westerburg. Seit dem Ende der Sommerferien habe es sich hochgeschaukelt.

Ukrainer, Syrer und Afghanen

Aktuell würden vor allem Ukrainer, Syrer und Afghanen der Gemeinde zugewiesen, vor allem Einzelpersonen. „Wir müssen aber auch Obdachlose unterbringen. Und wie sich die Lage in diesem Winter bei den hohen Energiekosten entwickeln wird, ist noch nicht klar“, sagt Mahlstedt. Um nicht auf Turnhallen und Dorfgemeinschaftshäuser zurückgreifen zu müssen, entwickelte die Verwaltung die Lösung mit den Wohncontainern. Bis zu 60 Personen können hier eine Bleibe finden, kündigt Westerburg an. Ungefähr zwölf Quadratmeter Nutzfläche hat ein Container, eine Fläche, die für vier Personen ausreiche. So seien insgesamt 15 Wohn-, vier Sanitär- und drei Küchencontainer notwendig, zählt Bauamtsleiter Markus Rodenbüsch auf.

Eine Fläche von 1550 Quadratmetern sei für die Containerlösung in Blumenthal an der Reifferscheider Straße gepachtet worden. Umzäunt werden soll das Areal nicht. „Die Menschen sollen ganz normal unter uns leben, ein Einpferchen wollen wir nicht“, so der Bürgermeister. Betreut würden die Menschen durch einen Hausmeister, Mahlstedt und ihre Kolleginnen. „Der Vorteil der Tallage ist, dass wir schnell da sind. Wir haben jeden Tag Berührungspunkte“, sagt er. Es habe sich gezeigt, dass die Menschen besser da untergebracht seien, wo sie auch von der Verwaltung besser erreicht werden könnten, ergänzt Huppertz.

Suche nach Flächen

„Das ist nicht wie in einer Zentralen Unterbringungseinrichtung, wo die Menschen versorgt und betreut werden“, beschreibt Mahlstedt. Die Menschen müssten sich selbst verpflegen und ihre Wohnräume reinigen. Problematisch sei oft aber die Verständigung, etwa, wenn man die Funktionsweise eines Taxibusses erkläre.

Es sei schwierig, überhaupt Flächen zu finden, die geeignet seien, so Westerburg. Aber es sei nicht so, dass die Geflüchteten ungleichmäßig in der Gemeinde verteilt seien, ergänzt Huppertz. „Wir haben Unterbringungen in Rescheid, Schmalenbach und Udenbreth, überall dort, wo wir Wohnraum finden“, sagt er. „Wenn die Menschen bei uns vor der Tür stehen, müssen sie auch untergebracht werden“, macht Mahlstedt die Rechtslage klar. Da sei eine Containerlösung einer Zeltstadt oder der Unterbringung in einer Turnhalle vorzuziehen. „Im Hellenthaler Hof haben die Menschen auch nicht mehr Platz“, sagt sie. Auch die Gemeinde Hellenthal habe einen Bürocontainer neben dem Rathaus stehen, um der Platznot im Verwaltungsgebäude begegnen zu können. „Da kann man es sich gemütlich einrichten“, sagt sie.

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Parallel werde sie aber weiter nach Wohnraum suchen. Und wenn dann doch noch 220 Flüchtlinge kommen würden? „Dann habe ich schlaflose Nächte, doch das geht den Städten nicht anders“, so Huppertz.

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