Abschied mit WehmutSchreibwarengeschäft in Kall wird nach 43 Jahren geschlossen

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Hans-Dieter Pütz steht hinter einem Schild, das die Schließung des Geschäfts ankündigt, am Tresen.

Hans-Dieter Pütz schließt sein Schreibwaren- und Lottogeschäft an der Bahnhofstraße wegen großer Umsatzeinbußen nach 43 Jahren. Das Geschäft im Rewe wird fortgeführt.

Nach 43 Jahren an der Kaller Bahnhofstraße schließt Hans-Dieter Pütz sein Schreibwaren- und Lottogeschäft. Die Umsätze waren eingebrochen.

„Erst kam Corona, dann die Flut und jetzt die Baustelle. Mir reicht es“, sagt Hans-Dieter Pütz. Der 70-Jährige wird am Samstag die Pforten seines Schreibwaren- und Lottogeschäfts an der Kaller Bahnhofstraße endgültig schließen. „Wir werden uns auf den Standort im Rewe-Center in Kall konzentrieren“, sagt der Friseurmeister.

Pütz war von der Flutkatastrophe im Juli 2021 in mehrfacher Hinsicht betroffen. Das Wasser war durch sein Schreibwarengeschäft und seinen Friseursalon an der Bahnhofstraße sowie durch den Lotto-Shop im nicht weit entfernten Rewe-Center geflossen. Als Vermieter musste er sich zudem um die Geschäftsräume der Buchhandlung Pavlik gleich neben seinen Läden kümmern.

Trotzdem gelang es ihm und seinem Team, das Schreibwarengeschäft mit Lotto-Shop an der Bahnhofstraße schon im Januar 2022 wieder zu eröffnen. Das Sortiment im Bereich Schul- und Bürobedarf wurde sogar erweitert und eine kleine Internetseite aufgebaut, auf der Produkte online bestellt werden können.

Umsatz des Geschäfts ist um rund 50 Prozent eingebrochen

Doch knapp zwei Jahre später hat sich die Situation drastisch verändert: „Seit die Umgestaltung der Bahnhofstraße läuft, haben wir Umsatzeinbußen von rund 50 Prozent. Zwei Mitarbeiter habe ich deshalb schon entlassen müssen.“ Die Menschen würden halt lieber Geschäfte anfahren, die gut zu erreichen seien. Die Kundenbindung habe ohnehin nachgelassen.

Ursprünglich wollte Pütz bis nach dem Abschluss der Arbeiten in der Straße weitermachen und dann entscheiden, wie es mit dem Geschäft weitergeht: „Ich bin ja mittlerweile auch schon 70 Jahre alt.“ Seine Tochter Hannah Schmitz habe aber ihr Interesse bekundet, den Betrieb zu übernehmen.

„Ich kann nicht gutem Geld noch schlechtes hinterherwerfen"

Doch das Geschäft an der Bahnhofstraße wird Pütz nun nach gut 43 Jahren schweren Herzens schließen: „Ich kann nicht gutem Geld noch schlechtes hinterherwerfen.“ Insgesamt sei seine Familie mit verschiedenen Geschäften und dem Friseursalon seit gut 70 Jahren in Kall vertreten. „Wir sind eine der ältesten Lottostellen in der ganzen Region.“ Das 80 Quadratmeter große Ladenlokal wolle er vermieten. Es gebe auch schon Interessenten.

Pütz ärgert sich über den schleppenden Fortgang der Arbeiten in der Bahnhofstraße: „Bei der Baustelle ist ja kein Land in Sicht. Sie wird zumindest noch bis Mitte 2024 bleiben.“ Er mache den Arbeitern keinen Vorwurf: „Die tun, was sie können.“ Aber es seien einfach zu wenige Mitarbeiter vor Ort. „So einem Projekt muss Priorität eingeräumt werden. Da kann es nicht sein, dass im Sommer um 16 Uhr auf der Baustelle Schluss gemacht wird“, erklärt Pütz. Da müsse auch mal an Samstagen gearbeitet werden. „Von meinen Kunden höre ich oft: Nach Kall brauchst du wegen der Baustelle im Moment nicht zu fahren“, sagt Pütz.

„Kunden sind dankbar für die Beratung und die Unterstützung"

Das Sortiment im Bereich Schul- und Bürobedarf soll auch im Shop im Rewe Center angeboten werden. „Die Kunden sind dankbar für die Beratung und die Unterstützung. Bei uns kann man einen Füller in die Hand nehmen und ausprobieren, ehe man ihn kauft.“ Zum Team gehören zurzeit neben Pütz noch sechs Mitarbeiter. „Wir arbeiten zum großen Teil schon seit mehr als 15 Jahren zusammen.“ Die Stimmung sei gut, deshalb habe er auch keine Probleme gehabt, wenn nötig neue Mitarbeiter zu finden.

Markus Auel, Allgemeiner Vertreter des Kaller Bürgermeisters, bedauert die Schließung des Geschäfts, betonte aber: „Bei Baumaßnahmen lassen sich Behinderungen leider nicht vermeiden.“ Die Arbeiten seien im Vorfeld mit den Gewerbetreibenden abgestimmt worden. Man habe dafür gesorgt, dass die Geschäfte in der Bahnhofstraße stets erreichbar gewesen seien. „Weil die Versorgungsleitungen schon im ersten Bauabschnitt neu verlegt wurden, werden die Arbeiten auf der anderen Seite schneller vorankommen“, so der Allgemeine Vertreter.

„Die Verzögerung um knapp drei Monate ist durch Arbeiten des Wasserverbands entstanden“, sagte Auel. Bei der Überprüfung von Hausanschlüssen war festgestellt worden, dass auch die Hauptwasserleitung und ein Schieberkreuz im Bereich des Kreisverkehrs erneuert werden mussten. Ansonsten sei man mit den Arbeiten im Zeitplan.

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