Abo

PapstarKaller Unternehmen setzt auf Einweg aus nachwachsendem Rohstoff

Lesezeit 5 Minuten
Die Kaller Papstar-Firmenzentrale mit dem markanten, weißen Hochregallager aus der Luft gesehen.

Die Firmenzentrale in Kall wurde auf einem 130.000 Quadratmeter großen Grundstück errichtet.

Das Kaller Unternehmen Papstar setzt bei seinen Produkten weiter auf Einweglösungen, die aus nachwachsenden Rohstoffen produziert werden sollen.

Bei der Firma Papstar nähert sich eine Ära dem Ende. Geschäftsführer Bert Kantelberg wird zum Jahresende nach gut 40 Jahren im Unternehmen ausscheiden. Den Staffelstab gibt er an seinen Sohn Tom weiter, der per einstimmigem Aktionärsbeschluss der Papstar Holding AG bereits zum Jahresbeginn zum gleichberechtigten Geschäftsführer berufen wurde.

Schon seit dem 1. Mai 2020 sind Vater und Sohn gemeinsame Geschäftsführer der Rick Produktion GmbH mit Sitz in Olef. Das ist neben der PPC Paper Print Converting GmbH und Conpax Kartonagen in den Niederlanden einer von drei Produktionsbetrieben von Papstar. „Meine Frau Susanne und ich sind sehr stolz und auch froh, dass unser Sohn Tom den erfolgreichen Werdegang von Papstar in dritter Generation mit in die Hand nehmen und weiter forcieren wird“, sagt der Vater.

Der 32-jährige Tom Kantelberg wurde in der Papierfabrik Niederauer Mühle GmbH zum Industriekaufmann ausgebildet und hat sich anschließend bei der CBS International Business School und der FOM Hochschule für Ökonomie und Management zum Bachelor of Arts beziehungsweise Master of Science weiterqualifiziert. Auf den väterlichen Rat will er aber auch in Zukunft nicht verzichten.

Kaller Firma mit Einbußen und Expansion in der Corona-Phase

In der Coronakrise hat das Unternehmen nach Angaben des Seniorchefs in einigen Bereichen bis zu 70 Prozent des Umsatzes eingebüßt: „Es gab keine Events und Veranstaltungen, und die gastronomischen Betriebe hatten geschlossen.“ Deshalb sei auch kein Einweggeschirr benötigt worden. Im Gegenzug habe es aber enorme Zuwächse bei den Außer-Haus-Verpackungen gegeben. Trotzdem habe es im Unternehmen einige Monate Kurzarbeit gegeben.

„Aber wir hatten auch Glück, denn wir hatten vor der Corona-Krise die Logistik für die Firma Body Products aus Frechen übernommen“, sagt Bert Kantelberg. Das Unternehmen stellt medizinische Produkte und Schutzausrüstungen sowie Hygieneartikel her und hat weltweit Partnerschaften. Die Artikel waren in Zeiten von Corona natürlich sehr stark nachgefragt.

„Wir hatten wegen der gerissenen Lieferketten auch einige Versorgungsprobleme, die   noch bis heute anhalten“, erklärt Bert Kantelberg. Teilweise habe man die benötigten Waren sogar aus Asien einfliegen oder per Bahn liefern lassen. „So konnten wir mehr als 90 Prozent der Lieferungen an unsere Kundschaft sicherstellen.“ „Das sprach sich herum und führte dazu, dass wir während der Corona-Krise europaweit neue Kunden gewinnen und sogar noch expandieren können“, sagt Tom Kantelberg. Mit Sorge sieht sein Vater Bert Kantelberg die Konzentrationsentwicklung im Bereich des Handels: „Es ist immer falsch, wenn zu viel Macht in einer Hand liegt.“

Die Flut verursachte bei Papstar einen Schaden von 1,8 Millionen Euro

„Wir waren am Standort Kall in der Vergangenheit schon mehrfach von Starkregenereignissen betroffen“, berichtet der 65-Jährige. Zwar gebe es unterhalb von Keldenich ein Regenüberlaufbecken. Doch das sei nicht groß genug, so dass bei starken Niederschlägen immer wieder Wasser den Hang hinunter in Richtung der Betriebsgebäude laufe. „2016 haben wir aus diesem Grund für 300.000 Euro einen Graben um die Gebäude ziehen lassen“, erklärt Bert Kantelberg.

Trotzdem sei bei der Flut im Juli 2021 Wasser in das Hochregallager gelaufen. „Der Gesamtschaden belief sich auf 1,8 Millionen Euro in Kall und weitere 500.000 Euro in Olef“, berichtet Tom Kantelberg. In Olef sei man aber insgesamt noch glimpflich davongekommen: „Nach zwei Tagen ohne Strom konnte wieder produziert werden.“ Um für künftige Ereignisse besser gerüstet zu sein, wird in Kall jetzt noch ein bis zu 1,50 Meter hoher Wall angelegt, Kostenpunkt laut Bert Kantelberg: weitere 300.000 Euro.

Unternehmen beschäftigt die Frage nach Einweg oder Mehrweg

„Die Politik setzt auf Mehrweg, aber es gibt zahlreiche Studien, die zu dem Schluss kommen, dass Einmalgeschirr umweltfreundlicher sein kann als Mehrweg“, führt der Seniorchef aus. Für das Spülen beispielsweise von Bechern werde sehr viel Energie benötigt. Und sein Sohn fügt hinzu: „Erst bei einer gewissen Zahl von Durchläufen ist Mehrweg wirklich nachhaltiger.“

Bei vielen Anbietern von Mehrwegsystemen liege die Rücklaufquote aber nur bei rund 80 Prozent. In den Fällen sei Einweg ökologischer. „Einweggeschirr ist neu, hat keine Bakterien oder Keime, geht nicht kaputt und man kann sich nicht daran verletzten“, so der Seniorchef. Gerade in Corona-Zeiten habe man erkennen können, welche Vorteile solche Produkte hätten.

Bis Ende 2023 alle Einwegartikel aus nachwachsenden Rohstoffen

„Bereits seit 2008 bietet das Unternehmen im Rahmen der Sortimentslinie ,Pure’ Einmalartikel aus nachwachsenden Rohstoffen an“, erklärt Pressechef Bernd Born. Bis Ende 2023 will Papstar alle Einwegartikel aus nachwachsenden Rohstoffen produzieren.   Verarbeitet werden Holz, Zuckerrohr und Palmblätter, aber auch Agrarreste. Kartonfasern könnten bis zu 25-mal verwendet werden. Mehrwegsysteme werden auch angeboten. „Die machen aber keine zwei Prozent des Sortiments aus“, so der Seniorchef. Alle Papstar-Produkte können in der gelben Tonne entsorgt werden.

Bei großen Freizeitevents setzt das Unternehmen auf Kreislaufwirtschaft. Voraussetzung ist, dass Trinkbecher und andere Dinge sortenrein eingesammelt werden. „In unserer Betriebskantine wird das bereits umgesetzt“, sagt Born. Das Einweggeschirr werde nach der Nutzung mit einem Bio-Converter zu einem faserhaltigen Stoff umgewandelt, der   in Nierfeld zu neuer Pappe weiterverarbeitet werde. Die Trinkbecher bestehen aus Maisstärke und sind von einem Plastikbecher nicht zu unterscheiden. „Dieser Becher baut sich aber in der Umwelt in wenigen Wochen biologisch ab“, betont Bert Kantelberg.

„Immer mehr Krankenhäuser kommen auf uns zu und wollen auf Einweggeschirr umstellen. Dafür haben wir ein Einmaltablet aus Zuckerrohr entwickelt“, so der Seniorchef – ein Vorteil für die Krankenhäuser: Sie können   auf eine Spülküche verzichten.

Neue Mitarbeiter sind nicht leicht zu finden

Neue Mitarbeiter zu finden, ist eine große Herausforderung“, betont der Juniorchef. Deshalb müsse man noch mehr auf Maschineneinsatz und Automatisierung setzen.

Bei der Logistik setze man verstärkt auf Fremdspeditionen statt auf einen eigenen Fuhrpark. Die 15 noch vorhandenen Papstar-Lkw sollen aber erhalten bleiben.


Papstar wurde 1873 in Olef gegründet

Die Papstar-Gruppe hat ihren Ursprung in der 1873 von Oswald Matheis in Olef gegründeten Pappenfabrik. Die Gruppe hat nach Angaben von Bert Kantelberg aktuell einen Jahresumsatz von rund 250 Millionen Euro und gehört der Familie Langes-Swarowski. Das Unternehmen hat rund 1400 Mitarbeiter. Zur Zentrale in Kall gehören 530 Mitarbeiter, weitere 65 arbeiten in Olef.

Herzstück des Firmengeländes in Kall ist das Hochregallager mit gut 70.000 Paletten- und 100.000 Karton-Stellplätzen. Papstar vertreibt mehr als 5000 Verbrauchsartikel aus den Bereichen Einmalgeschirr und Serviceverpackungen, Tisch- und Raumdekoration sowie Einmalprodukte für Haushalt, Küche Hygiene und Altenpflege. (wki)

Rundschau abonnieren