Kreis EuskirchenEltern werden in Zeiten der Pandemie

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Ließen sich nach der Geburt ihrer Zwillinge schnellstmöglich nach Hause entlassen: Yvonne und Daniel Stemmler aus Obergartzem.

Ließen sich nach der Geburt ihrer Zwillinge schnellstmöglich nach Hause entlassen: Yvonne und Daniel Stemmler aus Obergartzem.

Kreis Euskirchen – In einer Schwangerschaft mischen sich bei werdenden Eltern meist Vorfreude mit Sorge. Ist das Baby gesund? Wie wird die Geburt verlaufen? Doch in Zeiten der weltweiten Pandemie, „in der niemand weiß, was morgen gilt, gehen Eltern mit ganz anderen Ängsten in die Geburt hinein“, weiß Simone Bungenberg-Decker, Hebamme aus Flamersheim.

Auf den beiden Geburtsstationen im Kreis Euskirchen dürfen die Väter zwar noch in den Kreißsaal, aber ehe der Nachwuchs das Licht der Welt erblickt, diktiert Corona den Ablauf. Tobias Keller, der mit seiner Frau Daniela bereits eine Tochter hat, merkte den Unterschied zu der ersten Schwangerschaft deutlich: „In Situationen, in denen man der Partnerin gerne beistehen möchte, etwa bei der Pränataldiagnostik, musste ich draußen warten.“

Mit FFP2-Maske

Im Marien-Hospital Euskirchen kann der Vater oder eine Begleitperson die gesamte Geburt bei der werdenden Mutter bleiben. „Wir testen die Patientin vorab auf Covid-19, und wenn das Ergebnis negativ ist, können wir davon ausgehen, dass dies beim Lebenspartner auch der Fall ist“, berichtet die Chefärztin der Geburtshilfe, Miriam Rossa.

Im Kreißsaal müssen die Väter durchgehend eine FFP2-Maske tragen. Im Anschluss können Eltern auf Wunsch gemeinsam auf ein Familienzimmer wechseln. „Voraussetzung hierfür ist, dass immer die Person mit im Zimmer bleibt, die auch bei der Geburt dabei war, und dass kein Rein und Raus stattfindet“, so Chefärztin Rossa.

Für Väter, die nicht bei Mutter und Kind bleiben, wird eine Ausnahme vom derzeitigen allgemeinen Besuchsverbot am Marien-Hospital gemacht: „Zwischen 15 und 17 Uhr dürfen sie täglich eine halbe Stunde vorbeikommen“, so Miriam Rossa, die bestätigt, dass sich derzeit viele Mütter mit ihren Neugeborenen früher als üblich selbst entlassen. „Hauptgrund hierfür sind Geschwisterkinder, für die das Besuchsverbot gilt.“

Das Kreiskrankenhaus Mechernich versucht trotz der Einschränkungen zum Schutz vor Corona, dass Paare „das einzigartige Erlebnis der Geburt weiterhin möglichst gemeinsam als Familie erleben können“.

Während der Geburt darf der Partner oder eine Begleitperson dabei sein, auch bei einem Kaiserschnitt. Nach der Entbindung dürfen Eltern und Kind dann noch zwei Stunden gemeinsam im Kreißsaal verbringen, um einander kennenzulernen.

Sobald Mutter und Kind auf die normale Station verlegt werden, gilt jedoch das absolute Besuchsverbot – auch für die frischgebackenen Väter. Die Option, sich mit Frau und Kind eines der Familienzimmer zu teilen, wird derzeit im Krankenhaus Mechernich nicht angeboten . (hn)

Besonders spannend wurde es bei dem Paar rund um den errechneten Geburtstermin: „Ich bekam leichten Husten“, so der 42-Jährige. Beim Hausarzt ließ er einen Corona-Test machen: „Die Geburt unserer Tochter musste so lange warten, bis der erlösende Anruf mit dem negativen Ergebnis kam“, erzählt er lachend. Doch Alina hatte es tatsächlich nicht eilig, so dass der erste Test nicht mehr gültig war und Tobias Keller einen zweiten durchführen musste, um sicher zu sein, ins Krankenhaus gelassen zu werden.

„Es ist schon seltsam, wenn man den ersten Blickkontakt mit seinem Kind mit einer FFP2-Maske im Gesicht hat“, so Keller, der indes Verständnis für die Vorsichtsmaßnahmen hat. Einen Tag nach der Entbindung holte er Frau und Kind aus dem Krankenhaus ab: „Das war uns von vorneherein klar, dass wir das versuchen unter diesen Umständen.“

Rückbildungsgymnastik im Garten

Machbar wird dies, wenn man wie Familie Keller eine Beleghebamme hat, die die gesamte Schwangerschaft, die Geburt und die Zeit im Anschluss betreut. „Allerdings werden in Corona-Zeiten unsere Dienste noch mehr angefragt als sonst“, sagt Simone Bungenberg-Becker, Beleghebamme am Marien-Hospital Euskirchen. Normalerweise habe sie drei bis vier Betreuungen pro Monat, im kommenden Jahr habe sie für April/Mai bereits neun Geburten angenommen. „Meine Terminplanung ist bis Juli nächsten Jahres vorangeschritten.“

Hebammen bieten zudem auch Geburtsvorbereitungskurse, Rückbildungsgymnastik und Babymassage an – normalerweise. „Für die Mütter sind diese Zusammenkünfte wichtig, weil man mit anderen in Kontakt kommen kann“, so Bungenberg-Becker. In Ermangelung großer Räume, die man in den letzten Monaten gebraucht hätte, um die Kurse durchführen zu können, hat sie Rückbildungsgymnastik kurzerhand unter freiem Himmel in ihrem großen Garten angeboten: „Bis in die erste Oktoberwoche hinein!“

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Doppeltes Glück ist kürzlich bei Yvonne und Daniel Stemmler aus Mechernich-Obergartzem eingezogen: Die Zwillinge Björn und Rayk sind die ersten und vermutlich auch letzten Kinder des jungen Paares. „Für meinen Mann ist das sehr schade, dass er bei dieser einen Schwangerschaft so viel verpasst hat.“ Etwa die Vorsorge-Untersuchungen mit Ultraschall – für werdende Eltern ein Höhepunkt der Vorfreude. Diese musste Yvonne Stemmler alleine absolvieren. „Immerhin gab’s dann Fotos und auch mal ein Handyfilmchen für mich aus der Untersuchung“, sagt Daniel Stemmler: „Als werdender Vater ist man während der Corona-Zeit ein bisschen außen vor.“ Bei der Kaiserschnittgeburt seiner Kinder durfte er aber dabei sein.

Auch Familie Stemmler ließ sich früher entlassen, als es normalerweise üblich ist. „Das geht nur, weil wir von unserer Hebamme Christina Zimmermann-Holz so super betreut werden“, so die junge Mutter. Die Mechernicher Beleghebamme kennt die besonderen Sorgen und Nöte werdender Eltern während der Corona-Zeit nur zu gut: „Wer schwanger ist, will Austausch mit anderen werdenden Eltern. Geburtsvorbereitung online kann das leider nicht bieten.“

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