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Kunden aus aller WeltHans Küppers Werkstatt ist eine Intensivstation für Oldtimer

Lesezeit 7 Minuten
Hans Küppers steht an einer Werkbank, auf der zahlreiche Werkzeuge liegen.

Geordnetes Chaos muss sein – und Meister Hans Küppers behält immer den Überblick an der Werkbank.

Mit 74 Jahren denkt Hans Küppers nicht ans Aufhören. Warum auch? In seiner Werkstatt in Linnich bringt er Oldtimer-Komponenten auf Vordermann.

Er ist ein echtes Multitalent: Hans Küppers kann schmackhaftes Bier brauen. Und gerade errichtet er im Garten neben der Werkstatt im Linnicher Gewerbegebiet einen mannshohen Backofen. Die verwendeten Ziegelsteine sind recycelt, die hitzebeständigen Schamottsteine im Inneren hat er gerade passend zugeschnitten. Bald wird er den Ofen mit Buchenholz anheizen, um sein eigenes Schwarzbrot zu backen – bis zu zwölf Laibe auf einen Schlag können es werden.

Da kommen also schon einige Gewerke zusammen, die der 74-Jährige ziemlich professionell beherrscht. Doch sein eigentlicher Beruf und damit der echte Broterwerb gilt einem ganz anderen handwerklichen Metier: Hans Küppers hat gleich zwei Meisterbriefe vorzuweisen, als Kraftfahrzeug-Mechaniker- und als Kfz-Elektriker-Meister.

Bereits im Vorjahr ist er von Rolf Ferebauer, dem Obermeister der Kraftfahrzeug-Gewerbe-Innung Düren-Jülich, mit dem Goldenen Meisterbrief ausgezeichnet worden. Seine berufliche Erfolgsstory hatte Küppers 1965 mit einer Ausbildung zum Autoelektriker bei einem Bosch-Dienst gestartet.

Aus aller Welt werden Teile zu den Experten nach Linnich geschickt

Seitdem hat sich vieles getan. „Wir sind Spezialisten für Anlasser, Lichtmaschinen und Zündverteiler von A bis Z – und deren Instandsetzung“, wirbt seine Firma Carservice Küppers selbstbewusst für ihre Dienstleistungen, die in einem speziellen Segment besondere Aufmerksamkeit finden. Trotz des aktuellen Trends hin zur Elektromobilität setzen Oldtimerfans aus der ganzen Welt auf die gerade für sie längst nicht abgeschriebenen Verbrennermotoren – und damit auf das fachliche Know-how aus der Kleinstadt an der Rur.

Egal, ob Japan, Südkorea, Malaysia, Dubai und andere Länder in Asien, dazu Australien, die USA, ganz Europa – bis zum Ukraine-Krieg auch vermehrt Russland – und viele andere Länder rund um den Globus. „Außer dem Süd- und dem Nordpol ist eigentlich alles dabei“, sagt Hans Küppers und lacht. Die Kunden aus aller Welt kennen Linnich, und sie kennen den „Doppel-Meister“. Viele von ihnen kennen den Mann sogar persönlich, ohne jedoch selbst den Weg in den nördlichen Kreis Düren anzutreten.

In einem Pappkarton liegen schmutzige und ölverschmierte Teile eines Automotors.

Schmutzig und ölverschmiert kommen die zu überholenden Teile an.

Eine alte Maschine steht in einer Autowerkstatt.

Auf Herz und Nieren prüfen: Aggregate, die teils längst nicht mehr gebaut werden, werden beim Überholen der altehrwürdigen Technik gebraucht.

Ein Teil eines Automotors ist in einer Werkstatt überholt worden und glänzt nun.

Nach dem Überholen glänzen die Teile fast wie neu.

Denn Küppers und sein Unternehmen sind auf vielen Fachmessen vertreten. Er präsentiert seine Produkte und Dienstleistungen, wirbt um neue Akquisitionen. So wie kürzlich auf der Vorzeige-Oldtimermesse im Dreiländereck Deutschland-Belgien-Niederlande schlechthin: In Maastricht brauchte er nicht lange auf die oft recht begüterte Kundschaft zu warten. Sie weiß, dass sie den 74-Jährigen dort antrifft. Er hat bei der viertägigen „Interclassics – Classic Car Show“ seinen Stammplatz. Und vielfach ist Hans Küppers für sie die letzte Rettung, damit sie die Pferdestärken ihrer chromblitzenden, hochglänzenden und meist hochpreisigen Oldtimer tatsächlich auf die Straße bringen können.

Denn diese altehrwürdigen Schätzchen laufen nur rund, wenn der Vergaser es schafft, den Treibstoff aus dem Tank durch ein möglichst optimales Luft-Sprit-Gemisch zündfähig für den Motor umzuwandeln, damit dieses Kraftpaket die optimale Leistung bringen kann. Da gibt so manches Teil nach oft jahrzehntelangen, treuen Diensten schon mal den Geist auf. Und dann ist, um sprachlich beim Ausstellungsort ungefähr im Bild zu bleiben, „Holland in Not“.

Die Oldtimer von Hans Küppers Kunden sind teils Millionen wert

Die schillernden Fahrzeuge werden in Maastricht in nicht geringer Anzahl auch zum Verkauf angeboten. Für sie werden teils Millionensummen als Preise aufgerufen. Dass dort die Geschäfte gut laufen, darauf machen vielfach Schilder wie „sold“ (verkauft) aufmerksam, die unter den Scheibenwischer geklemmt werden.

Doch wenn's darum geht, den nicht mehr funktionierenden Vergaser wieder fit zu machen, zeigten sich die Besitzer der Auto-Klassiker gelegentlich ein wenig „knickerig“, wundert sich Küppers über deren Verhandlungsgabe, gerne mal den vergleichsweise bescheidenen Preis für das Ersatzteil zu drücken. Neue Teile gibt's längst nicht mehr zu kaufen, die einschlägigen Hersteller haben ihre Produktion mangels Nachfrage eingestellt. Das ist auch die Folge der Umrüstung von der Vergaser- auf modernere Einspritzer-Technik.

Vergaser sind spätestens seit dem Aufkommen dieser Einspritzmotoren in Neufahrzeugen schlichtweg überflüssig geworden. Wenn diese Teile allerdings in den historischen Modellen streiken, werden sie in der Regel ausgebaut und nach Linnich geschickt. Tagtäglich kommen dort Pakete aus fast aller Herren Länder an, vollgepackt mit verdreckten, ölverschmierten Vergasern.

Wenn ein Teil nicht reparabel ist, wird es eben neu gebaut

Dann beginnt für Hans Küppers und seine insgesamt zehn Mitarbeiter das Fein-Tuning an den Aggregaten. Im aufpolierten, fast neuwertig erscheinenden Zustand können sie dann wieder ihre unverzichtbaren Dienste in den Motoren leisten.

Doch gelegentlich sind – um im Bier-Jargon zu bleiben – sozusagen Hopfen und Malz verloren: Die Dinger sind einfach nicht mehr hinzubiegen, trotz aller Küppersschen Improvisationskunst. Ist ein Vergaser nicht mehr reparabel und damit seiner Funktion beraubt, als „Lunge“ des Motors zu wirken, werfen Hans Küppers und sein Team ihre metallverarbeitenden Maschinen, etwa die Fräsen, an. Und dann produzieren sie kurzerhand das benötigte Motorenteil neu.

In zehn Jahren gehe ich in die Altersteilzeit. Wenn ich fit bleibe, mach' ich noch bis 100 weiter.
Hans Küppers, 74 Jahre alt

Dabei helfen auch ausrangierte Anlagen wie die des einstmals führenden Neusser Unternehmens Pierburg. Es war mal der zweitgrößte Vergaserhersteller in Europa und größte in Deutschland. 1986 wurde er von der Düsseldorfer Waffenschmiede Rheinmetall übernommen. Ebenso hat der Hersteller Bosch einige seiner nicht mehr benötigten Aggregate den Linnichern überlassen. Zum Reparatur- und Nachbauspektrum gehören in der Werkstatt auch Kraftstoffpumpen. Denn egal, was er auf die Werkbank bekommt, Hans Küppers ist eigentlich immer optimistisch. „Das kriegen wir wieder hin“, ist so etwas wie sein Standardspruch.

Bei Küppers' Messeauftritt in Maastricht ist ein besonders gewiefter freier Mitarbeiter mit von der Partie. Im Scheinwerferglanz rund um die wertvollen Karossen ist Achim Villmow in seinem Element. Er lebt im Kölner Stadtteil Porz. Gerade parliert Villmow auf Englisch mit einem potenziellen Kunden. Schon bei Pierburg war er beruflich für die Überholung der Klassik-Motorteile rund um die Kraftstoffversorgung zuständig. Dem 67-jährigen Kfz-Elektriker- und -Mechaniker-Meister macht beim Fachwissen so schnell niemand was vor. „Der Markt läuft gut“, weiß Villmow.

Ein Porsche-Motor steht in der Werkstatt zum Vergaser-Test bereit

Überaus hilfreich beim Fitmachen erschlaffter Motortechnik sind auch diverse Messanlagen und Prüfwerkzeuge. Mit ihnen wird zum Beispiel exakt der Luftdurchsatz beim Vergaser ermittelt, um ihn zu optimieren. Und damit die Motorteile tatsächlich perfekt eingestellt werden können, stehen in der Werkstatt auch diverse Originalmotoren. Zum Beispiel der Antrieb für den legendären Porsche 911: Übersteht der quasi neue Vergaser diesen Härtetest, kann er bedenkenlos wieder in den Oldtimer eingebaut werden. Der „Elfer“, wie die Profis das bekannteste Modell aus Stuttgart-Zuffenhausen nennen, gilt als Inbegriff dieser Sportwagen-Marke.

Küppers hat mehr als 40 verschiedene Motoren unterschiedlichster Fahrzeugtypen zur Verfügung. Auch Exoten sind darunter, etwa das Kraftpaket aus einem Rennwagen von BMW Alpine oder aus einem Audi Quattro, den der legendäre Rallyefahrer Walter Röhrl gesteuert hat.

Hans Küppers gibt sein Wissen gerne an den Nachwuchs weiter

Hans Küppers gibt sein Spezialwissen gerne auch an den Nachwuchs weiter. Dafür steht in seinem Firmengebäude eigens ein Schulungsraum bereit. Zuletzt ließen sich zwölf Berufsschullehrer aus Stuttgart auf Einladung der dortigen Innung in die historische Technik einweisen. Derzeit werde, so Küppers, an einem neuen Berufsbild gearbeitet, in dem Kfz-Oldtimer-Mechaniker ausgebildet werden sollen. Der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZdH) habe diese Schulungen bereits eigens zertifiziert.

Und so wird Hans Küppers auch bei der nächsten Interclassics in Maastricht wieder dabei sein, so wie seit rund 20 Jahren schon. Demnächst stehen auch die Oldtimershows in Essen, Stuttgart, Salzburg und Mannheim wieder im Jahreskalender des Linnichers. Bald kann er seinen 75. Geburtstag feiern. Aber ans Aufhören denkt er noch lange nicht. „In zehn Jahren gehe ich in die Altersteilzeit“, sagt er und lacht verschmitzt: „Wenn ich fit bleibe, mach' ich noch bis 100 weiter.“

Die Frage der Nachfolge sei offen, bekennt Küppers. Ein Sohn sei zwar auch im gleichen Metier tätig, als Servicetechniker für Rolls Royce in Düsseldorf und weltweit auf Achse. Er werde aber wohl kaum in den Betrieb des Vaters zurückkehren. Dabei werde die Bedeutung des „Kulturguts Oldtimer“ sicher weiter wachsen, ist Küppers überzeugt: „Zum Beispiel die Japaner sind ganz verrückt danach.“

Fährt Hans Küppers privat auch einen automobiles Altertümchen? Nein, antwortet er schnell, ein Daimler modernen Zuschnitts steht in seiner Garage. „Ich hab' andere Hobbys – zum Beispiel Angeln.“ Und eben Brot backen. Oder Bier brauen. Ein wahrlich flexibler Meister.