AusstellungOrte, an denen Frauen im Kreis Euskirchen Geschichte geschrieben haben

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Eine Frau mit Hut zeigt ein Roll-up, das Teil der Ausstellung "Frauenorte" im Euskirchener Kreishaus ist.

Auf 14 Roll-ups gibt es im Kreishaus bis Ende des Monats zahlreiche Frauenorte im Kreis Euskirchen zu entdecken.

Wie Frauen aus dem Kreis das Leben anderer verbessert haben, kann man sich aktuell in der Ausstellung „Frauenorte“ im Kreishaus ansehen.

Gabriele Rünger ist sich sicher: Ohne Margret Lynnerie wäre Bad Münstereifel heute nicht die Stadt, die sie ist. Rünger muss es wissen. Schließlich ist sie nicht nur die Vorsitzende des Kreis-Geschichtsvereins, sondern auch ausgewiesene Frauenexpertin – und Margret-Lynnerie-Preisträgerin. Mithilfe der Expertise Rüngers hat der Kreis-Geschichtsverein mit der Kreisverwaltung die Ausstellung „Frauenorte“ konzipiert, die bis Ende März im Kreishaus zu sehen ist.

In der Ausstellung, die am Weltfrauentag eröffnet worden ist, dreht sich alles um die sogenannten Frauenorte im Kreis Euskirchen. Orte, an denen Frauen auf irgendeine Art Geschichte geschrieben haben oder sich nachhaltig für das weibliche Geschlecht eingesetzt haben.

Alles dreht sich um Frauen, die Geschichte geschrieben haben

Einer dieser Orte ist Bad Münstereifel. Dort gründete Lynnerie Ende des 16. Jahrhunderts die Mädchenschule „Zum Salvator“ in ihrem Geburtshaus an der heutigen Kapuzinergasse. Das Ziel der Schule: Mädchen fit zu machen für das Leben einer bürgerlichen Frau in einer katholischen Stadt. Die Mädchen lernten Lesen und Schreiben und beherrschten textile Handarbeiten.

Ein anderer Frauenort befindet sich noch heute in Mechernich – genauer gesagt an der Weierstraße. Dort eröffnete am 8. Oktober 1885 ein Gebäude seine Tore, das für die Versorgung derjenigen gebaut worden war, die durch den Bleierzabbau in soziale Not geraten waren. Das große, zweigeschossige, im neoromanischen Stil errichtete Haus mit Nebengebäuden und ausgedehnten Gartenanlagen diente sowohl als Waisenhaus als auch als Altenheim für „altersschwache kränkliche Berg-Invaliden und sonstige Personen“. Die Stiftung Carl Kreuser jr. ist heute ein Seniorenheim, das sich in einem Neubau an der Bahnstraße 67 befindet.

Die Idee zur Einrichtung der „Wohltätigkeitsanstalt“ hatten der Bergwerksunternehmer Carl Kreuser jr. und seine Ehefrau Helene. „Fälschlich schreibt man oft das Kreuser-Stift dem Ehemann zu. Es war jedoch Helene, deren Lebenswerk das Kreuser-Stift wurde“, berichtet Geschichtsexpertin Rünger. Bei der Gründung des Hauses am 8. Oktober 1885 war Carl Kreuser jr. laut Rünger bereits seit einem Jahr tot. Seine 36-jährige Witwe ließ die Arbeiten am Haus fortführen und brachte sie zum Abschluss. Sie widmete die Fürsorgeeinrichtung namentlich ihrem verstorbenen Mann.

Es sind nicht die lauten und die spektakulären Handlungen, mit denen die Frauen wirkten.
Astrid Günther, Gleichstellungsbeauftragte beim Kreis Euskirchen

„Es sind nicht die lauten und die spektakulären Handlungen, mit denen die Frauen wirkten“, sagte Astrid Günther, Gleichstellungsbeauftragte beim Kreis Euskirchen während der Ausstellungseröffnung: „Es sind die leisen, aber effektiven Handlungen, mit denen sie das Leben anderer Menschen nachhaltig besser gemacht haben.“

Mehr als 50 Gäste waren zur Eröffnung ins Kreishaus gekommen. Einer der wenigen Männer: Hans-Gerd Dick, Co-Vorsitzender des Kreis-Geschichtsvereins. Er führte mit Rünger in die Ausstellung ein, die von Christine Bär, stellvertretende Landrätin, eröffnet wurde. Zahlreiche Frauenorte können die Besucher in den kommenden drei Wochen auf Roll-ups im Foyer der Kreisverwaltung entdecken.

Etwas mehr als 50 Gäste kamen ins Kreishaus – darunter wenige Männer

Einen davon gibt es in Zülpich-Lövenich. „Dort wurde feministische Geschichte geschrieben“, sagte Dick. In einem ehemaligen Bauernhof an der Prälat-Franken-Straße 22, unweit des Rotbachs, wurde am 1. Juli 1979 das erste Bildungs-und Kommunikationszentrum in Deutschland eröffnet, das ausschließlich von Frauen geleitet und nur für Frauen da ist.

„In mehreren Bauphasen baute man den Fachwerkhof nach ökologischen Standards zu einem Tagungshaus um“, so der Experte: „Es wurde ein Ort geschaffen, der über 30 Gästen Unterkunft bietet. Die Zimmer sind alle nach Feministinnen benannt.“ Scheune und Vorderhaus dienen als Seminargebäude, ein großer Innenhof, Garten, Sauna und Meditationsraum sowie Werkstatt und Atelier geben Raum für Kommunikation und Kreativität.

Das Haus verstehe sich seit jeher auch als Ferienheim für weibliche Reisegruppen oder Einzelreisende. Es stehe ebenso offen für selbstor-ganisierte Tagungen und Feiern von Frauenvereinen, Lesbengruppen, Netzwerken und ähnlichen Initiati-ven.

Im März 2019 übernahm ein „queer-feministisches Kollektiv“ unter dem Namen „Lila bunt – Feministische Bildung, Praxis und Utopie“ das Frauenbildungshaus in Lövenich.

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