Diskussion um RegenbogenfahneWeilerswists Bürgermeisterin wird es (nicht) zu bunt

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Vor dem Kreishaus in Euskirchen weht eine Regenbogenfahne im Wind.

Die Regenbogenfahne am Kreishaus wird am 17. Mai, dem Tag gegen Homophobie, wehen.

Am 17. Mai werden im Kreis Euskirchen viele Regenbogenfahnen zu sehen sein. In Weilerswist könnte die Fahne aber in der Schublade der Verwaltung bleiben.

Weht sie oder weht sie nicht? Die Regenbogenfahne vor dem Weilerswister Rathaus. Eigentlich hatte Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst die Diskussion beendet, bevor sie überhaupt begonnen werden konnte.

Die Verwaltungschefin wollte die bunte Fahne am 17. Mai, dem internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie, nicht hissen lassen. In der jüngsten Ratssitzung hatte Horst ihre Entscheidung, auf den symbolischen Akt zu verzichten, mit „rechtlichen Gründen“ untermauert.

Grüne fordern Regenbogenfahne in Weilerswist

In den Raum geworfen hatte das Thema Valérie Nitsche, Ratsmitglied der Grünen in Weilerswist. Sie hatte angefragt, ob die Gemeinde vorhabe, wie 2021 am 17. Mai eine Regenbogenfahne vor dem Rathaus zu hissen. Diese Anfrage verneinte die Bürgermeisterin – mit dem Hinweis, dass sie das noch nie getan habe.

Das wiederum brachte Nietsches Parteifreundin Myriam Kemp auf die Palme. „Die Bürgermeisterin scheint diesbezüglich ein paar Erinnerungslücken zu haben“, so Kemp, die sich in der Ratssitzung ein Wortgefecht mit der Verwaltungschefin lieferte.

Bürgermeisterin Anne Horst hatte rechtliche Bedenken

Mit der Antwort der Bürgermeisterin gab sich die Grünen-Fraktion offenbar nicht zufrieden. Sie hat für den Bildungs- und Inklusionsausschuss am Donnerstag, 11. Mai, einen Antrag gestellt, dass am 17. Mai als symbolischer Akt die Regenbogenfahne vor dem Weilerswister Rathaus wehen soll – rechtliche Bedenken hin oder her.

Und es deutete sich an, dass Bürgermeisterin Horst eine Rolle rückwärts machen würde. „Sollten sich die Mitglieder des Ausschusses mehrheitlich dafür aussprechen, erscheint mir diese Beflaggung im Sinne der Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über das öffentliche Flaggen als wünschenswert“, sagt Anne Horst auf Anfrage.

Gesetz regelt, ob eine Fahne gehisst werden darf oder nicht

Ihren Sinneswandel begründet die Weilerswister Verwaltungschefin damit, dass „die Recherche zu den Rechtsgrundlagen ergeben hat, dass die Regenbogenflagge vor Gebäuden des Bundes geflaggt wird. Für NRW gibt es keine Regelung“.

Tatsächlich ist per Gesetz geregelt, wann wie geflaggt werden darf. „Der Tag gegen Homophobie zählt nicht zu den offiziellen Beflaggungstagen, aber gemäß Absatz 2 des Gesetzes über das öffentliche Flaggen, können wir selbstständig an Tagen, an denen wir es für erforderlich halten, flaggen“, sagt Wolfgang Andres, Pressesprecher des Kreises.

Fest gegen Homophobie in der Euskirchener Innenstadt

Daher werde am 17. Mai wieder die Regenbogenfahne wehen. „An diesem Tag protestieren Menschen weltweit gegen Diskriminierung und Bestrafung von Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität. Da ist es für mich selbstverständlich, dass wir an diesem Tag sprichwörtlich Flagge zeigen und die Regenbogenflagge hissen“, sagt Landrat Markus Ramers: „Wir werden es nicht akzeptieren, dass Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert und stigmatisiert werden. Der Kreis Euskirchen steht für eine moderne und weltoffene Gesellschaft.“

Auch vor anderen Rathäusern wird am 17. Mai ein buntes Zeichen gesetzt. In der Euskirchener Innenstadt wird auf dem Alten Markt ab 12 Uhr ein buntes Fest stattfinden. Entsprechend wird laut Bürgermeister Sacha Reichel am Rathaus die Regenbogenfahne wehen.

Regenbogenfahne ein Zeichen des Stolzes

„Wir haben in Euskirchen einige sehr aktive Ehrenamtler, die mehrere Aktionen für dieses besondere Datum vorbereitet haben. Das Hissen der Fahne ist eine Möglichkeit und ein schönes Zeichen für die Bedeutung des gesellschaftlichen Miteinanders“, so der Verwaltungschef.

Und wie denken Menschen, die beispielsweise homosexuell sind, über die Diskussion, ob die Regenbogenfahne gehisst wird oder nicht? „Sie ist Symbol der Vielfalt und des Stolzes“, sagt Christian Ramolla: „Die Farben der Regenbogenfahne haben eine ganz besondere Symbolkraft, nicht nur für Anhänger der LGBTQ-Community.“

Ramolla: Rainbow-Washing sei schade, aber nicht zu verhindern

Das seit Jahren zu beobachtende „Rainbow-Washing“, also das sich Schmücken mit der Regenbogenfahne, ohne wirkliche Akzeptanz zu leben, sei schade, aber nicht zu verhindern, so Ramolla: „Unterm Strich führt aber auch diese Praxis zu einer verstärkten öffentlichen Wahrnehmung.“

Natürlich sei die Fahne nur ein Symbol, aber ein wichtiges. „Wir brauchen den Tag gegen Homophobie“, sagt Christian Ramollas Mann Florian: „In 69 Staaten wird Homosexualität noch strafrechtlich verfolgt, in elf Ländern droht sogar die Todesstrafe für Lesben und Schwule. Selbst in so beliebten Reiseländern wie Tunesien und Marokko drohen Haftstrafen von bis zu acht Jahren.“

Abgeknickte Regenbogenfahnen und abgerissene Plakate gehören laut den Ramollas auch im Kreis Euskirchen trotz aller Offenheit immer mal wieder zum Alltag. „Wir sind also noch ein gutes Stück davon entfernt, dass eine echte Verbundenheit und der Wille zur Inklusion gelebt werden“, meint Christian Ramolla.


Viele Städte setzen ein symbolisches Zeichen gegen Homophobie

Auch die Stadt Bad Münstereifel beabsichtigt, am 17. Mai ein solidarisches Zeichen gegen Homophobie zu setzen. Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian und die Verwaltung begrüßten dies ausdrücklich, so Johannes Mager von der Pressestelle.

„Für uns ist die Gleichbehandlung aller Bürger völlig selbstverständlich“, sagt Preiser-Marian: „Gerade die Zeit nach der Flut hat uns allen durch den Zusammenhalt der Bürger und der unzähligen Helfer noch einmal eindrucksvoll gezeigt, dass kulturelle, soziale, religiöse, sexuelle oder körperliche Eigenschaften der Menschen im Miteinander keine Rolle spielen.“

Die Stadt Zülpich ist laut Pressesprecher Torsten Beulen „schon seit einigen Jahren im Besitz einer Regenbogenfahne“. Erstmals wehte sie am 23. Juni 2021 vor dem Zülpicher Rathaus. Anlass war seinerzeit das Europameisterschaftsspiel der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Ungarn.

Im Vorfeld der Partie in München hatte die UEFA untersagt, dass die Arena in Regenbogenfarben leuchten darf. Die Aktion war gedacht als Zeichen der Solidaritätsbekundung für Homosexuelle und als Kritik an einem umstrittenen Gesetz in Ungarn, das die Informationsrechte von Jugendlichen im Hinblick auf Homo- und Transsexualität einschränkt.

Zülpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen erklärt: „In Zülpich ist kein Platz für Ausgrenzung und Diskriminierung. Das wollen wir mit dem Hissen der Regenbogenfahne auch nach außen hin zeigen – auch am 17. Mai.“

Wie Erwin Nelles, Allgemeiner Vertreter von Bürgermeisterin Jennifer Meuren und Kämmerer der Gemeinde Blankenheim, auf Anfrage berichtet, wird auch in Blankenheim am 17. Mai die Regenbogenfahne vor dem Rathaus wehen.

In Schleiden wird das diesmal nicht der Fall sein. Aber dafür gibt es Bürgermeister Ingo Pfennings zufolge einen Grund. „Am 17. Mai werden wir unsere französischen Freunde aus Pont-l'Abbé mit zur Städtepartnerschaft passenden Flaggen begrüßen“, sagt der Schleidener Verwaltungschef. (tom)

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