GleichstellungNoch gibt es zu wenig Frauen in Führung in der Euskirchener Kreisverwaltung

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Astrid Günther vor der Euskirchener Kreisverwaltung.

Es gibt noch viel zu tun, sagt die Kreis-Gleichstellungsbeauftragte Astrid Günther.

In der Euskirchener Kreisverwaltung gebe es immer noch Unterschiede bei den Verwirklichungschancen.

Mit einem eindeutigen „Ja!“ beantwortet Astrid Günther die Frage, ob in einer modernen Behörde wie der Kreisverwaltung immer noch über Gleichstellung von Mann und Frau gesprochen werden müsse. „Auch wenn mittlerweile von 922 Mitarbeitenden 58 Prozent weiblich sind, sind Frauen in Leitungs- und Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert“, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte.

Jüngst stellte sie den neuesten Gleichstellungsplan der Kreisverwaltung vor, der eine notwendige Reflexion ermögliche und darüber hinaus „ein wichtiges Instrument der Personalentwicklung hin zu echter Chancengleichheit“ sei, wie es im Vorwort von Astrid Günther und Landrat Markus Ramers heißt.

Gleichstellungsplan hilft gegen den Fachkräftemangel beim Kreis Euskirchen

Ein Gleichstellungsplan sei kein Luxus, sondern „ein wertvolles und hilfreiches Element, dem Fachkräftemangel im Bereich der Verwaltung entgegenzuwirken“, der sich auch dort bemerkbar machte

Am Ende geht es – in Verwaltung wie in der freien Wirtschaft – immer um die Unterschiede in den Verwirklichungschancen. Und die bestehen nach wie vor in gravierender Weise. Allein die Tatsache, dass es noch immer überwiegend Frauen sind, die sich um menschliche Grundbedürfnisse kümmern, zeigt ein gravierendes Ungleichgewicht, das sich zwangsläufig auch in der beruflichen Weiterentwicklung niederschlägt.

Gender-Quiz mit den Auszubildenden der Euskirchener Kreisverwaltung

Unbezahlte Care-Arbeit ist der neue Begriff für das, was in Deutschland überwiegend von Frauen geleistet wird: die Versorgung des Haushalts, die Erziehung und Bildung der Kinder, Mahlzeiten zuzubereiten und darüber hinaus Trost und Begleitung, Betreuung und Unterstützung zu bieten.

„Ich mache mit den neuen Auszubildenden in der Kreisverwaltung immer ein Gender-Quiz, das die meisten erstaunt“, sagt Astrid Günther. Eine der Multiple-Choice-Fragen lautet: Wann haben Frauen in ihrem Berufsleben das höchste Einkommen und wann Männer? „Bei den Männern ist es erwartbarer Weise am Ende ihres Berufslebens. Bei den Frauen am Anfang, nämlich um die 26 Jahre – bevor sie wegen der Familiengründung in Teilzeit gehen.“

Väter nehmen oftmals nur zwei Monate Elternzeit

Das lässt sich auch aus der Statistik der Kreisverwaltung herauslesen: Hier waren 2022 lediglich zehn Prozent der Teilzeitbeschäftigten Männer. Nimmt man die Gesamtzahl der Bediensteten der Kreisverwaltung, beträgt der Anteil der Frauen in Teilzeit 26 Prozent, der der Männer drei Prozent. Teilzeit gilt gesamtgesellschaftlich nach wie vor als Karriere-Hemmnis. Genauso wie die Elternzeit.

Im Jahr 2021 war gut ein Viertel aller Mütter in Deutschland, deren jüngstes Kind unter sechs Jahren alt war, in Elternzeit. Unter den Vätern traf dies nur auf 1,6 Prozent zu. Immerhin ist die Zahl gestiegen: Im Jahr 2009 waren es nur 0,9 Prozent. Hinzu kommt, dass Väter oftmals nur zwei Monate Elternzeit nehmen – so auch in der Kreisverwaltung Euskirchen.

„Frauen sind im höheren Dienst insgesamt immer noch unterrepräsentiert“, heißt es im Gleichstellungsplan der Kreisverwaltung. Vor allem bei den Abteilungsleitungen und Teamleitungen.

Im interkommunalen Vergleich brachte 2021 das Studienprojekt „Frauen in Führungspositionen“ von Inspektorenanwärterinnen und -anwärtern aus der Kreisverwaltung und verschiedenen Kommunen harte Fakten auf den Tisch: So gab es kommunale Verwaltungen im Kreisgebiet, in denen sich keine einzige Frau in einer Führungsposition befand, in anderen befanden sich Frauen auf allen Führungsebenen.

Ich würde mir wünschen, dass man Frauen die notwendigen Rahmenbedingungen schafft, ihr Potenzial entfalten zu können
Astrid Günther, Gleichstellungsbeauftragte der Euskirchener Kreisverwaltung

Bei den durchgeführten Interviews mit den weiblichen Führungskräften zeigte sich vor allem eins: Vorurteile gegenüber weiblicher Führungskompetenz sind noch immer an der Tagesordnung. Den Weg in Führungspositionen bezeichneten die Interviewpartnerinnen als deutlich steiniger.

„Ich würde mir wünschen, dass man Frauen die notwendigen Rahmenbedingungen schafft, ihr Potenzial entfalten zu können“, meint Astrid Günther. Das „Führen in Teilzeit“ sei ein Schritt in die richtige Richtung und werde in der Kreisverwaltung bereits praktiziert. Letztlich sei der Anspruch „Gleichstellung“ ein Auftrag an die Gesamtgesellschaft. Tradierte Haltungen müssen reflektiert und umgedacht werden.

Astrid Günther: Frauen müssen ihre Netzwerkarbeit verstärken

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau sei noch lange nicht erreicht, ist Günther überzeugt. „Ich glaube, dass man nur gemeinsam etwas bewegen kann. Frauen müssen ihre Netzwerkarbeit verstärken – bei Männern spielt diese immer eine zentrale Rolle.“

Was sie sich für die Zukunft wünsche? „Dass in unserer Kreisverwaltung mehr Frauen in Führungspositionen kommen und noch mehr Männer Elternzeit nehmen, bestenfalls mehr als zwei Monate. Ansonsten wünsche ich mir, dass wir im Kreis Euskirchen gute Konzepte gegen Gewalt an Frauen und Kindern haben und es ausreichend Schutzraum gibt.“

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