Hilfesuchende oft in finanzieller NotZahl der Abtreibungen im Kreis Euskirchen gestiegen

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Eine Frau hält einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand.

Nicht jede Frau, die schwanger wird, kann sich vorstellen, das Kind auszutragen. Die Gründe hierfür sind vielfältig.

Beratungsstellen verzeichnen einen Anstieg vor allem bei Konfliktberatungen und Anträgen für finanzielle Unterstützung.

„Deutlich mehr Abtreibungen im letzten Jahr“ – das konnte man unlängst in der Presse lesen. Die Zahl der Abbrüche stieg laut Statistischem Bundesamt im Vergleich zum Vorjahr um 9,9 Prozent. Bezogen auf NRW wurde ein Anstieg um 13,4 Prozent verzeichnet. Allerdings relativiert sich die Bedeutung drastisch, wenn man weiß, dass die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche im Vergleichsjahr 2021 auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Statistik im Jahr 1996 war.

Bei den beiden Beratungsstellen im Kreis Euskirchen, die nach Paragraf 5/6 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes Anlaufstellen für Betroffene sind, sieht man ebenfalls einen leichten Anstieg bei den Konfliktberatungen. Diese sind gesetzlich vorgeschrieben, um einen Schwangerschaftsabbruch legal durchführen zu können: Bei Donum Vitae stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 26 auf 146 Fälle. Bei der Beratungsstelle des Vereins Frauen helfen Frauen (FhF) um sieben auf ebenfalls 146 Fälle.

Wirtschaftliche Situation ist für viele Frauen und Paare das Hauptthema

„Das ist jedoch nicht außergewöhnlich, die Zahl liegt immer noch im unteren Mittelfeld, wenn ich mir unsere Statistik seit 1999 anschaue“, sagt Heike Gerhardt von der FhF-Beratungsstelle. Die Mitarbeiterin geht noch weiter und sagt, dass die Zahl der Konfliktberatungen mit anschließender Bescheinigung zur Durchführung eines Abbruchs „weitestgehend stabil geblieben ist über die Jahre“.

Es sei wichtig, in einer solchen Beratung nicht nur ergebnisoffen, sondern „wertfrei mit den Widersprüchen umzugehen, damit die Frauen oder Paare sich sicher fühlen und die für sie passende Entscheidung finden“, heißt es im Jahresbericht der Beratungsstelle des Vereins Frauen helfen Frauen. Beide Beratungsstellen unterstützen auch in allen Fragen rund um die Schwangerschaft, beraten zu finanziellen Hilfen und gesetzlichen Leistungen sowie über die Rechte in Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt und auch über Verhütung, Sexualität und Familienplanung.

Bei Donum Vitae sind diese Beratungen in 2022 etwas gesunken, nämlich von 220 auf 194. In der Beratungsstelle von FhF fanden 310 Beratungen statt. Von dort heißt es auch: „Die Beantragung auf Gewährung von Mitteln aus der Bundesstiftung ,Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens’ über unsere Beratungsstelle wird stärker nachgefragt als je zuvor.“ Donum Vitae vermeldet, 28 Frauen und Familien mit insgesamt 22.000 Euro aus der Stiftung unterstützt zu haben.

„Die schwierige wirtschaftliche Situation ist für viele Frauen und Paare das Hauptthema“, sagt Beate Jantzer aus der FhF-Beratungsstelle. Umso dankbarer werde die Möglichkeit angenommen, Mittel aus dem Familienplanungsfonds des Kreises Euskirchen zu erhalten. Dieser richtet sich an Leistungsbeziehende des Jobcenters, an Alleinerziehende und Menschen mit geringem Einkommen. Er ermöglicht den Antragstellenden, einen Großteil der Kosten für eine Spirale, eine Sterilisation oder Vasektomie erstattet zu bekommen.

Verhütungsmittel oft teuer

Gefüllt ist der Fonds, auf den beide Beratungsstellen zu gleichen Teilen zugreifen können, mit 15.000 Euro pro Jahr – Geld, das immer viel zu schnell aufgebraucht sei, so Beate Jantzer: „Unsere Beobachtung ist, dass die Nachfrage viel höher ist als die Bedarfsdeckung.“ Noch schneller leer sei der Topf, seit Arztpraxen ihre Kosten im Februar um rund 20 Prozent erhöht hätten.

„Eine Hormonspirale kostet jetzt nicht mehr 350 Euro, sondern oftmals 420 Euro“, weiß Gerhardt. Gemeinsam habe man deshalb einen Antrag beim Kreis gestellt, den Fonds nicht nur weiterzuführen, sondern auch zu erhöhen auf 20.000 Euro im Jahr.

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