Kreistagswahl im Kreis EuskirchenViele Altgediente scheiden aus
- Zahlreiche Kreistagspolitiker aller Fraktionen, die zum Teil bereits seit Jahrzehnten Politik für den Kreis Euskirchen mitgestaltet haben, verabschieden sich aus dem Kreishaus.
- Unter denjenigen, die gehen, ist zum Beispiel der „Landrat-Macher“ der CDU.
- Wir verabschieden einige scheidende Kreistagspolitiker mit kurzen Porträts.
Kreis Euskirchen – Der Landrat geht – und mit ihm tritt eine ganze Reihe von Kreistagsmitgliedern ab. Darunter auch Menschen, die jahrzehntelang die Politik im Kreis mitgeprägt haben.
Hans-Josef Engels: Der Landrat-Macher
Er ist der letzte Mohikaner. Als 1972 nach der kommunalen Neugliederung der neue Kreistag in Euskirchen seine Arbeit aufnahm, war Hans-Josef Engels schon dabei. Gut 48 Jahre, sagt der Weilerswister: „Ich werde bald 76. Weitere fünf Jahre im Kreistag, dann wäre ich 81.“ Nur eine Wahlperiode lang gehörte er nicht dem höchsten politischen Kreisgremium an.
Und es passt, dass Engels gleichzeitig mit Landrat Günter Rosenke aufhört. „Unser früherer Fraktionskollege, der inzwischen verstorbene Dr. Armin Haas, hat immer zu mir gesagt: ,Da kommt ja der Ziehvater des Landrates’“, erinnert sich Engels.
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Gewehrt hat er sich dagegen nicht. Im Gegenteil. Wenn er heute zu den vergangenen 48 Jahren gefragt wird, kommt er immer wieder auf seinen Weilerswister Freund und langjährigen Musikerkollegen in der BüLaRose-Band zurück. Dann erzählt Engels, wie er den jungen Rosenke als Fraktionsgeschäftsführer vorgeschlagen hatte – gegen den Willen von Fraktionschef Werner Schumacher.
„Der Günter hat da gewonnen“, freut sich Engels heute noch über seinen Coup: „Und Werner Schumacher hat später gesagt, dass er nie einen so fleißigen Geschäftsführer erlebt habe.“ Die Sitzungsprotokolle habe Rosenke noch in der Nacht geschrieben.
Das sei der Karrierestart Rosenkes gewesen, so Engels. Auch den Tiefpunkt in seinen mehr als vier Jahrzehnten Kreistag verbindet Engels mit seinem Freund. 2009, das Jahr als Rosenke nicht mehr von der CDU aufgestellt wurde, die Partei verließ und erfolgreich als „Bürgerlandrat“ kandidierte.
„Davon“, so Engels, „hat sich die CDU bis heute nicht ganz erholt.“ Die Zeiten, in denen die Partei absolute Mehrheiten in Serie einfuhr, seien seitdem endgültig vorbei.
Die gelangen der CDU von 1972 bis 1984 immer, dann noch mal 1999 mit dem Rekordergebnis von 58,7 Prozent und 2004 mit 50,2 Prozent (Grafik der Kreistagsergebnisse seit 1972).
Urban-Josef Jülich: Der Krisen-Manager
Viele dieser absoluten Mehrheiten hat auch Urban-Josef Jülich miterkämpft. Seit 1984 gehört der Frauenberger dem Kreistag an. „Die Arbeit in der Fraktion war immer sehr positiv“, zieht der 80-Jährige Bilanz. Besonders gerne habe er den Kreis in der Landschaftsversammlung vertreten.
Auch Jülich blickt ungern auf das Jahr 2009 zurück. Doch wer tut das schon in der CDU? Als Kreispartei-Vize musste Jülich damals die Scherben aufsammeln, die der Rücktritt von Clemens Pick als Kreisparteichef und Landratskandidat zurückließ.
Auch persönlich sei da einiges ins Wanken geraten, bedauert der damalige Krisen-Manager: „Über manches, was gesagt wurde, hat man sich gewundert.“
Josef Reidt: Das Fast-Intrigen-Opfer?
1974 zog Josef Reidt für die CDU in den Kreistag – und blieb dort bis heute. Dabei wäre es 2009 beinahe passiert: Aus ungeklärten Gründen war er von der CDU für den falschen Wahlbezirk innerhalb des Stadtgebiets Schleiden nominiert worden, den er prompt verlor.
Viele Kreistagspolitiker ziehen sich zurück
CDU: Die zweite stellvertretende Landrätin Sabine Dirhold (Euskirchen) nimmt Abschied, ebenso wie Ursula Beul (Mechernich), Hans-Josef Engels (Weilerswist), Rita Gerdemann (Zülpich), Urban-Josef Jülich (Euskirchen), Johannes Mertens (Dahlem), Franz-Josef Nießen (Schleiden), Hans-Josef Nolden (Bad Münstereifel), Josef Reidt (Schleiden), Günther Schulz (Mechernich) und Hans Peter Wasems (Blankenheim).
SPD: Neben Fraktionschef Andreas Schulte (Weilerswist) gehen Heinrich Hettmer (Zülpich), Norbert Häger (Euskirchen), Peter Schweikert-Wehner (Mechernich), Stefanie Seidler (Dahlem) und Gerhard Stentrup (Nettersheim).
FDP: Hans Reiff (Kall) und Markus Milz (Bad Münstereifel).
Grüne: Nathalie Konias (Mechernich).
Linke: Franz-Josef Mörsch (Zülpich). (sch)
2018, als Reidt nach 27 Jahren den Fraktionsvorsitz abgab, sagte er dieser Zeitung, dass er eine Intrige des CDU-Parteivorstands nicht ausschlösse: „Ich glaube nicht an solche Zufälle“, und: „Ich habe aber keine Beweise. Außerdem hätte ich selbst ja besser aufpassen müssen.“
Über ein Ausgleichsmandat kam Reidt dann doch wieder in den Kreistag. Er musste aber zittern – bis in den späten Wahlabend.
Norbert Häger: Der Stille
Norbert Häger (SPD) erinnert sich: „Als ich in jungen Jahren erstmals in den Kreistag kam, hatte ich den Eindruck, dass die anstehenden Themen und Projekte sehr interessant und wichtig waren. Daran mitzuwirken und darüber zu entscheiden, hat mich immer interessiert. Nach so langer Zeit möchte ich nunmehr politisch kürzertreten.“
1988 rückte er für fast ein Jahr für Birgit Seeck nach, dann war er von 1994 bis 1999 und von 2004 bis 2020 im Kreistag. Häger, der zuvor 15 Jahre dem Stadtrat in Euskirchen angehörte, findet: „Wer gerne in seinem Kreis oder seiner Stadt lebt, sollte sich auch engagieren.“ Das tat er dann auch, nicht mit lauter Stimme – aber immer hörbar.
Hans Reiff: Der Vieltelefonierer
Seit 1984 gehört Hans Reiff dem Kreistag an, nur von 1996 bis 1999 setzte er aus. „Unterm Strich“, sagt er, „ist die Bilanz positiv.“ Eine kleine Partei könne halt nicht viel ausrichten. Wenn ihn jemand frage, was er erreicht habe, antworte er: „Den Telefonhörer.“
Damit meint der Kaller den kurzen Dienstweg. „Ich habe viele Menschen kennengelernt, da kann ich auch per Anruf vielen Bürgern bei ihren Problemen helfen“, sagt der 70-Jährige. 300 bis 400 solcher Fälle hätten sich im Laufe der Jahre angesammelt.
Und ganz so erfolglos sei die FDP ja auch nicht: 1993 gelang es ihr, eine Kreistagsmehrheit für die Wahl ihres Parteimitglieds Ingo Wolf zum Oberkreisdirektor zu schmieden – sehr zum Ärger der CDU. „Bei den Wahlergebnissen lagen wir parteiintern landesweit immer unter den ersten drei in NRW, meistens sogar auf Platz eins“, so Reiff – vor allem 2009, als die FDP mit 15,4 Prozent acht Kreistagsmitglieder stellte. Reiff war damals ihr Landratskandidat.
15 Jahre zuvor kam sie auf nur 5,4 Prozent und zwei Sitze, die Reiff und der damalige Vizelandrat Horst Pankatz einnahmen. „Da war der Bundestrend gegen uns“, so Reiff. Alles in allem sei es eine spannende Zeit gewesen.