DemonstrationMechernich setzt Zeichen gegen Rassismus – Auch Stephan Brings zeigt Flagge

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Stephan Brings steht mit der Gitarre auf der Bühne. Das Foto, das von einem Standpunkt hinter der Bühne aus gemacht wurde, zeigt zudem die Teilnehmer der Demo.

Musikalisch brachte der Musiker Stephan Brings seine Botschaft an die Menschen.

Rund 300 Menschen kamen zum Brunnenplatz in Mechernich. Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und Landrat Markus Ramers sprachen zu ihnen.

Auch Mechernich steht auf: Rund 300 Teilnehmer fanden sich am auf dem Brunnenplatz im Stadtkern ein, um für Demokratie und gegen Rechtsextremismus ihre Stimme zu erheben. Zwölf Redner aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft beleuchteten in der zweistündigen Kundgebung das Thema und stellten klar, wie ernst die Situation und wie wichtig es ist, Position zu beziehen.

Eine breite Koalition aus Bürgerinitiativen, Parteien, Vereinen und der Evangelischen Kirchengemeinde Roggendorf hatten zu der Veranstaltung aufgerufen. Auslöser war, wie bei vielen anderen Demonstrationen der vergangenen Wochen, der Bericht des Recherche-Netzwerks Correctiv über ein Treffen von Rechtsextremen, darunter Unternehmer und AfD-Politiker, in einem Potsdamer Landhaus.

Mechernich kann Aufbruch.
Heinrich Schmitz (UWV)

Mit dabei waren in Mechernich der Queere Stammtisch Euskirchen, die Omas gegen Rechts, die Parteien SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, UWV, „Die Partei“ und dazu „Pulse of Europe“, „Jeck op Europa“, NRWeltoffen, IP Vogelsang, die Tafel Mechernich und „Fußballvereine gegen Rechts“.

Die Kundgebung ging von der „Mechernicher Initiative für eine lebendige Demokratie und gegen Rechts“ aus. Seit mehreren Jahren halten deren Mitglieder mit einem Infostand vor dem Mechernicher Rathaus die Fahne der Demokraten hoch, wenn die Montagsspaziergänger unterwegs sind.

Recherche über das Geheimtreffen in Potsdam war der Anlass für die Demo in Mechernich

Zwar sei deren Zahl in der letzten Zeit immer geringer geworden, so berichteten die Teilnehmer an den Infoständen, die auch in Zülpich und Euskirchen zu finden waren, doch verschwunden seien sie nicht. Dies habe eine Kundgebung vor zwei Wochen vor dem Mechernicher Rathaus gezeigt.

Moderator Stephan Siemens begrüßte bei strahlendem und warmem Sonnenschein die Demonstrationsteilnehmer, indem er kurz an den eigentlichen Anlass für die Kundgebung, die Versammlung in Potsdam, erinnerte.

Er verstehe die Mechernicher Kundgebung als Demonstration gegen Extremismus jeglicher Form, sagte Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick (CDU), der den langen Reigen an Redebeiträgen eröffnete. „Wichtig ist, dass wir Demokraten zusammenhalten“, stellte er klar und warf einen Blick auf die deutsche Geschichte.

Der Nationalsozialismus habe nur stark werden können, weil die Menschen weggeschaut hätten. Nachdem es in den 1930er-Jahren nicht gelungen sei, eine stabile Regierung an der Spitze der Weimarer Republik zu etablieren, seien die anderen Parteien davon ausgegangen, dass auch Hitler sich nicht lange als Reichskanzler halten, sondern sich entzaubern würde.

Mechernicher Bürgermeister nahm auch die Zugewanderten in die Pflicht

„Zwei Monate später wurde das Ermächtigungsgesetz erlassen“, sagte Schick. Das habe Hitler weitreichende Befugnisse verschafft und die demokratischen Institutionen praktisch entmachtet. „Das sollte uns eine Warnung sein“, betonte er unter dem Beifall der Zuhörer.

Rassismus sei keine Zeiterscheinung, sondern stets präsent, wie das Zeitalter des Kolonialismus, die Völkermorde in Armenien und Ruanda oder die Apartheid in Südafrika zeigten. Dabei seien die Nazis besonders perfide gewesen und hätten den Rassismus bis zum Exzess getrieben.

Doch sei das vorhersehbar gewesen, da Hitler die Verbrechen der Nazis in seinem Buch „Mein Kampf“ angekündigt habe. In der Reichspogromnacht hätten sich ganz normale Menschen, auch in der Mechernicher Bevölkerung, an der Verfolgung der Juden beteiligt.

Schick: Hitler hatte die Taten der Nazis in „Mein Kampf“ angekündigt

Auch wenn bei den Versammlungsteilnehmern unterschiedliche Auffassungen zur Migration bestünden, seien diese gar nichts so weit voneinander entfernt. Er sei für Begrenzung und Integration, erwarte aber auch, dass die Menschen die deutschen Grundwerte wie Meinungsfreiheit und eine lebendige Demokratie akzeptieren und keine Konflikte aus dem Heimatland in Deutschland ausfechten.

Eine kämpferische Rede hielt Landrat Markus Ramers (SPD). Er stehe hier als Demokrat vor vielen Demokraten. „Aber Demokratie funktioniert nicht ohne Demokraten“, forderte er Engagement von den Anwesenden. Seit 75 Jahren gelte Artikel 1 des Grundgesetzes, wonach die Würde des Menschen unantastbar sei, das solle auch weiter gelten.

Es gebe eine breite Palette von Positionen, die eingenommen werden könnten. Und die auch kontrovers diskutiert werden könnten. „Es ist gut, dass wir um die besten Antworten und Lösungen ringen und dabei auch manchmal in der Sache hart streiten, um am Ende zu tragfähigen, demokratischen Lösungen zu kommen“, sagte er.

Landrat Markus Ramers rief dazu auf, bei Rassismus nicht wegzusehen

Um all die Probleme unserer Zeit zu lösen, helfe es aber nicht, in kleinen Runden Vertreibungs- und Deportationspläne aufzustellen, sich von einem russischen Diktator bezahlen zu lassen oder in öffentlichen Reden bewusst die Sprache von Nationalsozialisten zu verwenden.

„Lasst uns nicht wegsehen, wenn Menschen ohne Grund rassistisch ausgegrenzt oder beleidigt werden, wenn Hetze verbreitet wird. Da müssen wir gemeinsam zusammenstehen. Das macht Mechernich heute auf eindrucksvolle Weise“, freute er sich über die rege Beteiligung.

„Mechernich kann Aufbruch!“, rief auch Heinrich Schmitz (UWV), und freute sich ebenfalls über die rege Beteiligung der Mechernicher. Die Menschen seien nicht mehr auf der Besuchertribüne, sondern Akteure geworden. Er sprach als Parteivertreter genau wie Gerd Altmeier (Bündnis 90/Die Grünen), Nicole Reipen (CDU) und Peter Schweikert-Wehner (SPD).

Auch Pfarrer Michael Stöhr von der  Evangelischen Gemeinde, Wilfried Hamacher vom Freundeskreis Mechernich-Nyons und Angelika Steinschulte von den Omas gegen Rechts gaben Statements ab. Sabine Henze verlas eine Erklärung der „Kinder des Widerstands“ und gab ein klares Signal für Europa, das keine Identität wegnehme, sondern durch Vielfalt bereichere.

Für Musik sorgten Simon, der Drehorgelspieler, und der Musiker Stephan Brings. Er begann seinen Auftritt mit dem Lied „Su läuf dat he“ von Hannes Schöner und Arno Steffen, in der sie sich gegen die Einvernahme kölscher Lieder durch Rechte wandten. Er erinnerte im Gespräch an das Gedicht „Bei Hitlers brennt noch Licht“ des Münchener Simon Pearce, das Peter Brings bei den Mitsingkonzerten rezitiert habe. Die letzten Zeilen lauten: „Komm' raus und hilf … und schalt' es aus … sonst brennt es lichterloh.“

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