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Notstrom und Satelliten-InternetGewerbehalle in Obergartzem ist für Krisen gerüstet

Lesezeit 4 Minuten
Daniel Claßen und Betriebsleiter Steffen Steinhauer stehen vor einer Logistikhalle in einem Gewerbegebiet.

Standort mit Möglichkeiten zur Erweiterung: Geschäftsführer Daniel Claßen (l.) und Betriebsleiter Steffen Steinhauer vor der neuen Logistikhalle der Firma Berners im Gewerbegebiet Obergartzem III.

In Mechernich-Obergartzem hat die Spedition Berners rund 7,5 Millionen Euro in einen weiteren Standort investiert.

Der Bau einer neuen Logistikhalle im Gewerbegebiet Obergartzem III war eine echte Herausforderung für die Firma Berners. „Der Krieg in der Ukraine hat während der Planungszeit zu einem starken Anstieg der Baukosten geführt“, berichtet Geschäftsführer Daniel Claßen: „Letztendlich hat der erste Bauabschnitt rund 7,5 Millionen Euro gekostet.“

Entstanden ist in direkter Nachbarschaft zur Molkerei der Firma Hochwald eine 72 Meter lange Halle, die auf einer Grundfläche von 7000 Quadratmetern über 14.000 Palettenstellplätze verfügt. In einem zweiten Bauabschnitt könnte die Kapazität noch weiter auf insgesamt 22.000 Palettenstellplätze gesteigert werden.

Logistikkunden der Firma Berners kommen aus dem Kreis Euskirchen

In der neuen Halle werden verschiedene Produkte regionaler Kunden zwischengelagert und für den Versand in alle Welt vorbereitet. „Unsere wichtigsten Kunden hier am Standort sind die Firma Franz Kalff GmbH aus Euskirchen und das Zülpicher Unternehmen Burnus Care, ein Hersteller von hochwertigen Haut- und Körperpflegeprodukten sowie Waschmitteln“, zählt Betriebsleiter Steffen Steinhauer auf.

Blick in das Schmalganglager in der neuen Berners-Logistikhalle, im Vordergrund sind zwei Mitarbeiter mit Staplerfahrzeugen zu sehen.

Mehr Stellplätze auf gleicher Fläche: Das Schmalganglager in der Logistikhalle macht den Einsatz besonderer Staplerfahrzeuge notwendig.

„Wir sind aber auch für die benachbarte Hochwald-Molkerei tätig, was die Logistik für die dort benötigten Verpackungsmaterialien angeht.“ Damit verbunden sind besondere Anforderungen an die Hygiene. „Es gibt entsprechende Reinigungspläne und Vorgaben zur Schädlingsbekämpfung. Glas, wegen der Bruchgefahr, und Cuttermesser mit Abbruchklinge sind deshalb im Lagerbereich tabu“, so Steinhauer.

Neue Halle musste im Winter nur drei Tage lang beheizt werden

Da auch temperatursensible Produkte gelagert werden, muss außerdem die Hallentemperatur konstant gehalten werden. Bei der Heizung für das Gebäude hat sich das Unternehmen allerdings für eine besondere Lösung entschieden. „Im vergangenen Winter lief die Heizung nur an drei Tagen“, verrät Claßen dem verblüfften Besucher: „Funktioniert hat das durch eine besonders hochwertige Dämmung.“

Verstärkt wird der Effekt dadurch, dass zusätzlich darauf geachtet wurde, Kältebrücken im Bereich der Laderampen zu verhindern. „Normalerweise reicht die Metallrampe bis ans Rolltor“, erklärt Claßen: „Unsere Rampen sind kürzer und kommen daher nicht mit dem kalten Tor in Berührung.“

Obwohl wir deutlich über Mindestlohn zahlen, ist der Abstand zum Bürgergeld für einige aber offenbar nicht groß genug.
Daniel Claßen, Geschäftsführer der Firma Berners

Zudem ist die neue Halle auch bestens für einen möglichen Krisenfall gerüstet – eine Lehre aus der Flutkatastrophe von 2021. „Wir haben eine eigene Notstromversorgung eingebaut, die Biogas-Heizung ist unabhängig vom öffentlichen Erdgasnetz und Internet bekommen wir im Notfall über Satellit, wenn es Schäden am Glasfasernetz gibt“, zählt Claßen auf: „Der Standort ist autark.“

Spedition Berners kam auch in den Genuss von NRW-Fördermitteln

Finanziell war das Projekt auch deshalb eine Herausforderung. „Es hat uns in dieser Phase sehr geholfen, dass wir für den Bau Fördermittel in sechsstelliger Höhe aus dem Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm des Landes NRW erhalten haben“, sagt Claßen und lobt die gute Zusammenarbeit mit den kommunalen Wirtschaftsförderern im Kreis und in der Stadt Mechernich.

Über ein Transportband werden Pakete aus einem Container entladen und von Mitarbeitern auf einer Palette gestapelt.

Beim Entladen von Überseecontainern aus Fernost ist Handarbeit gefragt, wenn die Waren aus Platzgründen nicht auf Paletten angeliefert werden.

Nachdem die Finanzierung geklärt war, ging es mit dem Bau schnell voran. „Im Mai 2024 war Baubeginn, im November haben wir die fertige Halle in Betrieb genommen“, sagt Betriebsleiter Steinhauer und blickt auf eine ereignisreiche Zeit zurück. Seitdem sind insgesamt 33 Mitarbeiter in dem neuen Gebäude tätig: 23 sind direkt bei dem seit dem Jahr 1880 bestehenden Speditionsunternehmen angestellt, zehn weitere sind Mitarbeiter der Firma Kalff, die im Obergeschoss der Halle Verbandkästen und ähnliche Produkte für die Automobilindustrie verpacken.

220 Mitarbeiter sorgten 2024 für rund 32 Millionen Euro Umsatz

Alle Arbeitsplätze zu besetzen sei jedoch nicht leicht gewesen, sagt Claßen, wobei der viel zitierte Fachkräftemangel dabei nicht das entscheidende Problem war: „Im Logistikbereich gibt es auch einfache Tätigkeiten, etwa das manuelle Ausladen von Kartons aus einem Überseecontainer. Obwohl wir deutlich über Mindestlohn zahlen, ist der Abstand zum Bürgergeld für einige aber offenbar nicht groß genug.“

Für die Firma Berners, die 2003 ihren Hauptsitz von Blumenthal nach Obergartzem verlagert hat, ist der Neubau der Halle ein weiterer Schritt vom Speditions- zum Logistikunternehmen. „Insgesamt hat die Firmengruppe 220 Mitarbeiter“, informiert Claßen.

Dritter Geschäftsbereich ist die Berners-Nutzfahrzeug-Service GmbH mit Standorten in Obergartzem und im rheinland-pfälzischen Bad Breisig. „Der Gesamtumsatz des Familienbetriebs belief sich 2024 auf rund 32 Millionen Euro“, so Claßen: „Die Ertragslage könnte allgemein jedoch besser sein, denn die Kosten steigen aktuell schneller als die Erträge.“