1000-jährige EicheDas Sterben der „stillen Talwächterin“ in Mechernich-Burgfey

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Eine kleine Gruppe von Menschen steht neben einer großen, absterbenden Eiche, die kaum noch Laub trägt.

Die Tage der 1000-jährigen Eiche in Burgfey scheinen gezählt: Das Naturdenkmal stirbt.

Erreichen der natürlichen Altersgrenze, Klimawandel oder unsachgemäße Pflegemaßnahmen: Warum stirbt die alte Eiche in Mechernich-Burgfey?

Nein, 1000 Jahre zählt sie noch nicht, die Eiche an der Mauer der ehemaligen Burg in Burgfey, obwohl der Volksmund ihr schon vor vielen Jahrzehnten diesen Namen verliehen hat. Und sie wird dieses Alter auch nicht mehr erreichen, denn der Baum stirbt.

„Ich habe so viele Fotos von dieser wunderbaren Eiche. Aus allen Jahreszeiten, in den unterschiedlichsten Licht-Stimmungen“, sagt Naturliebhaberin und Ortsbürgermeisterin Nathalie Konias: „Aber in den vergangenen Jahren konnte man dem Baum fast beim Sterben zusehen — das Grün wurde immer weniger.“

Für Revierförster Heinz Benden ist das Siechtum dieses prägnanten Baums längst kein Einzelfall mehr: „Wenn man mit offenen Augen durch den Wald geht, wird man viele tote Bäume finden. Auch unter den Laubbäumen wie Eiche und Buche gibt es immer mehr Exemplare, die mit der zunehmenden Trockenheit nicht klarkommen und absterben.“

Förster Heinz Benden vermutet Zusammenspiel mehrerer Faktoren

Im Fall der 1000-jährigen Eiche von Burgfey kommen für den Forstexperten aber gleich mehrere Faktoren zusammen: „Die Eiche ist rund 700 Jahre alt, da kann man schon vom Erreichen der natürlichen Lebenszeit eines solchen Baums sprechen.“

Zwei Männer stehen vor einer großen, absterbenden Eiche, die kaum noch Laub trägt.

Nur noch einige junge Äste der alten Eiche in Burgfey tragen grünes Laub. Revierförster Heinz Benden (l.) sagt, Trockenheit und Klimawandel beschleunigen das Sterben des Baums. Besitzer Dr. Friedrich Callenberg beklagt unfachmännische Pflegemaßnahmen.

Alten Bäumen gelinge es erfahrungsgemäß schlechter, sich auf die sich ändernden klimatischen Bedingungen einzustellen. „Junge Bäume sind anpassungsfähiger. Der Wald der Zukunft, den wir jetzt pflanzen, wird mit Trockenheit und Hitze besser zurecht kommen“, sagt Benden.

Für die Eiche in Burgfey kommt diese Erkenntnis zu spät. Ihr Besitzer Dr. Friedrich Callenberg, auf dessen Privatgrund der Baum an einem beliebten Spazierweg zwischen dem Veybachtal, Mechernich und Kommern-Süd steht, will dem Sterben des rund 20 Meter hohen Riesen jedoch nicht tatenlos zusehen. „Seit Jahren bewässere ich die Eiche mit Wasser aus den Teichen auf meinem Grundstück.“

Keine Hoffnung mehr für das Naturdenkmal in Mechernich

Leider ohne durchschlagenden Erfolg, denn mittlerweile gibt es nur noch ein paar junge Äste, an denen sich noch etwas grünes Laub befindet. „Beim Zählen der Blätter werden wir den Zahlenraum bis 1000 nicht verlassen. Das ist natürlich eindeutig zu wenig für einen solch großen Baum“, hat Förster Benden die Hoffnung, dass die Eiche sich noch einmal erholen könnte, fast aufgegeben.

Die Eiche ist rund 700 Jahre alt, da kann man schon vom Erreichen der natürlichen Lebenszeit eines solchen Baums sprechen.
Heinz Benden, Revierförster

Callenberg hat neben dem natürlichen Alterungsprozess und der Trockenheit jedoch noch einen weiteren Schuldigen für das Sterben der Eiche ausgemacht: Die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Euskirchen. Diese habe in der Vergangenheit die Pflege des unter Schutz stehenden Naturdenkmals übernommen. „Zweimal ist die Eiche dabei in den zurückliegenden Jahren viel zu stark zurückgeschnitten worden“, sagt Callenberg: „Das war eine Katastrophe.“

In einer Stellungnahme geht die Behörde auf diesen Vorwurf nicht konkret ein. „Durch wiederkehrende und zum Teil umfangreiche Schnittmaßnahmen wurde die dringend erforderliche Verkehrssicherheit in Bezug auf Standsicherheit und Bruchsicherheit mehrfach wiederhergestellt“, heißt es stattdessen.

Der Baum werde weiter als erhaltenswürdig eingestuft, unabhängig davon, dass er bald absterbe: „Auch als Torso besitzt er eine hohe ökologische Bedeutung. Daher soll die Eiche auch nach ihrem Ableben erhalten und als Naturdenkmal regelmäßig betreut und kontrolliert werden.“ Zudem sei vorgesehen, eine Nachpflanzung durchzuführen. Es soll ein „Junger Riese“, ein Sämling eines Naturdenkmals, gepflanzt werden.


Die 1000-jährige Eiche wurde zur Mechernicher Sehenswürdigkeit

Gerade die Eichen erfuhren als der „deutsche Baum schlechthin“ häufig eine ideologische Vereinnahmung. Die ihr zugeschriebenen Eigenschaften wie Stärke, Kraft oder auch Langlebigkeit wurden in preußischer Zeit auf das „Deutschtum“ übertragen.

Natürlich fand auch der markante Einzelbaum in Burgfey schon früh Beachtung. So finden sich in den Archiven von Heimat-, Pfarr- und Geschichtsvereinen zahlreiche Hinweise auf die „stille Talwächterin“. 1906 bezeichnet sie der Eifelverein als „eine der schönsten Eichen Deutschlands“. Sie wurde in Reiseführern erwähnt und wurde neben den Katzensteinen zu einem beliebten Ausflugsziel.

Im Jahre 1912, so berichtet es der heutige Eigentümer Dr. Friedrich Callenberg, sei das Alter des Baums mit einem Zuwachsbohrer auf etwa 600 Jahre bestimmt worden — demnach ist die 1000-jährige Eiche heute rund 700 Jahre alt.

Gepflanzt wurde die Stileiche (Quercus robur), deren Stamm einen Umfang von 5,52 Metern hat, vermutlich von den Erbauern von Burg Burgfey. Sie steht auf Privatgrund, ist aber öffentlich zugänglich. (thw)

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