Reparatur nachhaltiger als NeukaufSo lassen sich Lieblingshose und Fernseher retten

Hat es mit Stoff, Nadel und Faden zu tun, kann Schneiderin Elisabeth Weißhaupt es reparieren.
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Euskirchen/Marmagen – Lieber wegwerfen und etwas Neues kaufen. Das ist der erste Gedanke, der vielen in den Sinn kommt, wenn der Föhn nicht mehr anspringt oder der Reißverschluss an der Jacke klemmt. Besonders nachhaltig ist das nicht. Dass es auch anders geht, zeigen Schneiderin Elisabeth Weißkopf und Informationselektroniker Udo Zavelberg. Sie reparieren Kaputtes – und liefern ihren Kunde am Ende Ware, die sich kaum von ihren fabrikfrischen Alternativen unterscheidet.
„Heute hat nichts mehr einen Wert, weil alles so billig produziert wird“, sagt Elisabeth Weißkopf. Die Damenschneidermeisterin aus Marmagen ist sich sicher: Kleidung ist Wegwerfware geworden. Selbst die Lieblingshose landet bei kleinsten Mängeln in der Tonne – und wird schnell durch ein neues Modell ersetzt. Doch das müsse nicht sein. „Es gibt für alles eine nachhaltige und günstigere Lösung.“ Eine hängt in Weißkopfs Garderobe: Für eine Kundin hat sie aus einem alten Mantel eine modische Kurzjacke genäht. Für eine andere hat sie Second-Hand-Röcke angepasst.
Kampf gegen Wegwerfmentalität
Zu den häufigsten Anfragen, die die Schneidermeisterin erhält, gehört die Reparatur von Reißverschlüssen. „Nicht jeder Reißverschluss muss komplett ausgetauscht werden“, sagt sie. Oft passe nur der Schieber nicht mehr. Und auch der müsse nach der Reparatur eines Kleidungsstücks nicht unbedingt weggeworfen werden. „Ich hebe jeden Schieber auf. Der könnte an einen anderen Reißverschluss passen.“

Aus alten Gemüsegläsern hat Weißhaupt Gefäße für Nähutensilien wie Knöpfe gemacht.
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Weißkopf hält nichts von der Wegwerfmentalität. In jedem Raum ihrer Villa Fadenbunt in der Peter-Milz-Straße wird das deutlich. Die Stühle in ihrem Wohnzimmer sind Jahrzehnte alt, haben schon ihrer Großmutter gehört. Weißkopf hat sie restaurieren lassen und die Sitzfläche mit Matratzenstoff bezogen. In ihrem Arbeitszimmer lagern alte Knöpfe – in Dutzenden von zweckentfremdeten Marmeladen- und Gemüsegläsern.
Weißkopf repariert nahezu alles, was mit Stoff, Nadel und Faden zu tun hat. Auch Löcher. „Ich nähe sie nicht nur zu. Manche Leute wollen, dass die Löcher in ihren Hosen kleiner gemacht werden“, erläutert Weißkopf. Schließlich würden Löcher in Hosen vielen als Modetrend gelten. Weißkopf beobachtet aber auch, dass Hosen immer schneller verschleißen. Die Ursache vermutet sie im Material: „Jeans haben heute einen hohen Elastan-Anteil“, erläutert die Schneidermeisterin. Vor allem eng anliegende Hosen bestehen oft zu einem großen Teil aus dem gummiartigen Faden, der leicht ausleiert. „Die Hosen sind dann schnell an den Beinen durchgescheuert.“
Firma von Udo Zavelberg repariert 800 Geräte im Monat
Gegen Verschleiß kämpft auch Udo Zavelberg – allerdings nicht gegen den an Kleidung, sondern den an Elektrogeräten. Aus seiner Vorliebe für Reparaturen ist ein Unternehmen mit 13 Angestellten geworden, die heute im gesamten linksrheinischen Gebiet vom Kreis Euskirchen bis Weeze im Einsatz sind. „Im Durchschnitt fahren unsere Techniker 290 Kilometer am Tag“, sagt Zavelberg. Die Bilanz eines Monats: 800 reparierte Geräte.

Die Reparatur von Fernsehern gehört für Udo Zavelberg zum Tagesgeschäft.
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Das Team des Informationselektronikermeisters rückt aus, um Fernseher, Kaffeemaschinen oder Trockner zu reparieren. Große Geräte, die oft nur schwer verschickt werden können. Bei Kaffeemaschinen rät Zavelberg sogar ausdrücklich davon ab: „Kaffeevollautomaten kommen nie heil an. Im Zweifelsfall ist es besser, sie direkt in der Werkstatt abzuliefern.“
Meister aus Euskirchen erklärt: Oft ist die LED-Leiste defekt
Zavelbergs Werkstatt in Euskirchen steht voller Elektrogeräte – viele werden als Serviceleistung für Elektronikmärkte oder Hersteller repariert. Ein Großteil davon sind Fernseher, manche haben eine Bilddiagonale von zwei Metern. Wenn einer der empfindlichen Kolosse nicht mehr funktioniert, steckt oft nur eine Kleinigkeit dahinter. Ein einziges ausgefallenes Leuchtelement kann eine ganze LED-Leiste lahmlegen. Der Fernseher zeigt dann kein Bild mehr. Die Reparatur eines solchen Schadens kostet deutlich weniger als ein Neukauf, weiß Zavelberg. Und selbst komplizierte Display-Schäden haben seine Techniker in zwei Stunden repariert.

Empfindliche LED-Leisten: Ist ein Leuchtelement kaputt, gibt es im schlimmsten Fall kein Bild mehr.
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Gelegentlich landen auch Kuriositäten in der Reparaturwerkstatt. „Plattenspieler, Röhrenradios – wir reparieren viele Liebhaberstücke. Und so schwer sind die Ersatzteile nicht zu kriegen. Sammler bieten sie an“, erläutert Zavelberg. Erst vor Kurzem sei es ihm gelungen, einen Volksempfänger für einen Kunden zu reparieren.
Auch der Elektronikermeister beobachtet eine Wegwerfmentalität, die besonders Mobiltelefone betrifft. „Vor zwei Jahren ist die Zahl der Reparaturen regelrecht eingebrochen, weil die Telefone so günstig geworden sind.“ Die Leute würden heute eher ein neues Telefon kaufen. Zavelberg macht sich auch deshalb für ein Recht auf Reparatur stark.
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Seit März 2021 gibt es zwar eine EU-Richtlinie, die Hersteller von großen Haushaltsgeräten wie Kühlschranken dazu verpflichtet, Ersatzteile sieben bis zehn Jahre verfügbar zu machen. Und auch Bundesregierung und Verbraucherzentralen setzen sich für ein entsprechendes Gesetz ein. Doch Zavelberg geht das nicht schnell genug. „Für viele Geräte, die erst wenige Jahre alt sind, fehlen uns jetzt schon Ersatzteile“, sagt er. In dem Fall empfiehlt er, ein neues Gerät zu kaufen. Obwohl er lieber reparieren würde.
Die Nachhaltigkeitskarte des Kreises Euskirchen
Verteilt über den Kreis Euskirchen gibt es eine Vielzahl von Dienstleistern, Unternehmen und Läden, die sich ganz der Vermeidung von Abfall widmen. Sie alle listet der Kreis in seiner Nachhaltigkeitskarte auf.
Hilfestellung für einen nachhaltigen Lebensstil soll die Karte aus Sicht des Kreises geben. „Sie soll den Bürgern näherbringen, wo sie Dinge reparieren lassen können und warum das sinnvoll ist“, sagt Karen Beuke, Abfallberaterin des Kreises. Die Nachhaltigkeitskarte zeigt, wo Garten- und Baugeräte ausgeliehen werden können oder wo es Second-Hand-Kleidung gibt. Einige öffentliche Bücherregale sind ebenso zu finden wie Reparaturwerkstätten für verschiedenste Waren. Auch Entsorgungsstationen für alte CDs, Korken oder Batterien sind auf der Karte verzeichnet.
Ständig erweitert der Kreis die Nachhaltigkeitskarte. „Jeder Akteur, der sich mit Abfallvermeidung und Nachhaltigkeit beschäftigt, ist willkommen“, sagt Beuke. Es ist jederzeit möglich, sich in die Nachhaltigkeitskarte mit Adresse eintragen lassen. Ein entsprechendes Formular findet sich – wie die Karte selbst – auf der Internetseite des Kreises.