Gesundheit und KulturIm einstigen Kloster Nettersheim herrscht eine Menge Leben

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Das rund 100 Jahre alte, ehemalige Kloster liegt in Nettersheim am Ortsausgang in Richtung Zingsheim.

Viel hat sich in dem ehemaligen Kloster der Cellitinnen entwickelt, seitdem die Gemeinde Nettersheim es 2015 gekauft und mit umfangreichen Sanierungsmaßnahmen begonnen hat.

2015 hat die Gemeinde Nettersheim das ehemalige Kloster gekauft. Die Entwicklung schreitet voran, 2024 startet auch die Akademie.

Es ist groß, 100 Jahre alt und laut Nettersheims Bürgermeister Norbert Crump „das eindrucksvollste Baudenkmal in der Gemeinde“. Gemeint ist das ehemalige Kloster, das kurz vor dem Ortsausgang von Nettersheim an der Verbindungsstraße nach Zingsheim steht. Eine Vielzahl von Plänen und Konzepten ist entwickelt worden, seitdem die Gemeinde das Gebäude 2015 erworben hat. Mittlerweile sind die Sanierungsarbeiten so gut wie fertig und der Komplex wird rege genutzt. Denn neben den regelmäßigen Kulturangeboten hat sich das Kloster zu einem Gesundheits- und Ärztezentrum entwickelt. Auch eine Steuerberaterin ist im Haus tätig. Nur die geplante Akademie ist noch nicht in Betrieb, doch auch hier ist der Starttermin in Sicht.

Zwei Millionen Euro an Fördermitteln – bei einer Förderquote von 60 Prozent – seien in die Sanierungsarbeiten geflossen, erläuterte Crump. „Ich bin nach den acht Jahren erstaunt, welcher Genius Loci sich hier entwickelt hat“, sagte er. Das Kloster habe sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Es seien auch 40 Arbeitsplätze entstanden.

Im Begegnungszentrum werden regelmäßig Konzerte gegeben

„Mein Amtsvorgänger Wilfried Pracht hat gesagt, das Kloster sei die Philharmonie von Nettersheim“, erinnerte sich Crump. Deshalb sei nach dem Kauf ein Kulturprogramm eingeführt worden, damit die Menschen in das Gebäude gehen können. Crump: „Das ist wie ein Dorfgemeinschaftshaus, wo Kultur erlebt werden kann.“

Bereits in der Bauphase sei das Haus für Veranstaltungen geöffnet worden, so Uschi Mießeler, die mit Hans-Peter Schell das Kulturprogramm verantwortet. „Teilweise wussten wir nicht, ob wir Licht haben werden“, erinnerte sie sich an die ersten Veranstaltungen. Am Anfang seien teilweise 120 Besucher gekommen. Jetzt seien regelmäßig rund 60 Gäste bei den Konzerten, die eine Plattform vor allem für lokale Künstler und Profis bieten sollen. Von April bis Januar finde jeden Monat ein Konzert statt. „Wir haben die Plätze reduziert, so dass nun fast jedes Konzert ausverkauft ist“, sagte Schell.

Auch Trauungen finden in dem einstigen Kloster statt. „Die Leute wollen nicht mehr kirchlich heiraten, aber auch nicht auf das Ambiente verzichten“, so Mießeler. „Das ist auch für uns immer ein Erlebnis“, bestätigte Schell.

Das Gesundheitszentrum bietet zahlreiche Angebote

Eine Vielzahl von Angeboten aus dem Bereich der Medizin und Gesundheit ist in den vergangenen Jahren im Kloster etabliert worden. Den Start machte die Physiotherapie Prosanum, die in das Obergeschoss eingezogen ist. Dazu gesellte sich eine Praxisgemeinschaft mit Internist Dr. Achim Viktor, Kinderärztin Dr. Miriam Viktor und Allgemeinmediziner Marc Puthen.

Zu einem wichtigen Feld hat sich gerade nach der Flut die Psychotherapie entwickelt. So wurde von der Gemeinde das Projekt „Wenn Kinderseelen leiden“ im Kloster angesiedelt. Im Rahmen einer befristeten Sonderermächtigung kann Erwachsenenpsychologin Regina Uhlig in ihrer Privatpraxis im Nettersheimer Kloster auch die Behandlung von Patienten, die an den Folgen der Flut leiden, über die Krankenkassen abrechnen. Anfang dieses Monats haben die Kinderpsychologinnen Sandra Krömer und Ulrike König ihre Praxis eröffnet.

„Der Bedarf ist groß“, sagte die aus Hellenthal stammende Krömer. Es gebe aufgrund der Unterversorgung im Südkreis Wartezeiten von bis zu zwölf Monaten bei der Terminvergabe: „Es ist belastend zu sehen, wie viel Not bei den Patienten ist.“ Als eine Ursache für Probleme sei immer noch die Corona-Zeit zu nennen, aus der viele Schwierigkeiten erwachsen, so König. Freundschaften seien zerbrochen, soziale Ängste haben sich entwickelt.

Die Akademie startet 2024 in Nettersheim

Bis zum Sommer 2024 wird es noch dauern, bis mit der im Kloster angesiedelten Akademie auch der Bildungsbereich abgedeckt ist. „Diese Akademie kann alle Bereiche abdecken“, sagte Marion Beil, die die Angebote im Kloster koordiniert. Mit dem Klostersaal und der Bibliothek gebe es gleich mehrere Räume, in denen Seminare und Meetings stattfinden können.

„Wir stellen die Räumlichkeiten, der Input kommt von außen“, so Crump. Es soll Angebote aus der gehobenen Erwachsenenbildung, etwa aus den Bereichen Start-up oder Yoga, geben. Vor allem Gesundheit soll einen Schwerpunkt bilden. „Es gibt viele Bildungsreisende, die auf den Startschuss warten“, so Beil. Vor einigen Wochen sei ein Probewochenende mit einigen Menschen veranstaltet worden, die Seminare anbieten: „Die waren begeistert.“

15 Zimmer mit 20 Betten stehen bereit. Doch um Übernachtungsgäste angemessen unterbringen zu können, fehlt es noch an einer Verpflegungsmöglichkeit. „Im Untergeschoss entsteht ein Speisesaal, der, wenn keine Belegung da ist, für die Öffentlichkeit als Kulturbistro mit regelmäßigen Abendveranstaltungen dienen soll“, sagte Crump.

Wenn das fertiggestellt sei, sei der Deckel drauf auf dem Gesamtkonzept Kloster. Dann könne noch der Klostergarten entwickelt werden. Dort steht eine Sonderbaufläche von drei Hektar zur Verfügung, in der Gesundheitsangebote im Rahmen von „Fitnessstudio Natur“ entwickelt werden.


Die Geschichte des Klosters

Das ehemalige Herz-Jesu-Kloster der Cellitinnen wurde in den Jahren 1919 und 1920 errichtet. Die Einweihung erfolgte 1921. Das Kloster wurde in der Folgezeit in verschiedener Weise genutzt. So waren dort zeitweise ein Kindererholungsheim und eine Hauswirtschaftsschule untergebracht, es war Ausweichkrankenhaus, Reha-Einrichtung für Kriegsversehrte und schließlich auch Alten- und Pflegeheim.

2015 wurde das Kloster von der Gemeinde erworben und mit Hilfe von Zuschüssen des Landes saniert. Auch wenn in den ersten Konzepten die Betreuung von Geflüchteten eine wichtige Rolle spielte, sollte das Gebäude doch immer als Begegnungszentrum dienen. „Wir versuchen, Angebote für alle Bürger bereitzustellen und Synergien zwischen den Bereichen zu entwickeln“, sagte Alexander Mauel, Teamleiter Naturerlebnisdorf Nettersheim. Gerade die Kapelle könnte in einem kirchlichen Umfeld nicht so bespielt werden, wie es jetzt geschehe. „Wir haben hier Events vom 3D-Vortrag über Konzerte und Kräutertag bis hin zum Transient-Festival“, sagte er. (sev)

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