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Prozessauftakt gegen Uwe SchmitzEine halbe Stunde für die Anklage

Lesezeit 3 Minuten

Uwe Schmitz (r.) mit seinen Verteidigern Hagen S. Seipel (l.) und Elmar Kirst vor Beginn der Verhandlung.

Gemünd – Ruhig und aufgeräumt wirkt Uwe Schmitz, als er mit seinen Anwälten Hagen S. Seipel und Elmar Kirst aus Richtung Parkallee zum Amtsgericht geht. Während die Anwälte sich an diesem kalten Wintermorgen in dicke Jacken hüllen, hat Schmitz zu seinem dunklen Anzug, an dessen Revers ein kleines, silbernes Kreuz steckt, nur einen Wollschal zum Schutz vor der Kälte umgebunden. Nervös sei er nicht, sagt Schmitz. Er habe einen recht normalen Morgen verbracht: „Ich bin aufgestanden, habe gefrühstückt und bin eine halbe Stunde mit dem Hund im Wald gewesen.“

Unzählige Male ist Schmitz in seiner Zeit als Anwalt in diesem Gericht gewesen, hat seine Mandanten vertreten. Nun wird er selbst auf dem Platz des Angeklagten sitzen. Ob das ein sehr eigenartiges Gefühl sei? Mit einem kleinen Lächeln gibt er preis, dass dies nicht die Premiere für ihn ist: „Ich habe da schon mal gesessen, als ich zu schnell gefahren war.“

Keine Angaben des Angeklagten

Im Gerichtsgebäude wird deutlich, dass Schmitz hier kein Unbekannter ist: „Morjen Uwe“ schallt es ihm von einem der Justizbeamten, die die Kontrollen am Eingang durchführen, entgegen. Schmitz schiebt seine schwarze Aktentasche durchs Durchleuchtungsgerät, begrüßt den Mann mit Handschlag.

Im Gerichtssaal nimmt Schmitz auf der Anklagebank Platz, flankiert von seinen Anwälten. Knapp ein Dutzend Zuschauer erheben sich von den Sitzen, als Richterin Claudia Giesen mit den beiden Schöffen den Saal betritt und das Verfahren eröffnet. Schmitz selbst macht keinerlei Angaben, lässt er durch seinen Verteidiger ausrichten.

Nun erhebt sich Oberstaatsanwalt Wilhelm Muckel, um die Anklage zu verlesen. Zahlungsdaten, Geldbeträge und Namen reihen sich aneinander. Mittendrin in der Aufzählung droht ihm der Gaumen durch die Litanei der nicht enden wollenden Fälle, Eurobeträge und Rückzahlungen trocken zu werden. Doch Muckel lässt sich nicht aufhalten, trägt die Anklage bis zum Schluss vor.

Eine knappe halbe Stunde präsentiert Muckel die drei Anklageschriften, in denen die Staatsanwaltschaft 27 Fälle auflistet. Schmitz wird vorgeworfen, Mandantengelder veruntreut oder verspätet ausgezahlt zu haben. Die Bandbreite der Beträge reicht von mehreren zehntausend Euro bis hinunter zu 70 Euro. Insgesamt beträgt die Schadenssumme in den angeklagten Fällen rund 123 000 Euro, von denen bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens im September 96 000 Euro zurückgezahlt worden seien. Die restlichen Beträge seien noch nicht zurückerstattet.

Strafe und Berufsverbot?

Weiterhin werden acht Fälle verhandelt, in denen Schmitz Vorauszahlungen von Rechtsschutzversicherungen nicht zurückgezahlt haben soll – obwohl die Verfahren von seinen Mandanten gewonnen wurden und Gerichts- und Anwaltskosten von der Gegenseite getragen werden mussten. Schmitz habe auf Nachfragen der Versicherungen nicht geantwortet oder falsche Auskünfte über den Stand des Verfahrens gegeben. Diese Fälle sind als gewerbsmäßiger Betrug angeklagt. Muckel betont die Wiederholungsgefahr, die bestünde, wenn Schmitz wieder als Anwalt praktizierte. Er strebt deshalb in diesem Verfahren auch ein Berufsverbot an.

Schmitz nimmt all dies nahezu regungslos zur Kenntnis. Er blättert in einer Akte, schaut zu seinem Anwalt, kurz wird im Flüsterton gesprochen. Mal legt Schmitz die Stirn in Falten, mal schüttelt er leicht den Kopf. Einzig sein Gesicht rötet sich mit zunehmender Dauer der Ausführungen Muckels – jedoch ist dies nicht gerade selten bei Schmitz zu beobachten. Als Muckel fertig ist, atmet Schmitz etwas tiefer durch.

Nach der Anhörung des ersten von insgesamt 38 in diesem Prozess bislang geladenen Zeugen endet die Verhandlung nach etwa anderthalb Stunden. Das dürfte Schmitz begrüßen. Beim Betreten des Gerichts hat er gesagt, dass es ihm nicht unrecht sei, wenn die Verhandlung nicht zu lange dauert – er habe in seinem Büro genügend Arbeit auf dem Schreibtisch liegen.