Nach mehr als 100 TitelnAbschied von Schleidener Erfolgstrainer Dieter Dreßen

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Taekwondo-Trainer Dieter Dreßen mit Jessica Rau.

Sein letztes Training leitete Dieter Dreßen, hier mit der zweifachen Europameisterin Jessica Rau,beim Taekwondo-Club Schleiden.

Zu weit mehr als 100 nationalen und internationalen Titeln hat Taekwondo-Trainer Dieter Dreßen seine Schützlinge in Schleiden geführt. Jetzt hört er auf.

Jede Turnhalle der Welt hat ihren eigenen Geruch. Es riecht nach Schweiß und alten Schuhen, manchmal nach Angst, vergessenem Turnbeutel und schlechten Schulnoten. Doch in der Taekwondohalle in Gemünd lag nun vor allem Wehmut in der Luft. Denn nach 42 Jahren im Verein leitete Dieter Dreßen zum letzten Mal das Training des Taekwondo-Clubs Schleiden.

Es seien gesundheitliche Gründe, die ihn zu diesem Schritt bewogen hätten, sagt der 65-jährige Erfolgstrainer. In seiner Paradedisziplin, dem Formenlauf oder auch Poomse, errang er nicht nur eigene Erfolge. Es gelang ihm auch, mit Jessica Rau und Triumf Beha zwei Sportler zum Gewinn der Europameisterschaft zu führen.

Serie „Kung Fu“ machte die  Taekwondo-Hallen voll

1979 sei er in den Verein eingetreten, erinnert sich der gebürtige Kaller. Damals habe es einen Run auf Taekwondo gegeben – auch im Nachgang der Serie „Kung Fu“. Die Hallen seien voll gewesen. „Es hat mich gereizt. Als Kind habe ich schon einmal Jiu-Jitsu gemacht“, erinnert er sich. Über die Bekanntschaft mit Josef Wagner sei er zum Verein gekommen, in dem er mit einem weißen Gurt begann. Und heute? „Ich habe den 6. Dan, ich bin Großmeister.“

So etwas so lange zu machen, geht nur, wenn man das mit Herzblut macht.
Dieter Dreßen

1986 sei er erstmals zu Meisterschaften gefahren und habe den Trainerschein gemacht. „Die Leidenschaft für den Formenbereich ist da gewachsen“, so Dreßen. Dabei sei es ihm nicht nur um die eigene Karriere gegangen, sondern auch um die Förderung des Nachwuchses. „So etwas so lange zu machen, geht nur, wenn man das mit Herzblut macht“, stellt Dreßen fest. „Er war nicht immer ein beliebter Trainer“, ergänzt Wagner, der ihn seit vielen Jahren kennt. Dreßen habe immer versucht, für seine Schüler das Beste herauszuholen. „Dafür hat er sich auch mit den Kampfrichtern angelegt“, so Wagner.

Schwieriges Verhältnis zur Funktionärsriege

Zur Funktionärsriege, so Dreßen, sei das Verhältnis ebenfalls nicht immer gut gewesen. Beim Gewinn der Internationalen Deutschen Meisterschaft 2009 und 2010 in Ingolstadt habe er den damaligen Präsidenten der Deutschen Taekwondo Union (DTU) um Längen geschlagen.

Der habe sich gerächt, indem er die Klasse Ü50 nicht für die Teilnahme an der Welt- und Europameisterschaft gemeldet und damit Dreßens internationale Karriere beendet habe. „Das war Futterneid“, stellt Dreßen unmissverständlich klar.

Was für eine Lücke Dreßen hinterlässt, macht Jessica Rau deutlich: „Er war der, der mich von einer Taekwondo-Sportlerin aus der Eifel zur Europameisterin gemacht hat.“ 15 Jahre habe er sie begleitet und motiviert. Um mit seinen Schützlingen zu den Turnieren zu fahren und Hotelkosten zu sparen, habe er extra ein Wohnmobil angeschafft, in dem fünf Jugendliche plus Trainer übernachten konnten.

Das Training habe er immer super gemacht. „Reaktion, Koordination und Teamgeist, das ist sein Ding“, urteilt Rau. Und offenkundig ein gutes Auge. „Ich sehe am Gang, wenn jemand in die Halle reinkommt, ob die Person Talent hat“, sagt Dreßen: „Alle, die ich trainiert habe, waren im Landeskader NRW.“

Zeitweise sei sein Team der Platzhirsch gewesen, habe auf jedem Turnier die ersten Plätze abgeräumt – gegen viel größere Vereine. Sportler aus seinem Team haben 35 Landestitel, 117 internationale Titel, drei Europameistertitel und einmal Bronze bei der Weltmeisterschaft gewonnen sowie zig Vizetitel und Bronzemedaillen.

Schleidener Verein räumte 2018 bei der Sportlerwahl ab

2018 hat der Schleidener Verein die Titel bei der Wahl zum Sportler des Jahres im Kreis Euskirchen bei den Männern, den Frauen und dem Team abgeräumt. Jessica Rau gewann 2020 die Wahl zur „Sportlerin des Jahrzehnts“ dieser Zeitung. „Er hat an uns geglaubt, er kann die Sachen, und er kann es auch vermitteln“, lobt Jessica Rau den Trainer. Auch in dieser Funktion tritt sie in Dreßens Fußstapfen. Nachdem sie beim PSV Trier als Trainerin aktiv war, ist sie aktuell Techniktrainerin beim Landeskader NRW.

Abschließend geklärt ist die Nachfolge Dreßens in Schleiden noch nicht. Gemeinsam mit Jürgen Nettersheim steht Rau bereit. „Wir werden mit dem Vorstand eine Lösung erarbeiten“, kündigt sie an.

Dieter Dreßen will erstmal gesund werden

Doch auch über das Training hinaus sei Dreßen wichtig für den Verein, betont Wagner. Viele Reparaturen, die Ventilatoren an der Decke, die Elektroinstallationen und Sanitäreinrichtungen trügen seine Handschrift. „Wer durch die Halle geht, sieht überall Dieter“, sagt Wagner.

Gesund wolle er erst einmal werden, sagt Dreßen. Doch seine Leidenschaft für den Sport und den Verein kann er nicht verhehlen: „Wenn ich körperlich fit bin, fahre ich im Februar mit auf das nächste Turnier.“


Poomse

Die Athleten treten im Taekwondo neben den eigentlichen Wettkämpfen auch im Formenlauf an, dem Poomse oder Poomsea. Dabei werden festgelegte Bewegungsabläufe gezeigt, die einen Kampf ohne Gegner simulieren. Die Disziplin „Freestyle“ gibt es neben den traditionellen Formen, bei der die Sportler eine eigene Choreographie zu Musik entwerfen und vorführen. (sev)

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