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MilchmarktBauern machen ihrem Ärger Luft: Jedes Melken ist ein Verlustgeschäft

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Symbolbild.

Schleiden-Gemünd – Der Freitagabend war bestimmt keiner der angenehmsten Termine für Peter Bleser. Praktisch allein sah sich der Parlamentarische Staatssekretär des Bundeslandwirtschaftsministeriums rund 80 ziemlich schlecht gelaunten Milchviehhaltern gegenüber, die wenig Zurückhaltung bei der Äußerung ihres Unmutes zeigten. Doch der CDU-Politiker zeigte sich unbeeindruckt von den Situationsschilderungen und Forderungen der Landwirte, die bei einem Milchpreis von unter 25 Cent pro Liter unter ihren Kosten produzieren müssen.

Produzieren unterhalb der Kosten

Fast deckungsgleich waren Blesers Eingangs- und Schlussstatements, so dass jeder, der mit der Hoffnung auf ein Einlenken gekommen war, enttäuscht den Heimweg antreten musste. In den Kursaal hatte der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) zur Podiumsdiskussion geladen. Rund 80 Landwirte waren gekommen. Seit die Milchquote im Frühjahr 2015 freigegeben wurde, fällt der Preis. Waren es vor Jahresfrist rund 29 Cent pro Liter, berichteten im Saal Landwirte aus dem Sauerland, dass sie aktuell 15 Cent erhalten.

„Jedes Mal, wenn ich in den Stall gehe, um zu melken, verliere ich 100 Euro“, brachte es Michael Alterauge auf den Punkt. Ob der hohen Mengen auf dem Milchmarkt fordern die Bauern Interventionen. Besonders verbitterte es viele, dass sich kein Vertreter des Bauernverbands RLV bereiterklärt hatte mitzudiskutieren. „Die haben nicht den Hintern in der Hose, um für die Dinge einzustehen, die sie selbst verursacht haben“, war da im Saal zu hören. Schließlich sei dies nach 2009 und 2012 die dritte Krise auf dem Milchmarkt, ohne dass Besserung in Sicht sei. 85 Prozent der Landwirte seien mittlerweile aus dem Markt.

„Das war ein Tribunal“

So musste sich Bleser allein den Argumenten gegen die durch ihn vertretene Politik stellen. Nicht zum ersten Mal, wie er zugab. Mit Moderator Bernd Schmitz von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft hatte er bereits einmal eine Veranstaltung in Lindlar absolviert. „Das war ein Tribunal“, erinnerte er sich. So schlimm sollte es in Gemünd nicht werden. Auch wenn immer wieder Empörung zu hören war, waren die Eifelbauern relativ gesittet. Die Talsohle beim Preis sei vermutlich noch nicht erreicht, sagte der Staatssekretär. Die Mengen, die von anderen Staaten kämen, seien nicht zu beeinflussen, deshalb sei eine Mengenreduktion nicht sinnvoll. Überhaupt: „Das dürfen wir nicht und das wollen wir nicht“, konstatierte er.

Hoffnung biete das neue Agrarstrukturgesetz, das Bauern und Molkereien Möglichkeiten biete, die Mengen freiwillig zu reduzieren. Nicht nur Hans Foldenauer, Sprecher des BDM, widersprach: „In der gemeinsamen Marktordung sind Mengenregelungen möglich.“ Schließlich hat der Verband ein System ausgearbeitet, um finanzielle Anreize für die Bauern zu schaffen, die weniger produzieren. Zurzeit versuchten viele, ihre Kosten mit mehr Produktion aufzufangen – was die Preise weiter fallen lasse. So sollten aus Mitteln der Überquotierung Hilfen gezahlt werden, die nicht einmal Steuergeld kosteten, so Foldenauer.

„Die Molkereien haben kein Interesse, dass die Preise wieder steigen“, stellte ein Landwirt fest. Für die sei die Milch der größte Kostenfaktor bei der Produktion. „Wenn ich einen Stall für 80 Kühe baue, kriege ich nichts, wenn ich einen für 400 baue, bekomme ich staatliche Förderung“, skizzierte ein Landwirt aus Kall. „Ihre Aussagen stimmen nicht“, sagte auch Michael Braun vom BDM-Landesvorstand zur Argumentation des Staatssekretärs. Doch der ließ sich nicht beeindrucken: „Wir werden die Talsohle durchschreiten.“

„Dann werden nicht mehr viele von uns übrig sein“, war als Antwort im Saal zu hören.

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