OberverwaltungsgerichtGeschäfte bleiben an Sonntagen in Schleiden zu

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Symbolbild

  • Das Gericht hat die Verordnung, die die Öffnung möglich gemacht hätte, auf Antrag von Verdi gekippt.
  • Nun wird im Rathaus an einer neuen Verordnung gearbeitet.
  • Glück hatten die Geschäftsleute in Gemünd.

Schleiden – Das hatte man sich im Schleidener Rathaus ganz anders vorgestellt. Um den durch Corona schwer geplagten Einzelhandel zu unterstützen, sollten im Herbst und Winter mehrere verkaufsoffene Sonntage in Schleiden und Gemünd stattfinden. Die Verordnung war erst vor zwei Wochen vom Stadtrat beschlossen worden.

Doch das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat die Verordnung jetzt auf Antrag der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im Rahmen eines Normenkontrolleilantrags gekippt und die Öffnungen untersagt. Nun wird im Rathaus an einer neuen Verordnung gearbeitet.

Die Termine sind nicht mit Veranstaltungen verknüpft

Glück hatten die Geschäftsleute in Gemünd: Sie durften am vergangenen Sonntag noch öffnen, weil es der Stadt nach Meinung des OVG nicht zuzumuten war, die Veranstaltung am Freitag noch kurzfristig abzusagen. Die Mehrheit des Stadtrats hatte am 3. September beschlossen, am 11. Oktober und 6. Dezember in Schleiden sowie am 13. September, 11. Oktober, 8. November und 13. Dezember in Gemünd verkaufsoffene Sonntage zuzulassen.

Der Haken: Die Termine waren nicht mit Veranstaltungen wie Kirmes oder Stadtfest verknüpft, weil in Corona-Zeiten ohnehin nicht absehbar ist, ob die Feiern überhaupt stattfinden können. Deshalb bezog sich die Verordnung auf einen Erlass des Landes Nordrhein-Westfalen, der auch Öffnungen zur Bekämpfung der Auswirkungen der Corona-Pandemie erlaubt.

Bürgermeister hat Verordnung in den Rat eingebracht

Doch das OVG hatte Ende August entschieden, dass verkaufsoffene Sonntage für den Einzelhandel nicht nur mit dem Verweis auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie genehmigt werden dürfen, und die entsprechenden Verordnungen von zwei Städten außer Kraft gesetzt. Deshalb hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Heller die Verwaltung auch schon in der Sitzung gewarnt und auf die beiden Städte verwiesen.

„Ich bin sehr verärgert darüber, dass der Bürgermeister eine ordnungsbehördliche Verordnung in den Rat eingebracht hat, die bekanntermaßen rechtswidrig war und vom Rat erwartete, sehenden Auges einer rechtswidrigen Regelung seine Zustimmung zu erteilen“, kritisiert Heller das Vorgehen von Verwaltungschef Ingo Pfennings.

Die Ratsmehrheit war schließlich auch der Verwaltung gefolgt

Auf den Vorschlag von Heller in der Sitzung, die betreffende Vorlage zurückzuziehen, um eine neue Verordnung auszuarbeiten, die die aktuelle Rechtsprechung des OVG berücksichtigt, war der Erste Beigeordnete Marcel Wolter nicht eingegangen. Die Ratsmehrheit war schließlich auch der Verwaltung gefolgt.

„Mit diesem vorgeblich einzelhandelsfreundlichen Vorgehen hat man den Geschäftsleuten in Schleiden keinen Gefallen getan, sondern wertvolle Zeit für eine sinnvolle Regelung vertan“, ist Heller verärgert. Das OVG hatte der Stadt am Freitag mitgeteilt, dass es keinen Zweifel gebe, dass der Normenkontrollantrag von Verdi erfolgreich sein werde.

Das Risiko ist man bewusst im Sinne der Geschäftsleute eingegangen

„Wir wussten, dass es sich um eine rechtsunsichere Verordnung handelt. Aber wir haben sie in der Hoffnung erlassen, dass es keine Klagen gibt“, erklärte Marcel Wolter. Das Risiko sei man bewusst im Sinne der Geschäftsleute eingegangen, die unter der Corona-Krise leiden.

„Ich bin enttäuscht, sogar schockiert über das Vorgehen von Verdi. Dass eine Gewerkschaft, die sich unter anderem für soziale Gerechtigkeit und faire Bezahlung einsetzt, wissentlich Arbeitsplätze und gar ganze unternehmerische Existenzen mit ihren Klagen gefährdet, macht mich sprachlos“, meinte ein angefressener Ingo Pfennings. Zumal die Stadt dem Wunsch von Verdi entsprochen habe, dass die Mitarbeiter selbst entscheiden könnten, ob sie arbeiten.

In Schleiden gibt es keine internationalen Ketten

„Im Gebiet der Stadt Schleiden haben wir keine internationalen Ketten, sondern zumeist inhabergeführte Unternehmen, in denen diese oft selbst hinter der Theke stehen“, betont der Bürgermeister. In einer touristischen Region wie der Eifel seien gerade die Umsätze von Tagesgästen an verkaufsoffenen Sonntagen überlebenswichtig für den Erhalt der Geschäftswelt.

„Über die juristische Bewertung des Ganzen kann man sicher trefflich streiten, aber gerade in der aktuellen Zeit der Corona-Pandemie konterkarieren solche Klagen die Bemühungen der örtlichen Wirtschaftsförderung und erschweren den Überlebenskampf der Betriebe – das sollte auch Verdi und der SPD bewusst sein.“ Er sei froh, dass zumindest ein verkaufsoffener Sonntag stattgefunden habe. „Gemünd war voll Besucher, die für gute Umsätze gesorgt haben“, berichtete Pfennings von Rückmeldungen der Geschäftsleute. Die Verwaltung habe auch keine Arbeitszeit verschwendet, „denn die Verordnung war schon so gut wie fertig, als die Urteile des OVG eintrafen“, so der Verwaltungschef.

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SPD-Chef Heller sieht dagegen den Fehler im Rathaus. Es sei unzulässig, nun den Schwarzen Peter Verdi zuzuspielen und damit vom eigenen Fehlverhalten abzulenken. „Verdi hatte schriftlich ausführlich Bedenken geäußert. Aber auch die IHK Aachen hatte in einer schriftlichen Stellungnahme auf die aktuelle Rechtsprechung des OVG hingewiesen und zur Berücksichtigung aufgefordert.“

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