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Im KatastrophenfallStadt Schleiden will Bürger besser informieren und schützen

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Wolfgang Fuchs (l.), Leiter der Stabsstelle für den Katastrophenschutz, und Bürgermeister Ingo Pfennings stehen vor einer Schreibtafel mit dem Wort Katastrophe.

Die neue Stabsstelle Brand- und Katastrophenschutz wird von Wolfgang Fuchs (l.) in enger Zusammenarbeit mit Bürgermeister Ingo Pfennings geleitet.

Eine eigene Stabsstelle kümmert sich in Schleiden künftig um den Brand- und Katastrophenschutz. Geleitet wird sie von Wolfgang Fuchs. 

„Die Welt hat sich verändert. Jederzeit kann überall irgendetwas passieren“, betont der Schleidener Bürgermeister Ingo Pfennings. Das habe nicht zuletzt die Flut 2021 gezeigt. Deshalb habe die Stadt entschieden, sich zum Thema Katastrophenschutz besser aufzustellen und eine Stabsstelle Brand- und Katastrophenschutz einzurichten. Geleitet wird sie ab dem 1. Januar vom Leiter der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt, Wolfgang Fuchs.

„Der gesellschaftliche Wandel, die weltweiten Fluchtbewegungen sowie die immer neuen und komplexeren Aufgaben, die den Ordnungsämtern übertragen wurden, haben dazu geführt, dass die Belastungen der Mitarbeiter quantitativ und qualitativ gestiegen sind“, berichtet Pfennings. Ein Bereich, in dem die Arbeitsbelastung regelrecht explodiert sei, seien Zwangseinweisungen nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten.

„Das betrifft beispielsweise Menschen, die verwahrlost allein in ihrer Wohnung sitzen, aber auch Obdachlose, die bei Minusgraden auf der Straße angetroffen werden“, führt Pfennings aus. Diese Arbeit sei für die Mitarbeiter auch emotional eine große Herausforderung. „Da gibt es ja auch viele traurige Geschichten über Menschen, die wegen eines Schicksalsschlags abgerutscht sind.“ Beim Hunderecht, Einbürgerungen, Wildschäden und die Regulierung des ruhenden Verkehrs steige der Aufwand ebenfalls rasant.

Vieles, wie die Ausstattung der Orte mit Defibrillatoren, die Umstellung der Sirenenalarmierung auf Digitaltechnik und die technische Ausstattung der Verwaltung für Notsituationen habe die Verwaltung noch umsetzen können. Auch die Ausstattung der Feuerwehr sei in den vergangenen Jahren verbessert und bis zu vier Millionen Euro investiert worden.

Für Schulungen und einiges mehr fehlt die Zeit

„Drei Grundlagenschulungen, zwei davon mit der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und zivile Verteidigung in Bad Neuenahr, wurden durchgeführt“, erzählt der Verwaltungschef. Für Übungen mit allen Mitarbeitern der Verwaltung, weiterführende Schulungen oder die Ausarbeitung von schriftlichen Handlungsanweisungen fehle aber schlichtweg die Zeit. Aus diesen Gründen habe man entschieden, das Ordnungsamt zu entlasten und eine Stabsstelle für den Katastrophenschutz einzurichten.

„Für viele Menschen ist durch die Brandserie im Johannes-Sturmius-Gymnasium sowie durch Corona und die Flut spürbar geworden, wie wichtig ein professionelles Krisenmanagement ist“, erklärt Fuchs. Er wird die neue Stabsstelle im Rahmen einer dreiviertel Stelle leiten. Die wurde ebenso neu geschaffen wie eine Halbtagsstelle. Zusätzlich wechselt ein Mitarbeiter des Ordnungsamts in die Stabsstelle, der mit zwei Gerätewarten zusammenarbeitet, die auf 520-Euro-Basis eingestellt wurden.

Zahlreiche Katastrophenszenarien sind möglich

„Mögliche Szenarien unserer Arbeit sind Waldbrände, Überschwemmungen, starke Orkane oder heftige Schneefälle, die einen großflächigen Stromausfall verursachen“, erklärt Fuchs. Stromausfälle habe es auch schon früher gegeben, durch den Klimawandel und die geopolitische Lage gebe es aber mehr potenzielle Ursachen dafür. „Auch der Krieg in Israel sorgt für ein zusätzliches Bedrohungsszenario.“

Um in Katastrophenfällen besser aufgestellt zu sein, habe die Stadt jetzt ein Funknetz für die Verwaltung eingerichtet, so Pfennings. Zu diesem Zweck habe man eigens einen Repeater an einer hohen Stelle im Stadtgebiet positioniert. Für die Verteilung der Funkgeräte werde noch ein Konzept erstellt.

Zerstörte Feuerwehrfahrzeuge bis auf eines ersetzt

Darüber hinaus habe man auch ein mobiles Starkstromaggregat angeschafft, das überall einsetzbar sei. Heizstrahler habe man ebenfalls besorgt, damit im Notfall einige Büros einsatzbereit seien.

„Von den fünf Feuerwehrfahrzeugen, die die Stadt bei der Flut verloren hatte, wurden bereits vier ersetzt. Zum Teil haben wir auch gebrauchte Fahrzeuge übernommen“, erklärte Pfennings. „Für Waldbrände wurden spezielle Löschausrüstung und Einsatzkleidung beschafft“, ergänzte Fuchs. Für 2026 sei die Anschaffung eines Fahrzeuges geplant, dessen Fahrgestell auf 1,20 Meter angehoben sei und das sich deshalb auch für den Einsatz im Gelände eigne. „Die Preise sind explodiert und haben sich in zwei Jahren verdoppelt“, so der Wehrleiter.

Eine Hauptaufgabe von Fuchs und seinen Mitarbeitern wird es sein, die Bürger besser zu informieren, wie sie sich vorbereiten und was sie im Katastrophenfall tun können. „Wir wollen in den Schulen und mit Unterstützung der Dorfgemeinschaften Schulungen anbieten“, sagte Fuchs. In anderen Ländern sei die Hilfe zur Selbsthilfe ein Schulfach. Die Leute müssten wissen, wo im Ort eine Notfallsammelstelle oder eine Wärmestube zu finden sei. „Es ist sehr hilfreich, wenn sich Menschen in Notlagen selbst helfen können“, unterstrich Pfennings.

Dazu gehöre auch, den Menschen die Warnsignale näher zu bringen. „Viele wissen heutzutage nicht mehr, wovor die Sirenensignale warnen. Wir haben auch bei der Flut die Erfahrung gemacht, dass manches Opfer mit mehr Informationen im Vorfeld zu verhindern gewesen wäre“, betonte der Bürgermeister.


Fuchs ist seit 34 Jahren bei der Feuerwehr aktiv

Wolfgang Fuchs hat nach eigenen Angaben 1989 bei der Jungfeuerwehr in Nettersheim angefangen. 2010 zog er mit seiner Frau nach Gemünd und wechselte zu den Schleidener Floriansjüngern. Seit 2019 ist er Mitglied der Leitung, seit 2021 Wehrleiter. Fuchs ist Bankkaufmann und Softwareentwickler und Geschäftsführer einer Firma, die auch Softwareprogramme für die Feuerwehr entwickelt hat. (wki)

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