Unterhaltsame Anekdoten aus anderen ZeitenAuf Kennenlern-Wanderung durch Küppersteg

Zahlreiche unterhaltsame Anekdoten und überraschende Fakten hat Peter Odenthal (rechts) auf Lager.
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- Im Rahmen von drei „Kennenlern-Wanderungen“ stellen Peter Odenthal und Pfarrer Bernd-Ekkehard Scholten die Stadtteile der neuen evangelischen Kirchengemeinde vor.
- Den Anfang machte Küppersteg mit vielen interessanten Geschichten.
- Weiter geht es am 9. August durch den Rheindorfer Winkel. Am 16. August ist nochmals Küppersteg dran.
Küppersteg – Am Bahnhof Küppersteg, Bürriger Seite, haben sich schon knapp 30 Menschen versammelt – alle auch an der frischen Luft mit Maske. Manche kennen sich schon, andere stehen noch etwas abseits. Es ist die erste von drei „Kennenlern-Wanderungen“ durch die Stadtteile der neuen evangelischen Kirchengemeinde an Dhünn, Wupper und Rhein. Peter Odenthal fragt ins Mikro, wer denn aus Rheindorf kommt, wer aus Bürrig, und wer sonst woher? – „Küppersteg“ ruft’s, und auch Opladener sind dabei. Pfarrer Bernd-Ekkehard Scholten hat die Führung organisiert, seit 20 Jahren sind er und Peter Odenthal, zweiter Vorsitzender der Stadtgeschichtlichen Vereinigung, miteinander befreundet.
Im Tandem durchs Viertel
Das Teamwork der beiden klappt an diesem Tag bei der Tour durchs Viertel sehr gut. Scholten trägt den Lautsprecher, aus dem Odenthals Stimme kommt – manchmal drehen sich die Köpfe des Publikums amüsiert hin und her, wenn Odenthal auf der einen, seine Stimme auf der anderen Seite der Gruppe ist. „Ich will Sie nicht mit historischen Fakten und Zahlen überschütten“, verkündet er, „nur ein bisschen was zu den Orten erläutern, an denen man so immer vorbeigeht.“ Gleich am Bahnhof erzählt Odenthal von der Abstimmung der Bürriger und der Küppersteger; davon, wie knapp die Namenswahl auf „Bahnhof Küppersteg“ fiel. Davor waren Bürrig und Küppersteg noch eine Gemeinde, die von der Sprengstofffabrik und den Ziegeleien lebte.
Die mittelalte Gruppe ist noch etwas größer geworden und bewegt sich nun am Backsteinbau des ersten Bürriger Postamts vorbei auf den „schwarzen Weg“, heute „Reuschenberger“ oder „Bürriger Weg“. Schwarz war er einst wegen der Schlacke, mit der er aufgeschüttet wurde. Doch auf den Weg achtet man schon gar nicht mehr, sofort kommt jeder mit jedem ins Gespräch. Pfarrer Scholten erzählt vom Zusammenschluss und der Gründung der Gemeinde zum 1. Januar dieses Jahres – eine schwierige Gründungszeit. Vor sechs Wochen konnte man endlich wieder etwas planen, um die Gemeindemitglieder zusammenzubringen, und so entstand die Idee für die Wanderungen. „Es dürfen natürlich auch alle kommen, das ist ganz konfessionsunabhängig“, sagt Scholten, „die Motivation ist das gegenseitige Kennenlernen“.
Bei einem Stück Zucker gab's einen Jungen – bei zweien ein Mädchen
An der Stephanusstraße findet sich die alte Bahnmeisterei. In der Mischbebauung ist auch das erste Gebäude des in Bürrig sehr aktiven Architekten Wilhelm Fähler zu entdecken: Mit für die 20er-Jahre moderner Ausstattung und Bauhaus-Elementen prägte er das Ortsbild. Auch das Carl-Duisberg-Gymnasium, die neue Feuerwehr und die ehemalige Katholische Volksschule stammen aus seinem Entwurf.

Dass sich an dieser Stelle in Bürrig die erste Coca-Cola-Abfüllstation mit eigenem Brunnen befand, kann man nicht ahnen, aber erfahren.
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Es geht vorbei am gelben Haus des Trompete spielenden alten Feuerwehrhauptmannes zur Stephanusstraße 13 – „Glauben Sie mir, dass man hier früher Kahn fahren konnte?“ Man glaubt es kaum. Mit großen Augen stehen selbst die Bürriger am Zaun und bestaunen den Teil des Gartens, in dem das alte Bett des mäandernden Rheins zu erahnen ist. Später zeigt Odenthal ein Schwarz-Weiß-Foto zum Beweis. Bis in die 50er-Jahre kamen die Kinder in Bürrig übrigens aus dem nahe liegenden „Reuschenberger Brünnschen“. Legte man ein Stück Zucker hin, bekam man einen Jungen – bei zwei Stückchen ein Mädchen.
Peter Odenthal weiß viele solcher märchenhaften Anekdoten. So auch die überlieferte Erzählung, dass einmal bei der Fronleichnamsprozession ein kleiner Elefant mitlief. Nur ein paar Häuser weiter ragt ein hoher Dreiecksgiebel auf: Hier hatte der weltberühmte Zirkus Holzmüller bis Ende der 30er-Jahre sein Winterquartier. Moni und Nelly, die Elefanten, konnten Zigarre rauchen – auch für seine Pferdedressuren und etliche andere Tiere war der Zirkus bekannt. Das ehemalige Elefantenhaus ist nun eine Garage.
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Die Vergangenheit scheint so fern. Auch an den Standorten, die die Gruppe bei angenehm bewölktem Wetter heute besichtigt, sind kaum noch Spuren ihrer Geschichte zu erkennen. Wenn man die Vorstellungskraft mitspielen lässt, kann man sich jedoch hineinversetzen in diese Zeit bis Ende der 60er, in der im Erdgeschoss der 1926 errichteten Feuerwehr einmal die Woche baden ging. Noch heute ragt hier der Turm zum Trocknen der Schläuche auf.

Einen Moment der Einkehr bereitete Pfarrer Bernd-Ekkehard Scholten den Mitwanderern in der lichten Petruskirche von 1957.
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Pause in der Petruskirche
Nach den ursprünglich angesetzten anderthalb Stunden ist die Führung noch lange nicht beendet, doch eine Pause in der Petruskirche lädt zum Verweilen ein. Hier wird klar, wie schnell eine Schweigeminute unter dem Fischernetz der Decke vergehen kann. Die großen Dreiecksfenster zeigen den Himmel. „Und nicht nur das, es ist auch eine Offenheit zur Welt“, erklärt Pfarrer Scholten. „Wir sind eine Stadt mit unheimlich viel Herz und was zu gucken“, so formuliert es Odenthal. „Und jeder der Stadtteile ist eine Blume in einem schönen Strauß.“
Die nächste Wanderung führt am Sonntag, 9. August, durch den Rheindorfer Winkel. Treffpunkt ist an der Hoffnungskirche. Am Sonntag, 16. August, geht es durch Küppersteg. Hier ist der Treffpunkt an der Post Ecke Landstraße/ Küppersteger Straße. Die Wanderungen beginnen jeweils um 14.30 Uhr, sind unentgeltlich und dauern mindestens anderthalb Stunden.