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Konzert der Westdeutschen SinfoniaGenuss, der nach mehr verlangt

3 min

Dirigent Dirk Joeres überzeugte mit Franz Schubert.

Leverkusen – Wenn Geigen, Bratschen und Celli nach einem bogentechnischen Marathon pünktlich mit dem letzten Ton ermattet in die Stuhllehne zurückfallen wie Jugendliche nach einem erfolgreichem Computerspiel, dann ist das auch Zeichen eines spannenden Spiels. Glücklich, aber groggy wirkte der gesamte Klangkörper. Dirigent Dirk Joeres taumelte sichtlich erschöpft von seinem Podest und der Applaus rauschte Franz Schuberts großer C-Dur-Sinfonie nach, als wollte das Publikum den Bewegungsdrang der Musik mit bloßen Händen und Füßen nachahmen.

Dirk Joeres, der mit seiner Westdeutsche Sinfonia unermüdlich zu immer neuen Projekten aufbricht, hat sich vorgenommen, Franz Schubert in seiner ganzen Bandbreite zu würdigen. Der Komponist zahlreicher Lieder und des lieblichen Rosamundemotivs zählt bei vielen Musikfreunden zu den Lieblingen. Aber ein großes Werk wie die C-Dur-Sinfonie offenbart Facetten, die aus der Welt des heimeligen, aus der Biedermeierzeit, die mit Schubert über lange Zeit in Verbindung gebracht wurden, hinausbrechen.

Start mit Beethoven

Geradezu visionär modern und mit verblüffenden Schnitten von fetzenden Fanfaren bis zum abrupten Gezupfe der Geigen hat Schubert gearbeitet. Doch die Große Sinfonie landete für einige Jahre im Archiv. Ein Ohrwurm wie die Unvollendete ist sie nicht. Eher eine Entdeckung – die damit verbundene musikalische Reise gestaltete das Orchester mit Verve.

Schon im ersten Teil des Konzertes im Rahmen des Klassik-Sonntags im Forum war ein Genuss. Beethovens „Coriolan“-Ouvertüre stand am Anfang und das Orchester zeigte mit Energie und Facettenreichtum, was für einen feinen Klang es entwickeln kann. Laut und leise sind in vielen Übergängen möglich, der klangliche Farbenreichtum ist Spitzenqualität.

Das Forum, das in diesem Jahr 50. Geburtstag feiert, war damals ausdrücklich als Kulturhaus ohne eigenes Ensemble gebaut worden. Anders als andere Großstädte leistet sich Leverkusen kein Orchester mit festangestellten Musikern. Umso wichtiger sind Ensembles wie die Westdeutsche Sinfonia Leverkusen, die die Messlatte mit Unterstützung von Sponsoren so hoch halten. Joeres bringt Musiker renommierter Orchester der Region zusammen und sie spielen Projekte, die für sie weniger mit Dienst als mit Passion zu tun haben. Das hört man. Und das ist gut für Leverkusen. Auch bei der Wahl der Solisten hat Joeres eine überaus glückliche Hand. Daniel Ottensamer, Shootingstar an der Klarinette, spielte Louis Spohrs Konzert Nummer 1c-Moll Opus 26. Fein und sehr auf das Gegenüber bedacht war der Dialog zwischen Solist und Orchester. Der Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker ist auch kammermusikalisch und als Solist unterwegs. Das Ergebnis lässt aufhorchen. Virtuose Musik, schwindelerregende Läufe und die Bandbreite von Verletzlichkeit bis Triumph sind immer eingebettet in den Gesamtklang. Das ist ein Hörgenuss, der nach mehr verlangt.