GerichtsprozessEhemaliger Agfa-Mitarbeiter erstreitet Rentenzahlung nach zehn Jahren

Eine Erinnerung an glorreiche Agfa-Tage, heute in Privatbesitz eines Mitgliedes unserer Redaktion.
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Leverkusen – Der Tag wird kommen. Aber wann? 2020, schätzen Beobachter, könnten die Gläubiger von Agfa-Photo befriedigt werden. 15 Jahre, nachdem die Firma – völlig überraschend und nur ein halbes Jahr nach ihrem Verkauf an den Münchner Investor Hartmut Emans – in die Pleite gerutscht war. Um die 1400 Menschen verloren ihren Job, unter ihnen viele Ältere. Sie setzten in ihrer Not auch auf ihre Betriebsrente.
Belgische Muttergesellschaft soll Insolvenz bewusst verursacht haben
Aber da haben sie die Rechnung ohne den Insolvenzverwalter gemacht. Das zeigt der Fall von Peter S. Sechs Jahre lang hat er vor Gerichten um seine Agfa-Zusatzrente gekämpft. Seit Ostern weiß er, dass er im Recht ist und seine Rente ausbezahlt werden muss, und zwar aus der Insolvenzmasse.
Allein, es nützt ihm nichts: Andreas Ringstmeier will die Agfa-Pleite erst zu Ende abwickeln, bevor er weiteres Geld auszahlt. Was noch dauern wird: Der Insolvenzverwalter klagt vor dem Internationalen Schiedsgerichtshof für Wirtschaft gegen Agfa Gevaert. Sein Vorwurf: Die belgische Muttergesellschaft hat die Insolvenz ihrer gerade abgegebenen Foto-Sparte bewusst verschuldet. Das wollte freilich auch schon Hartmut Emans beweisen – und scheiterte vor dem ICC.
Streit über Lizenzabgaben
Hintergrund dieser Affäre sind Streitigkeiten über den Kaufpreis der Foto-Sparte sowie weitere Unstimmigkeiten etwa über Lizenzabgaben für die Foto-Drucker in den Agfa-Laboren auf der ganzen Welt. Im Zuge dieser Konflikte hatte Agfa Gevaert Geld einbehalten. Nach Ansicht von Hartmut Emans hat das die Pleite nach nur sechs Monaten zumindest mitverursacht.
Insolvenzverwalter Ringstmeier sieht das so ähnlich – und erhofft sich Entschädigung im dreistelligen Millionenbereich. Freilich wird der ICC kaum vor Mitte 2018 zu einem Urteil kommen. „Und bis es dann zu einer Schlussverteilung im Insolvenzverfahren kommt, dürften wohl noch einmal ein bis zwei Jahre ins Land gehen“, sagt Hartmut Hilden. Agfas vormaliger Unternehmenssprecher widmet sich der Pleite und ihren vielfältigen Folgewirkungen intensiv.
Kläger darf entgangene Rente als Insolvenzforderung melden
So auch dem Fall Peter S., der seine Zusatzrente ab 2010 hätte ausbezahlt bekommen müssen, wie er meint. Vor den Arbeitsgerichten fiel er damit auf die Nase, was ihm über die Jahre einen finanziellen Verlust im fünfstelligen Bereich eingebracht hat. Immerhin: Das Landesarbeitsgericht in Köln betonte in seinem Urteil, dass Peter S. die entgangene Rente als Insolvenzforderung anmelden darf. Angesichts einer Quote, die bei 60 Prozent liegen dürfte, ist das mehr als ein schwacher Trost.
Der Insolvenzverwalter sieht die Sache allerdings anders. Also musste S. erneut klagen. Diesmal habe er schon in der ersten Instanz recht bekommen, berichtet Hartmut Hilden. Aber Ringstmeier sei in Berufung gegangen, was die Sache nochmals um eineinhalb Jahre verzögerte. Erst seit ein paar Tagen liegt das Urteil des Landesarbeitsgerichtes vor, in dem Peter S. endgültig recht bekommt. Er wird die Zusatzrente ausgezahlt bekommen, wenn auch nur in Höhe der Insolvenzquote. Und mit zehn Jahren Verspätung.