Rotes KreuzFeldkoch bereitet 10.000 Mahlzeiten für die Helfer und Flutopfer

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Das DRK hat in Grafschaft eine Zeltstadt aufgebaut: In den zwölf Küchen wird für Helfer und Flutopfer gekocht.

Das DRK hat in Grafschaft eine Zeltstadt aufgebaut: In den zwölf Küchen wird für Helfer und Flutopfer gekocht.

Oberberg – Es war sein bislang größter Einsatz. Im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes Oberberg hat Martin Schmidt (40) dabei geholfen, im von der Flut schwer getroffenen Rheinland-Pfalz 10 000 Menschen mit Essen zu versorgen. Denn der Oberberger gehört beim DRK zu einer kleinen Gruppe von Spezialisten – er ist einer von sieben ausgebildeten Feldköchen des Kreisverbandes.

Auch privat steht der Lindlarer gerne am Herd, doch mit dem Ehrenamt des Feldkochs hat der Küchenzauber daheim nicht viel gemein. Feldköche rechnen nicht in Gramm, sondern in Tonnen. Bis zu fünf Tonnen Mahlzeiten pro Tag bereiteten Schmidt und Kameraden im von mehreren deutschen DRK-Verbänden betriebenen Verpflegungszentrum in der Gemeinde Grafschaft im Landkreis Ahrweiler zu.

Mobile Küchen

Die klassische Gulaschkanone als Fahrzeuganhänger gibt es im nordrhein-westfälischen Katastrophenschutz nicht mehr, sagt Johannes Ufer, Sprecher des DRK-Einsatzdienstes. Mittlerweile verfügen die Feldköche der Rotkreuzler über anderes Küchenequipment. Jede der drei Einsatzeinheiten, die das DRK Oberberg betreibt, hat eine Betreuungsgruppe, in der mindestens zwei Feldköche tätig sind. Kreisweit hat das DRK derzeit sieben ausgebildete Feldköche. Sie können auf eine besondere Kochgelegenheit zugreifen: In diesem Jahr hat der Kreisverband gemeinsam mit dem Oberbergischen Kreis einen Container bauen lassen und diesen in Eigenleistung mit einer Küche ausgestattet. Sie ist beim DRK Lindlar stationiert und kann auf einen Lkw verladen und an Einsatzorte transportiert werden. Zudem verfügt das DRK über eine in Radevormwald stationierte Modulküche, die in einem Zelt aufgebaut werden kann. Von diesem Modell sollen noch zwei weitere über den DRK-Landesverband angeschafft werden. (ag)

Dort war eine kleine Zeltstadt aufgebaut mit zwölf Feldküchen und allem, was sonst noch gebraucht wird: Spülstraße, Waschmaschinen, Trockner, Dusch- und Toilettencontainer, Ruhezelt und und und. „Logistisch war das schon eine Leistung“, berichtet Schmidt: „Zusätzliche Wasserleitungen wurden verlegt und ein eigenes Abflusssystem für die Küchen geschaffen, es gab diverse Notstromaggregate und Kühlanhänger.“

 „Für 100 Liter Nudelwasser braucht man mindestens 800 Gramm Salz“

Seit seinem 18. Lebensjahr engagiert sich Schmidt, der hauptberuflich bei der Stahlfirma Schmidt+Clemens in Kaiserau arbeitet, für die Rotkreuzler – zuerst als Zivildienstleistender, dann im Ehrenamt. Um Feldkoch zu werden, machte er ab 2002 zunächst eine Verpflegungshelfer-Ausbildung. Auf der sattelte er an vier Wochenenden an der DRK-Landesschule in Düsseldorf die Lehrgänge zum Feldkoch auf. Neben Lebensmittelkunde und -hygiene ging es dabei besonders um das Kochen in großen Mengen. Schmidt nennt ein Beispiel: „Für hundert Liter Nudelwasser braucht man mindestens 800 Gramm Salz.“

Sein Einsatz in Ahrweiler macht die Mahlzeit-Dimensionen noch erstaunlicher: „Um 10 000 Menschen zu versorgen, haben wir 5000 Liter Eintopf gekocht.“ Das entspricht einer Füllmenge von gut 33 Badewannen. Einmal gab’s Rinderbraten mit Klößen und Rotkohl, allerdings nur für einen engeren Helferkreis von 1000 Personen – da brauchte es dann „nur“120 Kilo Rotkohl und 2000 Klöße.

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So viele Mahlzeiten zuzubereiten, ist vor allem eine Sache der Logistik und technischen Ausstattung. Die Einsatzleitung rechnete aus, welche Zutaten in welchen Mengen gebraucht werden. Das Benötigte wurde den Küchenteams jeden Morgen auf einer Palette an die Feldküche gestellt, die je nach Modell mit zwei oder drei Kesseln und einem oder zwei Brätern ausgestattet sind. Technisches Equipment aus Oberberg ist aber nicht vor Ort.

Für viele Betroffene war die warme Mahlzeit ein Highlight

Neun Tage lang war Schmidt im Einsatz, als einer von 40 Feldköchen aus ganz Deutschland. Mit Logistikern und Technikern umfasst das Team 155 DRK-Helfer, sagt Schmidt. Regelmäßig wechseln die Teams aus Ehrenamtlern. „Jeden Morgen ging es um 4 Uhr los, in zwei Runden haben wir gekocht, denn schon um 10.30 Uhr musste alles fertig sein.“ Dann rollten 25 Transportfahrzeuge an, die das Essen an 42 Versorgungsstellen brachten. Von dort wurden die Mittagsgerichte an Helfer und Flutbetroffene weiter verteilt.

Als Motorradfahrer kannte Martin Schmidt das Ahrtal bereits. Umso belastender war es für ihn, die zerstörten Häuser und Straßen zu sehen. Abends saßen die vielen Helfer zusammen, und die Verteilertrupps berichteten von den Kontakten mit den Flutgeschädigten. „Für viele Menschen ist unser Beitrag, eine warme Mahlzeit zu bekommen, das Highlight des Tages“, weiß Schmidt: „Da entstanden Momente, in denen man stolz auf seine geleistete Arbeit ist.“

Eine Verlängerung des Einsatzes ist wahrscheinlich

Das DRK werde das Verpflegungszentrum vorerst bis zum 26. September betreiben, sagt Schmidt. In diesen Tagen half einer seiner oberbergischen Feldkochkollegen dort. Eine Verlängerung des Einsatzes sei nicht ausgeschlossen. „Wahrscheinlich werde ich ein weiteres Mal dort hinfahren.“ Beim bislang größten DRK-Feldküchen-Einsatz im Rahmen der humanitären Hilfe dabei zu sein, ist für Schmidt Ehrensache.

Und was ist sein persönliches Lieblingsgericht? „Am heimischen Herd habe ich gerade eine asiatische Phase“, sagt Martin Schmidt: „Aber aus der Feldküche sind deftige Eintöpfe am besten – denn da kommt der richtige Geschmack erst durch die großen Mengen.“

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