Nach TestsBergneustädter Familie wartet auf Ergebnisse und Maßnahmen

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Symbolbild.

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Bergneustadt – Elisabeth Sauerländer ist immer noch fassungslos. „Ich hätte unwissentlich  sehr viele Menschen mit Corona anstecken und ihnen den Tod bringen können“, sagt die 59-Jährige. „Wenn es noch mehr Menschen wie uns ergeht,  dann ist es kein Wunder, dass die Fallzahlen nach oben schnellen. Die Ämter haben daran ihren Anteil.  Das macht mir Angst.“

Es beginnt am 14. März. Da klagt ihr 19-jähriger Sohn über Unwohlsein. Als er am nächsten Tag von Geschmacksverlust  spricht, schrillen bei den Sauerländers  alle Alarmglocken. Vorsichtshalber wird dem 80-jährigen ungeimpften Schwiegervater, der mit der Familie zusammen im Haus wohnt, untersagt, die für die nächsten Tage geplante Rückreise von einem Verwandtenbesuch nach Hause anzutreten. „Es war die richtige Entscheidung, denn der Schnelltest unseres Sohnes im Testbus in Gummersbach war positiv“, erzählt die Bergneustädterin.

Anruf vom Gesundheitsamt lässt auf sich warten

Sie und ihr Mann  werden dort negativ getestet. Aber der positiv getestete  19-Jährige lebt mit ihnen im selben Haushalt. „Wir haben uns danach nicht mehr getraut, einkaufen zu gehen, sondern haben uns alle drei in vorsorgliche Quarantäne begeben. Wir wollten ja niemanden anstecken!“ Auf einen Anruf vom Gesundheitsamt warten sie zunächst vergeblich – drei Tage lang.

„Auf der Homepage des Kreises hatten wir gelesen, dass man Doppelmeldungen vermeiden soll. Wir waren sicher, dass wir automatisch gemeldet werden.“ Ein Anruf  kommt am 20. März: „Es ging aber nicht um den positiven Schnelltest meines Sohnes, sondern um seinen Kontakt zu seinem besten Freund, der positiv getestet worden war.“ Erst am 22. März macht der Sohn einen PCR-Test, der das positive Ergebnis bestätigt.

Mann zeigte inzwischen Symptome

„Am nächsten Tag stand plötzlich das Ordnungsamt vor der Tür, angeblich habe das Gesundheitsamt uns telefonisch nicht erreicht“, berichtet Sauerländer kopfschüttelnd. „Wir waren aber alle in vorsorglicher Quarantäne zu Hause und hatten weder auf dem Festnetz noch auf dem Handy einen versäumten Anruf.“ Die Sauerländers melden sich nach der Aufforderung beim Gesundheitsamt. Weil ihr Mann inzwischen Symptome hat, drängen sie selbst auf einen PCR-Test.

„Der Test meines Mannes war positiv, meiner negativ. Über das Testergebnis unseres Sohnes wurde kein Wort verloren.“ Am 26. März erfahren sie, dass sie sich bis zum 30. März in Quarantäne begeben soll, ihr Mann bis zum 6. April.  Ihr Sohn bekommt erst später Post: „Am 30. März erhielt er ein Schreiben des Oberbergischen Kreises, das auf den 26. März datiert war. Darin stand, dass er sich  vom  16. März bis zum 30. März in Quarantäne  begeben, täglich Fieber messen und alles dokumentieren soll – also quasi rückwirkend. „Da habe ich gedacht: Das darf doch alles nicht wahr sein!“, ärgert sich Elisabeth Sauerländer. Sie hat alle Daten sorgfältig notiert.

In Richtung 200

In Oberberg steigt die Sieben-Tage-Inzidenz weiter. Nachdem der Kreis zum Stand Dienstag, 0 Uhr, 62 neue laborbestätigte Fälle gemeldet hat, berechnet das Landeszentrum Gesundheit (LZG) NRW einen Wert von 191,9. Das bedeutet ein Plus von 11,4 im Vergleich zum Vortag. Damit nähert sich der Wert der 200er Grenze.

Aktuell sind 830 Personen im Oberbergischen positiv auf das Virus getestet. Derzeit werden laut Kreis 81 Personen in Krankenhäusern behandelt, zehn von ihnen werden derzeit beatmet. (r)

Am 31. März, ihre eigene Quarantäne ist beendet, muss sie wegen einer anderen Sache ins Krankenhaus. Der Schnelltest dort ist  negativ, zur Sicherheit folgt   ein PCR-Test. Ihr wird gesagt, dass sich im Falle eines positiven Ergebnisses jemand bei ihr meldet. Weil sie nichts hört und sie keinerlei Symptome hat, geht sie wieder  zur Arbeit  ins Büro: „Ich war immer noch vorsichtig und habe meine Arbeitszeit so eingeteilt, dass ich möglichst allein im Raum war. Ich  habe FFP-2-Masken getragen und einen Teil meiner Arbeit am Wochenende erledigt.“

Zum Glück, wie sich herausstellt: Am 7. April – eine Woche nach ihrem letzten PCR-Test und eine Woche, nachdem sie wieder zur Arbeit gegangen ist – teilt das Gesundheitsamt Elisabeth Sauerländer telefonisch mit, dass der Test  positiv ist. „Bei allem Verständnis für die viele Arbeit: Das ist nicht zu entschuldigen“, sagt sie. „Positive Testergebnisse müssen den Betroffenen  doch am selben Tag mitgeteilt werden!“ Sauerländer und ihre Familie waren vorsichtig: „Wir haben von uns aus alles getan, was uns möglich war, um andere zu schützen“, sagt sie.

Verfügung des Kreises ist  „zusätzliche Serviceleistung“

Auf Nachfrage erklärt die Leiterin des Gesundheitsamtes, Kaija Elvermann, dass die Selbstisolation nicht bloß vorsichtig war, sondern eine rechtliche Pflicht: „Es gilt schon seit einiger Zeit die Regel, dass sowohl eine positiv getestete Person als auch die mit ihr im Haushalt lebende Familie in Quarantäne muss.“ Eine Quarantäneverfügung vom Kreis sei gar nicht mehr notwendig: „Das ist nur eine zusätzliche Serviceleistung – zum Beispiel für den Arbeitgeber.“ Die könne auch nachträglich kommen.

Im Prinzip, so Elvermann, sei im vorliegenden Fall alles richtig gelaufen. Sie stellt klar, dass derjenige, der beim Schnelltest positiv getestet wird, sich selbst beim Gesundheitsamt melden muss: „Wir bekommen nur Statistiken von den Testzentren, wie viele Menschen positiv getestet wurden – keine Daten.“

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Zudem betont sie zum geschilderten Fall: „Schnelltests sind eigentlich nicht dazu da, sich testen zu lassen, wenn man schon Symptome hat.“ Natürlich, so die Leiterin, nehme das Gesundheitsamt auch Kontakt auf  – unter anderem zur Nachverfolgung. „Und einen positiven Befund bestätigen  wir an dem Tag, an dem er bei uns eingeht.“

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