200 abgewiesene GewaltopferFrauenhaus Bergneustadt klagt über Platzmangel

Lesezeit 3 Minuten
Nicht allein körperliche Gewalt ist der Grund, warum Frauen Schutz suchen.

Nicht allein körperliche Gewalt ist der Grund, warum Frauen Schutz suchen.

Bergneustadt – Dass es wichtig ist, in Oberberg ein Frauenhaus zu haben, indem Opfer häuslicher Gewalt und ihre Kinder vorübergehend Zuflucht finden, darüber gab es im Bergneustädter Sozialausschuss keine Diskussion. Auch die Verurteilung von Gewalt gegen Frauen bedurfte keines Wortes.

Bewegung kam aber in die Sitzung am Montagabend, als Nicole Schneider, die Leiterin des Frauenhauses Oberberg, mitteilte, dass man im Jahresdurchschnitt zwar 50 Frauen und ihre Kinder aufnehmen könne, man aber aus Platzgründen im gleichen Zeitraum 200 abweisen müsse. „Wenn Sie 200 Frauen ablehnen müssen, macht der Oberbergische Kreis seinen Job sehr schlecht“, urteilte Wolfgang Lenz (FDP), „dann gibt es viel zu wenig Plätze“.

Und neu bauen?

Schneider berichtete von Bemühungen des zuständigen Ministeriums, durch mehr Zuschüsse mehr Plätze zu schaffen, das Frauenhaus in Oberberg sei aber mit seinen acht Plätzen ausgelastet, mehr gehe nicht. Und neu bauen? Ausschussvorsitzende Tanja Bonrath (SPD) schloss sich der deutlichen Kritik an: „Die Gesellschaft spart an Kindern und Jugendlichen – und wir müssen nachher mit der Katastrophe leben.“

Frauenhaus

Seit 1987 hat Oberberg ein Frauenhaus. Im Auftrag des Kreises betreibt die Caritas Oberberg die Einrichtung. Vier hauptamtliche Kräfte arbeiten im Frauenhaus, das acht Frauen und bis zu 12 Kinder aufnehmen kann.

Der Standort wird geheimgehalten, was bis auf Ausnahmen auch funktioniert. In den vergangenen drei Jahren hat lediglich ein Mann seine Frau hier aufgespürt, und das nicht im Haus selbst, sondern in der Nähe. (kn)

Nach wie vor gibt es die unterschiedlichsten Formen von Gewalt gegen Frauen. Sie werden geschlagen, sexuell bedrängt oder vergewaltigt. Drohungen, ihnen Geld oder die Kinder wegzunehmen, fallen unter wirtschaftliche oder soziale Gewalt. Zwangsverheiratung oder eine angebliche Ausweisung in ihr Heimatland, „weil sie ihrer Familie Schande bereit hat“, gehören zu gängigen Drohungen von Ehemännern oder Verwandten, um Frauen gefügig zu machen.

Steigende Zuwanderung hat Einfluss

Frauen wird das Geld weggenommen und sie werden eingesperrt. Männer kontrollieren die Handys ihrer Frau und zählen ihnen das Einkaufsgeld ab, „und wehe, da fehlen zehn Cent“ (Schneider). Die Frage, ob die wachsende Zahl der Frauen, die Opfer von Gewalt werden und im Frauenhaus Schutz suchen, auch mit steigender Zuwanderung zu tun haben, bejahte Schneider.

Das könnte Sie auch interessieren:

Oft bekommen die Kinder mit, was zwischen ihren Eltern geschieht. Im Frauenhaus sorgt ein eigenes Kinderspielhaus dafür, dass sie ihre Traumata wenn schon nicht verarbeiten, „dann zumindest aber bearbeiten können“. Nicht aufgenommen werden im Frauenhaus unter 18-Jährige, Frauen mit psychischen Erkrankungen oder Drogenproblemen oder Obdachlose. „Aber wir schmeißen niemanden raus“, versicherte Schneider, sondern vermitteln sie an andere Hilfsangebote.

Caritas als Alternative

Über die verfügt auch die Caritas reichlich. Wenn alle Plätze in Oberberg belegt sind, wird versucht, die Frauen in benachbarten Einrichtungen unterzubringen. Olpe und Bergisch Gladbach sind die nächstgelegenen. Schneider, die das Frauenhaus seit drei Jahren leitet, bietet Frauen, die sie nicht aufnehmen kann, eine Gewaltpräventionsberatung an: „Sie glauben nicht, was sich hinter den Türen alles abspielt.“

Mehr Plätze in Frauenhäusern wären wichtig, fast noch wichtiger wäre es Schneider aber, wenn der Blick auch auf die Täter, sprich die Männer gelenkt würde. Nachdrücklich appellierte sie für die Schaffung ortsnaher Beratungsstellen für Männer zur präventiven Täterarbeit.

Rundschau abonnieren