Musik-Comedy-DuoKaiser und Plain erobern das Schauspiel-Haus im Beifallssturm

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Abrechnung mit der Jugendliebe: Virginia Plain konfrontiert „Jochen“ im Publikum des Schauspiel-Hauses mit Fotos aus der Vergangenheit.

Abrechnung mit der Jugendliebe: Virginia Plain konfrontiert „Jochen“ im Publikum des Schauspiel-Hauses mit Fotos aus der Vergangenheit.

Bergneustadt – Paare haben's schwer, Singles noch viel mehr. Davon wissen David Kaiser (36) und Virginia Plain (30) mehr als nur ein Lied zu singen. Im Schauspiel-Haus gastierte das Berliner Duo mit der Musik-Comedy „Liebe in Zeiten von so lala“. Es ist das zweite Programm der Sänger und Schauspieler, die seit dem Bühnendebüt 2015 eine Senkrechtstarter-Karriere machen. Im Schauspiel-Haus zeigten sie eine runde Show, die vom Anfang bis zur Zugabe nonchalant durchkonzipiert war.

„Du bist wie deine Mutter“ – im Standardvorwurf Streitender kulminiert die Auftaktnummer. Gemeinheiten, die sich Paare im Wortgefecht an die wutroten Köpfe werfen, beten Kaiser und Plain herunter. Mit versteinerten Mienen, im zweistimmigen Sprechgesang, perfekt abgestimmt und rhythmisch vorgetragen, wird die platte Beliebigkeit der Scheinargumente deutlich.

Ein Übriges tat Virginia Plain, von der Rockabilly-Frisur über ihr atemberaubendes Dekolleté bis zu den Stöckelschuhen ganz Diva. Ihre seidige Gesangsstimme wechselt federleicht zwischen Lagen und Stilen. Hervorragend ergänzen sich dazu das Klavierspiel und der Gesang von David Kaiser, der übrigens nur im ersten Teil des Programms mausgrau gekleidet ist. Nach der Pause sitzt er mit freiem Oberkörper am Klavier, ein Saunatuch als karge Bedeckung seiner Männlichkeit.

Singend beschwert er sich über die Partnerin. Deren dominante Zickigkeit treibt ihn in Mordfantasien, letztlich ist er selbst gemein zu ihr. Etwa als er herausfindet, dass sie bei einer Elite-Singlebörse im Internet angemeldet ist. Er kritisiert alles am Scheinprofil von “Eva, 26“: 26 sei sie schon viel zu lange, ihre Schlagervergangenheit zähle nicht als Niveau, und für eine sportliche Figur habe sie zu viel Speck. Auch sie lässt an ihm kein gutes Haar. Und dann singen sie. Im Duett und in schönster Harmonie. Von der achso menschlichen Sehnsucht nach dem ganz großen Gefühl und Liebesgewitter.

Oder die Diva, die den Hit „Virginia Plain“ der Band Roxy Music von 1972 als Künstlernamen trägt, entdeckt im Publikum Jochen. Ihren Schwarm von damals, aus der zehnten Klasse, als sie schlicht Koch hieß und so verliebt war. Dem Zuschauer, den sie als Jochen wiederzuerkennen behauptet, widmet Virginia Plain bitterböse Songs: Er habe „ein dumpfes Reihenhausgesicht“, sehe „irgendwie so Aldi aus“ und sei ein schlapper Liebhaber. Doch derart schroffe Urteile werden mit der nächsten Ballade aufgehoben, wenn es wieder um den Wunsch nach Liebe und Haus-mit-Garten-Idylle geht. Oder einfach um die Angst vor dem Alleinsein.

Plain und Kaiser beherrschen die Klaviatur der Gefühle: Wut und Hass, Trauer, Fröhlichkeit, Verliebtheit und Verachtung wirken, jedes für sich, in ein Lied verpackt, stets authentisch. Für die Zuschauer wirft sich die Frage auf, welches die wirklich wahren Emotionen waren und sind – auch im eigenen Liebesleben.

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