Nach den ParalympicsFriedhelm Julius Beucher ist zurück in Bergneustadt

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Politisch oder nicht? Für Friedhelm Julius Beucher war die Antwort schon vor den Spielen in Peking einfacher als für andere.

Politisch oder nicht? Für Friedhelm Julius Beucher war die Antwort schon vor den Spielen in Peking einfacher als für andere.

Bergneustadt/Peking – Die letzte Etappe auf seinem langen Heimweg von den Paralympics in Peking übernahm Friedhelm Julius Beucher dann doch selbst. „Ich bin ein schlechter Beifahrer“, sagte der 75-Jährige, nachdem er sich ans Steuer des Autos gesetzt hatte, das ihn am späten Freitagabend vom Frankfurter Flughafen nach Hause nach Bergneustadt bringen sollte.

Rückflug aus Peking dauert deutlich länger als der Hinflug

Es war das Ende einer langen Rückreise, die von der Weltpolitik sogar noch verlängert wurde: Wegen des Umweges durch die Einschränkungen im Flugverkehr hatte der Tripp von Peking nach Frankfurt zwölfdreiviertel statt der neuneinviertel Stunden vom Hinflug gedauert. „In der Nacht zuvor habe ich nicht geschlafen. Wir wurden ja schon um 5 Uhr Ortszeit abgeholt – die Sportler sogar schon früher“, erzählt Beucher.

Nach der Abschlussfeier habe er noch lange mit den mitreisenden Journalisten zusammengesessen, die ebenfalls schon auf ihr Shuttle zum Flughafen warteten. Erst im Flugzeug sei er zur Ruhe gekommen. Beucher lachend: „Dass ich stundenlang geschlafen habe, haben mir zumindest nachher meine Mitreisenden bestätigt.“

Sensationelle Erfolge im Schatten des Krieges

Zu besprechen gab es vor dem Schlaf vieles. Gerne hätte auch Beucher vor allem über die vielen sportlichen Erfolge gesprochen. „Sensationell“ nennt Beucher die Erfolge, vor allem ganz junge und trotzdem besonders erfolgreiche Athletinnen wie die 15-jährige Linn Kazmaier und die 18-jährige Leonie Walter hätten begeistert: „Damit hätte ich nie gerechnet“, sagte der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes.

Es sei schon beeindruckend gewesen, wie diese Sportler am Montagabend von Menschen aus ihrer Heimat und ihren Skiclubs am Flughafen begrüßt wurden. Vor den Paralympics hatte gerade Beucher – vor allem mit Blick auf den Nachwuchs, der eine Chance bekommen sollte – die Erwartungen gedämpft. Stattdessen gab es auch für ihn vor Ort viel Grund zum Jubel – am Ende über viermal Gold, 19 Medaillen und über Rang sieben in der Nationenwertung.

Schon 2014 schlug Beucher eine Einladung Putins aus

Doch der Grund, warum der Bergneustädter in seinen Wochen bei den Spielen in China plötzlich in den Fokus der Schlagzeilen rückte und auch vielen Fernsehstationen Rede und Antwort stehen musste, war weniger der Sport und auch nicht China als umstrittener Gastgeber, sondern der Krieg in der Ukraine.

Beucher, schon vorher bekannt und vor allem von Journalisten nicht nur deutschlandweit geschätzt für seine klaren politischen Aussagen wie unter anderem schon 2014 bei den Spielen in Sotschi, als er im Zuge der Krim-Krise sogar eine Einladung zum Mittagessen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgeschlagen hatte, steckte plötzlich mitten in einer heftigen Diskussion: Sollten trotz des Krieges, wie das Internationale Paralympische Komitee (IPC) als Organisator der Spiele zunächst verkündete, tatsächlich doch russische und belarussische Sportler teilnehmen dürfen – nur eben nicht unter der Fahne ihres Landes?

„Sport ist kein unpolitisches Gesellschaftsspiel"

Beucher hatte – einmal mehr – schnell Stellung bezogen: Nein. Welche Rolle er in den folgenden Stunden gespielt hat, bis diese Entscheidung vom IPC revidiert wurde, da lässt sich der Bergneustädter nicht so richtig in die Karten schauen. Er verrät nur, dass sein Telefon nicht stillgestanden habe. Und: „Wir haben sehr viele befreundete Nationen. Ich habe bei vielen offene Türen eingerannt.“

Ein Boykott der Spiele durch das deutsche Team sei für ihn dennoch nie eine Option gewesen: „Das ging schon wegen der Sportler nicht, die sich so lange darauf vorbereitet und darauf hingearbeitet haben.“ Aber: Die Paralympics im Besonderen und der Sport im Allgemeinen sei „kein unpolitisches Gesellschaftsspiel“. Auch der Letzte habe inzwischen offenbar begriffen, dass Sport nicht unpolitisch ist.

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Ob er sich wundert, dass das nun so einmütig auch von Funktionären kommt, die da früher ganz anders drüber gesprochen haben als er? Beucher schmunzelt: „Ja, ich könnte mich jetzt bestätigt fühlen. Meine Frau hat aber auch schon gesagt: Wenn der nach Hause kommt, müssen wir ihn erst mal wieder auf den Boden holen.“ Zu Hause in Bergneustadt ist Beuchers Ausflug auf die große Bühne der Weltpolitik also zunächst einmal beendet. Fürs Erste zumindest.

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