Sonderschau in EngelskirchenFlower Power statt Kostümchen

Sonderschau "Mode 68": Kuratorin Claudia Gottfried (v.r.), Sonja Nanko, Christina Klein und Benedikt Hanf stellten die Ausstellung vor.
Copyright: Siegbert Dierke
Engelskirchen – „Meine Brille ist nicht Vintage, verdammt, die ist Retro!“, schimpft jemand im Hit „Ich will nicht nach Berlin“. Damit reißt die Band Kraftklub ein Alltagsproblem unserer Zeit an: Alle möglichen Stile und Trends beziehen sich auf früher – gerne explizit auf die späten Sechziger und die frühen Siebziger Jahre.
Diese Zeit steht im Mittelpunkt der neuen Sonderausstellung „Mode 68 – Mini, sexy, provokant“, die ab Sonntag (und dann bis Oktober) im LVR-Industriemuseum Kraftwerk Ermen & Engels in Engelskirchen gezeigt wird. Nicht wahllos, sondern eingebettet in kulturhistorische Fragestellungen. Welcher Zusammenhang bestand zu den anderen Protesten auf den Straßen und dem Auftauchen neuer Moden? Wie schlug sich der gesellschaftliche Wertewandel in den bundesdeutschen Kleiderschränken nieder?
Exponate aus dem Bergischen
Die Ausstellung zeigt auf 500 Quadratmetern mehr als 150 Original-Kleidungsstücke, die damals ganz überwiegend von Menschen aus dem Bergischen Land tatsächlich getragen worden sind. Miniröcke, Maxikleider, Hot Pants und Schlaghosen, Weltraum-Look und Hippie-Gewand, asymmetrischer Kurzhaarschnitt und wilde Mähne, Jeans und Parka.

Exponatze aus der LVR-Ausstellung "Mode 68".
Copyright: Siegbert Dierke
Charmant ist, dass viele Exponate textlich begleitet sind – die ehemaligen Besitzer der Hosen und Blusen haben Erinnerungen geschildert: Was hatte es mit den Klamotten auf sich? Da gibt es etwa die Geschichte vom Aufschrei im Dorf, als eine Frau mit ihren in Berlin gekauften Hot Pants auf die Straße ging.
Ausstellung hat drei Kapitel
Die Ausstellung, ursprünglich konzipiert für das LVR-Museum in Ratingen, danach in Euskirchen gezeigt, ist in drei Kapitel unterteilt, erklärt Kuratorin Claudia Gottfried vom LVR-Industriemuseum Textilfabrik Cromford in Ratingen: Zunächst wird Alltagskleidung gezeigt – von vor und nach dem kulturellen Wandel. Im zweiten Teil geht es um die Frage, woher die Impulse für die neuen Looks kamen. Der dritte Teil befasst sich mit den Klamotten der Protestkulturen: Parka und Lederjacke als typische Funktionskleidung der Demonstranten.

Die Schau umfasst mehr als 150 Ausstellungsstücke.
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Verknüpft ist die Modefrage stets auch mit den sich wandelnden Geschlechterbildern. So sollten Frauen, als sie zunehmend auch berufstätig waren, attraktiv sein. Das Auftauchen des „Babydoll“ markierte eine Trendwende hin zu offensiv dargestellter Jugendlichkeit, so Gottfried.
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Sonja Nanko vom LVR-Schauplatz in Engelskirchen ist sicher, dass die Sonderschau viele Fans finden wird: „Unsere Besucher beschäftigen sich gerne ausführlich mit textilen Themen.“
Die Eröffnungsveranstaltung findet am Sonntag, 10. April, 11.30 Uhr, im Neuen Wolllager, Engels-Platz 8, statt, danach kann die neue Sonderausstellung im Museum besichtigt werden. (Maskenpflicht im Neuen Wolllager und im Museum.)
Auszug aus dem Begleitprogramm
Begleitprogramm zur Sonderschau: Öffentliche Führungen gibt es an jedem zweiten Sonntag im Monat, jeweils ab 15 Uhr. An zwei Donnerstagen (am 28. April und am 1. September), jeweils ab 18 Uhr, gibt es Feierabendführungen mit Sektabschluss und Häppchen im Stil der späten 1960er Jahre.
Filmvortrag: „Auf Knopfdruck schrille drei Minuten – Scopitone-Filme der 1960er Jahre“ am Freitag, 6. Mai, 19 Uhr. Kreativangebote am Familiensonntag: Sonntag, 12. Juni, 11 bis 18 Uhr, Kinder basteln mit Künstlerin Eva Schönefeld Blumen. Sonntag, 7. August, Kinder entwerfen mit Eva Schönefeld zusammen ihre eigenen Muster für Lesezeichen.

Accessoirs wie dieser historische Kinderwagen runden die Ausstellung ab.
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