Engelskirchener Engel-MuseumMeinardus Engel ist Neuzugang

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 Behutsam hebt das Strässer-Team den Meinardus-Engel auf seinen neuen Platz.

 Behutsam hebt das Strässer-Team den Meinardus-Engel auf seinen neuen Platz.

Engelskirchen – Frank Strässer atmet durch. Die Arbeit ist getan, die Flügel haben nicht mal einen Kratzer abbekommen. Hätte anders ausgehen können, denn: „Gerät ein Zugseil zu stark unter Spannung, könnte es den Flügel brechen.“ Soeben haben Strässer und seine Kollegen eine gut 200 Kilogramm schwere und etwa 1,60 Meter hohe Engelsstatue auf ihren neuen Platz gewuchtet: Der ist im Engelgarten des Engelskirchener Engel-Museums. Und mit solchen Kunstwerken kennt sich Strässer aus: Er stellt Grabsteine her und bearbeitet sie auch. „Aber eine solche Aufgabe ist dann doch eher ungewöhnlich“, sagt er.

Engelsfigur ist handgefertigt

Schließlich stammt das schwere Stück aus den Düsseldorfer Meinardus-Werkstätten, Siegfried Meinardus (1874 bis 1933) hat ihn gefertigt – aus italienischem Carrara-Marmor und von Hand, natürlich. Bis vor wenigen Monaten noch stand die Engelfigur auf einem Grab in Dieringhausen, dann aber wurde die Begräbnisstätte der Familie Sartorius aufgelöst.

Bloß nichts falsch machen: Wenn die Figur falsch gesichert ist, können die Flügel abgebrochen.

Bloß nichts falsch machen: Wenn die Figur falsch gesichert ist, können die Flügel abgebrochen.

Das wiederum erfuhr das Engelskirchener Ehepaar Haude: Auftraggeber Otto Sartorius ist nämlich der Urgroßvater von Maja Haude. 1918, wenige Wochen nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, trauerte er um seinen gerade mal 18 Jahre alten Sohn Willy, der gefallen war. „Wahrscheinlich in der Schlacht von Verdun“, schildert Ralf Rother. Er ist Vorsitzender des Engelvereins, der das schmucke Museum am Engels-Platz hütet. „Dass dieses Grabmal nicht verschwindet, sondern weiterhin an das Schicksal des jungen Mannes erinnert, das ist etwas ganz Besonderes“, sagt Rother, während die Strässer-Mitarbeiter Filip Strässer und Sergej Wirch letzte Fugen am Sockel der Statue glätten.

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Diese steht am Rand des Gartens, denn im kommenden Jahr soll das Museum einen Anbau mit viel Glas erhalten. „Und dann haben unsere Besucher einen direkten Blick auf den Meinardus-Engel“, sagt Rother. Gestiftet haben den Engel drei Enkelinnen von Otto Sartorius, die bald eine persönliche Einladung bekommen sollen, um das Grabmal am neuen Platz in Engelskirchen bewundern zu können – ein würdiger Platz, da ist Ralf Rother sicher.

Ein Vater trauerte um seinen Sohn

Ausstellungsleiterin Beate Gatzsch erkennt in der Skulptur zudem ein typisches Zeugnis ihrer Zeit, die Figur erinnert sie an die Feldpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg: „Zu Beginn des Krieges zeigten sie siegessichere, stolze junge Männer“, führt Batzsch aus. „Und gegen Ende des Krieges waren ganz oft Engel auf den Postkarten zu sehen – sie wiesen den Weg zum Himmel.“

Behutsam hebt das Strässer-Team den Meinardus-Engel auf seinen neuen Platz.

Behutsam hebt das Strässer-Team den Meinardus-Engel auf seinen neuen Platz.

1918 aber ist der Meinardus-Engel ein Zeugnis der großen Trauer eines Vaters um seinen Sohn. „Denn auch damals war es nicht gewöhnlich, dass jemand eine solche Arbeit bei Siegfried Meinardus in Auftrag gab“, weiß Vereinschef Ralf Rother. Und als Experte schätzt Frank Strässer, dass eine solche Figur heute zwischen 18 000 und 20 000 Euro kosten würde. „Noch immer fertigen Bildhauer solche Skulpturen von Hand – und sie brauchen dafür bestimmt ein halbes Jahr.“ Bis auf die Flügel sei der Meinardus-Engel übrigens aus einem einzigen Stück gemacht.

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