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40 Jahre3D-Technik für mehr Sicht bei Darm-OP in Gummersbach

Lesezeit 4 Minuten
Szene aus einer OP von Professor Stefan Saad.

Kleine Schnitte genügen Prof. Stefan Saad (2.v.l.), um seine Instrumente in den Bauchraum der Patientin zu führen. Mit einer 3D-Brille kann er via einer Minikamera, die separat eingeführt wird, auf den Monitoren seine Arbeit am Darm der Patientin ganz genau verfolgen und seine Schnitte setzen. 

Das Kreiskrankenhaus Gummersbach feiert am 5. Juli mit einem Tag der offenen Tür sein 40-jähriges Bestehen. Grund genug, in einer kleinen Serie einige Besonderheiten vorzustellen und einen Blick in die Geschichte zu werfen.

 Im zweiten Teil der Serie berichten wir über eine besondere Operationsmethode, bei der eine 3D-Technik im OP zum Einsatz kommt. Der Operateur wird durch diese Technik in die Lage versetzt, den Bauchraum dreidimensional zu sehen und so seine Schnitte mit einer hohen Präzision tätigen zu können. Um diesen räumlichen Blick zu erlangen, muss der Arzt eine Spezialbrille tragen. Angewendet wird das Verfahren etwa vom Klinikdirektor und Leiter des Darmzentrums, Chefarzt Prof. Stefan Saad, der diese Zeitung bei einem Eingriff über seine Schulter schauen ließ.

Das Team um Prof. Saad (li.) arbeitet Hand in Hand.

Bevor es in den OP geht, müssen wir durch die Umkleide und die Straßenkleidung gegen die grünen Hemden, Hosen und Gummischuhe der Ärzte und Schwestern tauschen. Als wir in den OP gelassen werden, ist die Patientin, um die sich Saad in den kommenden rund anderthalb Stunden kümmert, bereits in Narkose. Diese überwacht der Anästhesist Chefarzt PD Matthias Paul. Die Patientin hat eine chronische Entzündung des Dickdarms, so dass die Mediziner sich dazu entschlossen haben, das Sigma, also den S-förmigen und etwa 40 Zentimeter langen Abschnitt des Dickdarms vor dem Mastdarm, zu entfernen. Ärzte sprechen hier von einer Sigmaresektion.

Instrumente werden in die Bauchdecke geschoben

Kaum haben wir unseren Platz am Rande der OP eingenommen, bekommen wir noch eine 3D-Brille, um den gleichen Blick auf einen der hochaufgelösten Monitore zu bekommen wie das OP-Team. Durch zwei kleine Öffnungen in der Bauchdecke schiebt Prof. Saad nun seine Instrumente, die an langen Greifern montiert sind, an deren Ende der versierte Operateur nun Stück für Stück den Teil des Darms freischneidet, das der Patientin Schwierigkeiten bereitet. Saads Kollege, Oberarzt Fuad Alexander Burgwinkel, kümmert sich um die Kamera, die über einen weiteren kleinen Schnitt in die Bauchdecke eingeführt worden ist und den Ärzten den Blick ins Innere der Patientin ermöglicht.

Auf dem Monitor erkennt der Arzt genau, wo er sich im Bauchraum gerade mit seinen Instrumenten befindet.

Die kleinen Instrumente, mit denen Saad im Bauchraum arbeitet, können Gewebe mittels Hitze durchtrennen. Andere OP-Werkzeuge kommen zum Einsatz, wenn der OP-Bereich gespült und dann wieder abgesaugt werden muss. Nach und nach wird deutlich, welcher Bereich des Darms entfernt werden soll. Im Operationssaal arbeitet das Team mit einer unglaublichen Routine. Jeder im Team kennt seine Aufgabe. Für den Laien faszinierend ist, wie plastisch sich der Bauchraum dank der 3D-Technik darstellt. Setzt man die Spezialbrille zwischendurch einmal ab, so erkennt man auf den Monitoren eine Art Doppelbild, welches erst zu einem superscharfen Bild in Deckung gebracht werden kann, wenn man die grau eingefärbte 3D-Brille wieder aufsetzt.

Darmenden werden geklammert

Inzwischen ist das Sigma im Bauchraum der Patientin so weit präpariert worden, dass es herausgeholt werden kann. Aufgrund der Länge von knapp 30 Zentimetern ist das jedoch über die kleinen Bauchschnitte, die für die Geräte und die Kamera gesetzt wurden, nicht möglich, so dass ein weiterer, etwas größer Schnitt erforderlich ist. Nachdem die Bauchdecke wieder geschlossen ist, können nun auch die beiden Darm-Enden zirkulär geklammert werden. Laut Aussage der Mediziner ist das der „Goldstandard“ und eine „sichere Sache“ für den Patienten. Dank der 3D-Technik kann man nun auf den Monitoren verfolgen, wie vom Enddarm aus das Klammergerät in den Bauchraum geführt wird bis an die Stelle, an der die beiden losen Enden wieder miteinander verbunden werden sollen.

Nachdem die eigentliche Resektion schon ihre Zeit in Anspruch genommen hat, ist das Klammern in wenigen Minuten erledigt und die OP mehr oder minder abgeschlossen. Später berichtet Prof. Saad, dass zunächst das Stück Darm, um das es gegangen sei, freigelegt worden sei. Die 3D-Technik helfe bei solchen OPs, dass man andere Strukturen, wie etwa den Harnleiter, sehr gut erkennen könne, was den Eingriff wesentlich sicherer mache. „Den will man ja nicht verletzen. Genau wie Blutgefäße und Nerven.“ Saad berichtet weiter, dass die 3D-Technik in Gummersbach seit zwei Jahren zum Einsatz kommt. Eingriffe wie den geschilderten sind für den erfahrenen Mediziner Routine und werden in der Woche fünfmal oder öfter durchgeführt.

„Jeder im OP weiß, was er macht. Das ist wie am Flughafen“, sagt der Chefarzt. Die Klinik sei Darmkrebszentrum und habe sich auf diese Eingriffe spezialisiert. Bei allen Vorteilen der minimal invasiven OP-Technik mit Blick auf Heilungsprozess, Liegezeiten in der Klinik und Schmerzen für den Patienten gebe es dennoch Situationen, in denen die Bauchdecke geöffnet werden müsse. „Durch die 3D-Technik ist das aber klar seltener geworden“, berichtet Saad. Man könne alles im Bauchraum sehr gut sehen und habe eine Vergrößerung auf dem Monitor.

Wie minimalinvasives Operieren funktioniert, können Besucher beim Tag der offenen Tür am 5. Juli ausprobieren.