AboAbonnieren

Ärztemangel in Oberberg„Die Ärzte werden jetzt gebraucht“

Lesezeit 3 Minuten

Über Mittel und Wege gegen den Ärztemangel sprach Ministerin Barbara Steffens in Gummersbach unter anderem mit Dr. Ralph Krolewski vom Hausärzteverband Oberberg. ()

Gummersbach – Die Lage bei den Hausärzten ist ernst, sagt Dr. Ralph Krolewski. „Jeder zweite Sitz, der frei wird, weil ein Mediziner in Rente geht, wird nicht mehr besetzt.“ Und das Problem werde größer: Zahlreiche Kollegen könnten aufgrund ihres Alters in den kommenden Jahren ihre Praxis aufgeben. „In Reichshof und Morsbach sorgen schon jetzt zwei Ärzte, die eigentlich längst aufhören wollten, dafür, dass es nicht noch schlimmer ist“, so Krolewski.

Forensik

Zurzeit gebe es nichts Neues zu den Planungen für den Standort einer forensischen Klinik in der Gemeinde Reichshof, erklärte Ministerin Barbara Steffens am Rande ihres Auftritts in Gummersbach: „Wir sind aktuell mit den anderen Standorten beschäftigt.“ Das heiße aber nicht, dass das Ministerium sich später nicht wieder mit Reichshof beschäftigen werde.

Unterdessen ist die Bürgerinitiative Reichshof offizielles Mitglied der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt Nordrhein-Westfalen (LNU). Als Dachverband ist die LNU ein Zusammenschluss von 99 Vereinigungen des ehrenamtlichen Naturschutzes mit etwa 350000 Mitgliedern.

Gegründet worden war die Bürgerinitiative, als die Gesundheitsministerin und der Beauftragte des Landes für den Maßregelvollzug, Uwe Dönisch-Seidel, das ehemalige Reichshof-Kasernengelände 2012 als Forensik-Standort benannt hatten. (mf/kmm)

Der Ärztemangel in Oberberg ist also ein Thema – auch im Wahlkampf. Gummersbachs Grüne hatten deshalb am Montagabend ihre Parteifreundin Barbara Steffens, in NRW Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, in die Halle 32 eingeladen. Sie diskutierte mit Krolewski, selbst für die Grünen als sachkundiger Bürger im Kreis aktiv, mit dem Vorstandsvorsitzenden der AOK Rheinland/Hamburg, Günter Wältermann, mit der Leiterin der Geriatrie an den Katholischen Kliniken Oberberg, Dr. Olga Eggert, mit dem Geschäftsführer des Klinikums Oberberg, Sascha Klein, sowie mit dem Landtagskandidaten der Grünen, Uwe Söhnchen, zugleich Inhaber eines ambulanten Pflegedienstes.

Es muss sich was ändern

In der Diskussion machten alle Beteiligten deutlich: Es muss sich etwas ändern. Sonst sei eine Entwicklung nicht zu meistern, bei der immer mehr ältere Patienten immer weniger Ärztenachwuchs – vor allem für die Allgemeinmedizin – gegenüberstehen. Dass dabei auch, wie von Steffens gefordert, althergebrachte Grenzen im Parallelsystem zwischen Ärzten und Krankenhäuser aufgeweicht werden müssten, dem wollte auch Klinikumsgeschäftsführer Sascha Klein nicht widersprechen.

Was den Ärztemangel angeht, Steffens machte deutlich, dass die Zeit drängt. „Egal, was wir jetzt am Medizinstudium ändern, es wirkt sich erst in einigen Jahren aus. Wir brauchen die Ärzte aber jetzt.“ Eine Landarzt-Quote, wie sie auch in den laufenden, aber zuletzt stockenden Verhandlungen über einen Masterplan Medizinstudiengang 2020 Thema sei, hält die Ministerin für denkbar, bleibt aber skeptisch – auch aus verfassungsrechtlichen Gründen: „Wir sagen einem jungen Menschen: Du bekommst nur einen Studienplatz, wenn Du Dich verpflichtest, nach dem Studium als Hausarzt aufs Land zu gehen. Wie wollen wir das aber durchsetzen, wenn er später seine Meinung geändert hat?“

Telelandarzt könnte kurzfristig helfen

Kurzfristiger helfen, glaubt Steffens, könnten Modelle wie der „Telelandarzt“, mit dem der Lindlarer Arzt Dr. Thomas Aßmann jetzt in eine neue Phase tritt. „Andere Möglichkeiten sind die Eröffnung von Dependance-Praxen oder Medizinische Versorgungszentren.“ Das Land selbst sei dabei aber nur bedingt handlungsfähig. Regelungen für niedergelassene Ärzte fielen in die Zuständigkeit der Selbstverwaltung, also der Kassenärztlichen Vereinigung. „Dennoch haben wir in NRW Anschubfinanzierungen auf den Weg gebracht – für Ärzte, die bereit sind aufs Land zu gehen.“

Dass das reicht, um Ärzte für Oberberg zu begeistern, glaubt Krolewski nicht: „Bisher kommt niemand von außen, um hier Arzt zu werden.“ Wenn eine Praxis besetzt werde, dann nur von Menschen, die eine familiäre Bindung zur Region hätten. Es gehe eben nicht nur ums Geld: „In Köln verdient ein Arzt auch nicht mehr als hier.“ Trotzdem blieben die Mediziner dort. „Wichtig ist ihnen vor allem die Lebensqualität. Wir müssen sie davon überzeugen, dass sie die auch hier finden“, erklärte Krolewski.