An der in Dänemark gegründeten Initiative „Too Good To Go“ beteiligen sich auch Supermärkte, Tankstellen und Bäckereien in Oberberg.
Too Good To GoBei der Rettung von Lebensmitteln machen auch immer mehr Oberberger mit

Fleisch und Salat verbergen sich diesmal in der Überraschungstüte, die Sindy Langner (l.) bei Sandra Politz im Gummersbacher Imbiss Pommfritz ergattert hat.
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Sindy Langner freut sich: „Ich habe es schon mehrfach versucht, war bislang aber nie schnell genug.“ An diesem Tag hat es endlich geklappt und die 35-jährige Nümbrechterin nimmt im Gummersbacher Imbiss Pommfritz eine Schachtel mit Fleisch und Salat entgegen. Diese hat sie zuvor über die App „Too Good To Go“ als Überraschungstüte bestellt. Nur 3,33 Euro kostet die gesamte Ausbeute, dafür hätte die junge Frau im normalen Imbissbetrieb sicher gut 15 Euro bezahlt.
Auch Bäckereien, Supermärkte und Tankstellen in Oberberg machen mit
Am späten Nachmittag – kurz vor Ladenschluss – erhält sie Fleisch und Salat jedoch deutlich günstiger und hat die Lebensmittel obendrein vor dem Mülleimer gerettet. Genau das ist das Konzept von „Too Good To Go“. Die Erfinder aus Dänemark haben es sich zum Ziel gesetzt, Lebensmittel vor der Verschwendung zu bewahren. Da sie dies nicht alleine schaffen können, haben sie eine App entwickelt und sich darüber mit zahlreichen Lebensmittelbetrieben sowie Konsumenten weltweit vernetzt.
Bei der Lebensmittelrettung können sie heute auf eine große Community setzen – und das nicht nur in Großstädten, sondern auch im Oberbergischen Kreis. Bäckereien, Supermärkte, Tankstellen und weitere Gastronomiebetriebe haben sich schon dem Projekt angeschlossen und bieten Überraschungstüten an. Hinein werden kurz vor Ladenschluss Lebensmittel gepackt, die am folgenden Tag nicht mehr angeboten werden können und am Ende des Tages im Abfall landen würden.
Werbung in Gummersbacher Imbiss
„Erst habe ich etwas gezögert, mittlerweile bin ich jedoch begeistert von diesem Projekt und mache wirklich gerne mit“, berichtet Daniel Fritz, Inhaber des Imbisses Pommfritz. Vor anderthalb Jahren entschied er sich einzusteigen, nachdem zwei Mitarbeiter von „Too Good To Go“ Werbung für die App und das Projekt in seinem Gummersbacher Imbiss gemacht hatten. Täglich bietet Fritz seitdem eine Lebensmitteltüte an. Und die ist bereits am Morgen, kurz nachdem er sie in der App eingestellt hat, bereits gebucht.
„Wir sind scheinbar sehr beliebt“, sagt er erfreut. Gezahlt wird die Tüte bei der Abholung ebenfalls über die App. 1,30 von den insgesamt 3,33 Euro bekommt Daniel Fritz selbst, der Rest kommt „Too Good To Go“ zugute. Die Lebensmittelbetriebe erhalten ihren Anteil als Gutschrift abzüglich des Anteils, den sie an die Entwickler der App abgeben müssen. Für den Imbissinhaber ist das in Ordnung, denn statt im Müll zu landen, bekommen die Lebensmittel noch Verwendung. 1,30 Euro seien dabei ein netter Nebeneffekt. „Jeden Tag eine gute Tat – das kann ich hiermit tun. Und ich mache es gerne“, sagt er.
Erst habe ich etwas gezögert, mittlerweile bin ich jedoch begeistert von diesem Projekt und mache wirklich gerne mit.
Zum 1. Juli muss Daniel Fritz den Imbissstandort in Gummersbach aufgeben. Die Gründe dafür seien teure Mieten in der Innenstadt und zu wenig Kunden, die gerne und regelmäßig Pommes essen. Aber es geht weiter: Zum 3. Juni hat er die Jagdhütte in Engelskirchen-Ründeroth übernommen. „Too Good To Go werde ich auch dort anbieten.“
Sindy Langner aus Nümbrecht nutzt die App seit drei Monaten. „Oft hole ich Backwaren an der Tankstelle ab, die am Ende des Tages übriggeblieben sind, oder auch aus Bäckereien“, berichtet sie und ergänzt: „Wir sind eine fünfköpfige Familie, da wird viel gegessen.“ Eine Bäckerei aus Oberberg, die sich an der Aktion beteiligt, ist die Bäckerei Gießelmann aus Bergneustadt. Ein bis sechs Tüten zwischen 7,50 und 4,99 Euro werden dort täglich angeboten. Alle enthalten Waren im Werte von mindestens 15 Euro und sind mit herzhaften sowie süßen Backwaren gefüllt.
Überraschungstüten gibt es auch in Bergneustadt
Wie viele Tüten angeboten werden können, sei abhängig vom Standort der Filiale sowie von der Menge der Kundschaft. „Als es jetzt so gewittert hat, sind weniger Kunden gekommen. Da konnten wir noch eine Tüte mehr anbieten“, berichtet Andrea Gießelmann. Angenommen wird das Angebot auch bei den Gießelmanns gut. Andrea Gießelmann bezeichnet „Too Good To Go“ als Win-win-Situation. „Wir müssen am Ende weniger wegwerfen, und Kunden, die weniger finanzielle Mittel haben, kommt es zugute. Und gleichzeitig tun wir alle noch etwas für Nachhaltigkeit.“
Die Tafel in Bergneustadt, die von der Bäckerei ebenfalls Lebensmittelspenden erhält, komme durch „Too Good To Go“ übrigens nicht zu kurz. Dass die Ausbeute nicht immer den persönlichen Geschmack trifft oder Obst aus dem Supermarkt auch schon mal etwas matschig ist, stört Sindy Langner nicht allzu sehr. „Vieles ist wirklich noch gut. Und wenn ich doch mal etwas wegwerfen muss, ist es immer noch weniger als im Supermarkt weggeschmissen werden würde, wenn solche Tüten gar nicht erst angeboten würden.“ Deshalb möchte die junge Frau aus Nümbrecht die App auch weiterhin für sich und ihre Familie nutzen.
„Too Good To Go“ ist ein sogenanntes Social-Impact-Unternehmen mit dem Ziel, dass Menschen gemeinsam Lebensmittel vor der Verschwendung bewahren. „Unsere App ist der weltweit größte Marktplatz für überschüssige Lebensmittel“, schreiben die Erfinder auf ihrer Internetseite. Gegründet wurde „Too Good To Go“ 2015 von einer Gruppe junger Unternehmer in Kopenhagen, die der massiven Lebensmittelverschwendung in dänischen Restaurants entgegensteuern wollten.

Was in der Überraschungstüte steckt, unterscheidet sich von Standort zu Standort und ist davon abhängig, wie viel Kundschaft tagsüber gekommen ist.
Copyright: Too Good To Go
Anfang 2026 ging die App an den Start. In neun Jahren ist das Unternehmen laut eigener Aussage auf mehr als 100 Millionen registrierte Nutzer und 175.000 aktive Partner in 19 Ländern in Europa und Nordamerika gewachsen. „Too Good To Go hat dazu beigetragen, dass mehr als 400 Millionen Mahlzeiten vor der Verschwendung bewahrt wurden, was der Vermeidung von 1,1 Millionen Tonnen CO2 entspricht“, sagen die Entwickler.
Und weiter: „Wir helfen Unternehmen, aus ihren Überschüssen Einnahmen zu generieren und bieten Verbrauchern die Möglichkeit, gute Lebensmittel zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis zu genießen.“ Nutzer müssen sich zunächst die App herunterladen und sich registrieren. Darin können sie dann nach Betrieben in der Region suchen, die sich an „Too Good To Go“ beteiligen, angebotene Überraschungstüten mit Lebensmitteln reservieren und diese zum angegebenen Zeitpunkt abholen.
Sogar die Lieferung an die Haustür ist möglich
Neben Überraschungstüten können seit einiger Zeit auch größere Pakete mit überschüssigen Lebensmitteln von Produzenten oder Großhändlern bestellt werden. Diese werden sogar bis zur Haustür oder an eine bevorzugte Abholstelle geliefert.