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Zahlen steigenBergische Schiris beklagen Bedrohungen durch Eltern beim Jugendfußball

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Eine Schiedsrichterin, steht mit roter und gelber Karte auf einem Rasen und hält in der anderen Hand eine Trillerpfeife.

„Völlig inakzeptabel“ nennt der Fußballkreis Berg das Verhalten einiger Zuschauer gegenüber den Schiris.

In der Hinrunde hat die Zahl der Gerichtsverfahren gegen Trainer und Zuschauer deutlich zugenommen. Der Fußballkreis Berg will nun härter durchgreifen. 

Bei einem Hallenturnier der D-Jugend benimmt sich ein erwachsener Trainer dermaßen daneben, dass er einen Platzverweis kassiert. Tage zuvor stürmt eine Mutter nach dem Abpfiff die Kabine der gegnerischen Nachwuchself, um deren Kicker mal ordentlich aufzumischen. Eltern bedrängen einen noch jugendlichen Schiedsrichter mit ihren Smartphones, auf denen sie angebliche Fehlentscheidungen auf Video festgehalten haben, woanders rotten sich Erziehungsberechtigte zusammen und brüllen den Unparteiischen mit Manipulations- und Rassismusvorwürfen nieder.

Es waren beschämende Zahlen, die Nick Herbrig vom Schiedsrichterausschuss und Fabian Baldauf, Chef des Jugendsportgerichts, am Montagabend beim Jugend-Staffeltag des Fußballkreises Berg vorlegten. In Vilkerath waren die Vertreter aller Fußballclubs mit Jugendabteilung aus Oberberg und dem Rheinisch-Bergischen routinemäßig zusammengekommen, der Bericht zur Disziplin auf und vor allem neben dem Rasen war aber alles andere als gewöhnlich.

34 Verfahren leitete das Sportgericht in der Hinrunde des bergischen Jugendfußballs ein, fast so viele, wie in der gesamten Vorsaison. Genau die Hälfte davon befasste sich aber gar nicht mit den jungen Spielerinnen und Spielern. Neun Mal wurde Trainern grob unsportliches Verhalten vorgeworfen, acht Mal standen Zuschauer im Zentrum der Ermittlungen. Zum Auftakt der Hinrunde habe es zudem die erste Tätlichkeit gegen einen Jugendschiri überhaupt im Fußballkreis gegeben, berichtete Baldauf, der gleich darauf betonte: „Seit Corona hat der Leistungsdruck von außen auf die Kinder und Jugendlichen enorm zugenommen, das beobachten wir schon länger.“

Umfrage unter Schiedsrichtern lieferte miese Noten für Oberbergs Zuschauer

Die Bilanz des Gerichtes deckt sich mit den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage unter 85 Unparteiischen im Kreis, über deren Ergebnisse Herbrig informierte. Danach gab mehr als ein Viertel der Schiris an, im Ehrenamt bereits bedroht oder beleidigt worden zu sein. Gegenüber dem Verhalten von Spielern und Vereinsvertretern erhielt das Auftreten des Publikums deutlich schlechtere Noten. Und: Besonders mies bewerteten die Unparteiischen im Alter zwischen elf und 18 Jahren die Rolle der Zuschauer.

Dabei gehe der Schiedsrichterausschuss von einer „hohen Dunkelziffer“ aus, so Herbrig. Denn: „Unsere ganz jungen Schiris sind ja noch Jugendliche. Da werden viele von ihren Eltern zum Platz gefahren und nach dem Spiel wieder abgeholt. Und dann sprechen die im Auto nicht über das, was ihnen passiert ist, und uns melden sie das auch nicht.“

Durch solche Aktionen gehen uns die Mädels und Jungs aber natürlich reihenweise wieder flöten.
Nick Herbrig vom Schiedsrichterausschuss ärgert sich

Für den Fußballkreis kommen die Ausfälle und Anfeindungen der Zuschauer zur absoluten Unzeit. Genau ein Jahr ist es her, dass die bergischen Schiedsrichter Alarm schlugen, weil ihre Zahl bedrohlich gesunken war. Der übergeordnete Fußballverband Mittelrhein rief 2023 zum „Jahr der Schiedsrichter“ und trommelte mit etlichen Aktion für das Ehrenamt mit Pfeife.

Mit Erfolg: Im Fußballkreis Berg pfeifen heute knapp 60 Freiwillige im Jugendbereich, im vergangenen Frühjahr waren es noch 17. „Durch solche Aktionen gehen uns die Mädels und Jungs aber natürlich reihenweise wieder flöten“, ärgerte sich Nick Herbrig.

Als Reaktion kündigte der Fußballkreis am Dienstag ein härteres Durchgreifen an. Spiele, bei denen es in der Hinrunde zu hässlichen Szenen kam, werden in der Rückrunde von Ordnern begleitet. Wohlgemerkt, es geht um Jugendfußball.

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