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RückblickWas Oberberger früher an  Weihnachten in der Zeitung lasen

Lesezeit 3 Minuten
Weihnachtsfest vor mehr als 100 Jahren: Eine Familie sitzt vor einem geschmückten Weihnachtsbaum. Auf dem Tisch stehen Geschenke und Spielzeug für die Kinder.

Oberbergische Weihnachten in alten Zeiten. 

Heiteres, Nachdenkliches und die altbekannte bange Frage nach dem Wetter: Was früher an Weihnachten in oberbergischen Lokalzeitungen stand.

An den Weihnachtstagen geht der Blick gern zurück: auf das vergangene Jahr, auf vergangene Zeiten. So wollen wir es auch halten. Worüber berichteten die Lokalzeitungen in ihren Weihnachtsausgaben vor 50,60, 70 oder 100 Jahren?

Vor 50 Jahren kam die Gans Lotte aus Waldbröl auf der ersten Seite der Lokalzeitung groß raus. Das Federvieh verbreitete dort Ende 1973 trotz Ölpreiskrise samt autofreier Sonntage eher vergnügliche Weihnachtsstimmung.   Lotte lebte als Hausgans in Bladersbach, bei Werner Schröder, der sie einstmals als Weihnachtsgans erstanden hatte.

Kaum ein Haus mehr ohne Weihnachtsbaum

Doch dass ihr Weg in die Backröhre führte, verhinderte Lotte, „indem   ein Musterbeispiel an Folgsamkeit gab, zudem bei jeder Gelegenheit eine zu Herzen gehende Anhänglichkeit demonstriert und den in der Vorweihnachtszeit hereinschneien Besuch durch Mitleid erregende Klagelieder an das bevorstehende Fest der Nächstenliebe erinnerte.“ Lotte war inzwischen 33 Jahre alt.

Vor 60 Jahren kamen Leserinnen und Leser zu Wort, die sich an die Weihnachtszeit in ihrer Kindheit erinnerten. Emil Röttger etwa blickte 1963 auf Weihnachten 1890 zurück, als es „kaum ein Haus mehr“ ohne einen geschmückten Weihnachtsbaum gab, in dem kleine Geschenke hingen:

„Vater bastelte aus Streichholzschachteln Miniatur-Postpakete, die mit Überraschungen gefüllt waren, und in die Eimerchen aus rotem Gelantinepapier oder die halben Walnüsse kamen Liebesperlen, die das Entzücken der Kinder waren. Im Übrigen: die Wünsche waren so bescheiden wie die Geschenke. Und wie leicht war es damals noch, durch eine Gabe unter dem Weihnachtsbaum zu beglücken.“

Klara Schneider berichtete von Weihnachten 1945: „Das Geschenk hieß ‚Überleben‘, und der einzige Wunsch, ‚sich einmal wieder sattessen können‘. (...) Was wurde damals nicht alles hergegeben – für eine Büchse Wurst, für eine Flasche Schnaps, für Zigaretten!“

Der Vorsitzende machte Mitteilung von der schlechten Finanzlage der Gemeinde.
Bergische Wacht, Weihnachten 1923, über die Ründerother Gemeinderatssitzung

Vor 70 Jahren trug die Redaktion zusammen, wo im Oberbergischen neue Kirchen errichtet werden sollten. Unter der Überschrift „Bekenntnis zum Ewigen – Bekenntnis auch zur Zeit“ hieß es u.a.: „Im Oberbergischen Kreis werden in den kommenden Monaten mehrere Kirchenbauprojekte verwirklicht werden. In Marienheide, Kotthausen, Niederseßmar und in Bingenhof sind neue Kirchen geplant. In Marienheide ist mit den Bauarbeiten schon begonnen worden. Nachdem bereits in Wiehl, Marienberghausen, Alzen bei Morsbach und Hunsheim neue Kirchenbauten zum Teil eine interessante Wandlung in der Gestaltung unserer oberbergischen Kirchenbauten erkennen ließen, werden die neuen Projekte (. . .) eine bemerkenswerte Weiterentwicklung bringen.“

Dazu heißt es später in dem langen Artikel in der Zeitung: „Unser gegenwärtiger Wohlstand lässt uns kaum zum Bewusstsein unserer wirklichen Armut kommen! Es liegt daher nahe, in unserer Lage einen Stil der Armut und Bescheidenheit als Grundforderung für den Kirchenbau zu wählen. Daraus folgt, dass eine Nachahmung oder gar Vermischung von Formen vergangener Stilepochen für den Kirchenbau überhaupt nicht in Frage kommen kann.“

Vor 100 Jahren, im Hyperinflationsjahr 1923, hatte zwar die Rentenmark bereits im November die Mark abgelöst. Interessant deshalb der Hinweis auf dem Titel der „Bergischen Wacht“ (Engelskirchen) vom 24. Dezember: „Bezugspreis für den Monat Dezember Grundpreis: 2,40 Mk. Bezugspreis für die Botenbezieher für die Woche vom 15. bis 22. Dezember 600 Milliarden Papiermark.“

Wenig weihnachtlich geriet der Bericht der Sitzung des Ründerother Gemeinderates, dessen Tagesordnungspunkte irgendwie vertraut klingen: „Der Vorsitzende machte Mitteilung von der schlechten Finanzlage der Gemeinde, von den Maßnahmen der Reichsregierung betr. Personal- und Gehälterabbau und Einführung der 54-stündigen wöchentlichen Arbeitszeit für Beamte und Angestellte“ und es ging um Pläne des Kreis-Elektrizitätswerks Dieringhausen „betr. Errichtung von Wasserkraft-Stauanlagen bei Wiehlmünden und Haus Ley“.

Und das oberbergische Weihnachtswetter war vor 100 Jahren auch schon Thema: „Weihnachtswetter scheint uns auch in diesem Jahr nicht beschieden zu sein. Das schöne, winterliche Landschaftsbild, dass der Samstag aufgebaut hatte, hat der Sonntag zum größten Teil wieder zerstört.“