Nach Bericht des WeltbiodiversitätsratesWas das Artensterben für Oberberg bedeutet

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Hummel auf Blumenwiese dpa

Eine Million Tier- und Pflanzenarten sind laut dem Weltbiodiversitätsrat gefährdet und in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. (Symbolbild)

  • Eine Million Tier- und Pflanzenarten sind laut dem Weltbiodiversitätsrat in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vom Aussterben bedroht.
  • Ein weltweites Problem, das auch in Oberberg ganz konkrete Folgen hat.

Oberberg – Die Vereinten Nationen haben Alarm geschlagen: Eine Million Tier- und Pflanzenarten auf diesem Planeten seien gefährdet und in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vom Aussterben bedroht, heißt es im globaler Bericht des Weltbiodiversitätsrates. Ein weltweites Problem, das auch in Oberberg ganz konkrete Folgen hat.

Im Oberbergischen wurde der bevorstehende Alarm schon früher erkannt. Das weiß Kreisdezernent Frank Herhaus noch aus seiner Zeit als Leiter der Biologischen Station Oberberg: „Wir haben als Modellregion den Vertragsnaturschutz schon vor Jahren eingeführt.“ Das bedeutet, dass Kreisverwaltung, Landwirte, Biologische Station und Naturschutzverbände für das gesamte Kreisgebiet festgelegt haben, wo beispielsweise eine Silagewiese für Futterzwecke betrieben werden darf oder wo eine Magerwiese mit hohem Artenreichtum gepflegt wird.

Tier- und Pflanzenarten im Oberbergischen untersucht

Die Vielzahl der Tier- und Pflanzenarten im Oberbergischen ist groß, sodass sie kaum jemand erfassen und kennen kann. Daher haben sich einzelne Fachleute spezialisiert, in Arbeitskreisen zusammengeschlossen und die Verbreitung einzelner Klassen und Familien in den vergangenen Jahrzehnten besonders untersucht.

Die wohl am besten untersuchte Tiergruppe ist die Klasse der Vögel. Schon Mitte der 1960er Jahre hat Wilhelm Jost aus Gummersbach-Hesselbach sein Buch über die „Vogelwelt im Oberbergischen“ herausgegeben. Er führte damals 135 Arten auf. 2003 kam Heinz Kowalski sogar auf 230 im Kreisgebiet festgestellte Vogelarten. Seit 1982 kümmert sich die Arbeitsgemeinschaft Bergischer Ornithologen um die Erfassung der Avifauna in unserer Region und veröffentlicht regelmäßig aktuelle Beobachtungslisten.

Die Rote Liste der gefährdeten Vogelarten in NRW dokumentiert, dass die früheren Allerweltsarten Feldlerche, Star, Rauchschwalbe und Haussperling heute auch im Bergischen Land selten geworden sind. Bei den Säugetieren ist die Artenzahl erheblich kleiner. Sie liegt im Bergischen Land bei rund 60 Arten, darunter sind 19 Fledermausarten.

Selten oder ganz ausgestorben

Etliche Tier- und Pflanzenarten sind im Oberbergischen in den letzten Jahren selten geworden oder sogar ausgestorben. Der Morsbacher Nabu-Vorsitzende Christoph Buchen hat sie anhand eigener Recherchen aufgelistet.

Tierarten: Schwarzstorch, Schleiereule, Saatkrähe, Rotmilan, Eisvogel, Neuntöter, Schwarzspecht, Mittelspecht, Kleinspecht, Grauspecht, Baumpieper, Bechsteinfledermaus, Mausohr, Braunes Langohr, Haselmaus, Geburtshelferkröte, Schlingnatter, Zauneidechse (vermutlich in den letzten 50 Jahren im Oberbergischen ausgestorben), Sumpfbläuling, Mädesüß-Perlmutterfalter, Sägebock, Feldsandlaufkäfer, Hirschkäfer (Im Oberbergischen ausgestorben).

Pflanzenarten: Breitblättriges Knabenkraut, Geflecktes Knabenkraut, Bergsandglöckchen und Saatwucherblume (beide kurz vor dem Aussterben in Oberberg). Süße Wolfsmilch, Schwarzer Streifenfarn, Nördlicher Streifenfarn.

Diese, wie auch andere Arten, werden zentral bei den Biologischen Stationen erfasst. Dort laden die Experten sporadisch zu einem Runden Tisch ein, um die Kenntnisse über die Arten untereinander auszutauschen. So traf sich dort auch schon der Arbeitskreis Amphibien und Reptilien des Nabu Oberberg. Er kontrolliert seit Jahren die Bestandsentwicklung von zehn Amphibien- und sechs Reptilienarten im Oberbergischen.

Klimawandel bringt neue Insektenarten isn Bergische

Die Zahl der Insekten ist für Oberberg noch nicht abschließend ermittelt. Durch den Klimawandel sind neue, Wärme liebende Arten aus Südeuropa hinzugekommen, sodass man nie von einer festen Anzahl von Insektenarten im Oberbergischen ausgehen kann.

Zu den neuen Arten zählen die Wanderfalter Großer Fuchs, Goldene Acht und Postillon, aber auch die Zebraspinne und die Streifenwanze. Im Raum Morsbach hat der Morsbacher Nabu-Vorsitzende Christoph Buchen rund 200 Schmetterlingsarten festgestellt. Das sind bei weitem nicht alle Arten. Andere sind dagegen inzwischen wieder ausgestorben. Denn nicht nur Tiger oder Pandabären in anderen Kontinenten, sondern auch Schmetterlinge aus dem Oberbergischen verlieren immer mehr an Lebensraum und werden so zu gefährdeten Arten.

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Neben der Tierwelt verändert sich auch die Pflanzenwelt im Oberbergischen. 936 Arten hatte der Nümbrechter Botaniker Rainer Galunder bis 1990 kartiert. Inzwischen sind noch viele weitere Arten hinzugekommen – und manche bekannte Blume ist wieder verschwunden. So unterliegt die Artenvielfalt einem ständigen Wandel, auch in im Oberbergischen.

Nabu Oberberg hat Maßnahmen zum Erhalt der Vielfalt ergriffen

Die Biologische Station und der Nabu Oberberg haben in den vergangenen Jahren diverse Hilfsmaßnahmen ergriffen, um einzelnen Arten oder Artengruppen zu helfen und damit zur Biodiversität lokal beizutragen. So sind zum Beispiel an mehreren Stellen im Kreisgebiet für die Geburtshelferkröte Steinschüttungen in der Nähe ihrer Laichgewässer angelegt worden.

In der Nutscheid sind Standorte von Moorlilie und Wollgras von unerwünschtem Gehölzbewuchs befreit und aus ihrem Schattendasein geholt worden. Ein Nabu-Arbeitskreis widmet sich intensiv dem Hornissenschutz. Streuobstwiesen und die Artenvielfalt von Obstbäumen werden seit Jahren durch Pflegeschnittaktionen, Veredelungen und Neupflanzungen gefördert.

Zum Schutz der Fledermäuse wurden alte Bergbaustollen durch spezielle Gittertore gesichert. Auch die Wanderschafherde, die durch einige Naturschutzgebiete zieht, soll der Vielfalt dienen. „Ohne sie wären seltene Orchideen auf Feuchtwiesen längst einem zu hohen Kraut- und Strauchbewuchs zum Opfer gefallen“, sagt Christoph Buchen. Derweil versucht die Bergische Gartenarche beispielsweise bei den Pflanzentauschbörsen dafür zu sorgen, dass heimische Gemüse-, Zier- und Gartenpflanzen nicht aussterben.

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