Wolfgang Hasberg und Walfried Höller erforschen gemeinsam die Geschichte des Lagers für Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg.
SpurensucheIn Lindlar-Hommerich stand ein Lager für Kriegsgefangene

Der Heimatforscher Walfried Höller im Keller des Pfarrhauses in Hohkeppel, dort lagert das Pfarrarchiv.
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In Lindlar-Hommerich, unweit der ehemaligen Tuffi-Werke, existierte während des Zweiten Weltkriegs ein Kriegsgefangenenlager. Im November 1941 trafen dort rund 100 sowjetische Kriegsgefangene ein, die Männer waren in einem äußerst schlechten Zustand und halb verhungert. Bis zum März 1942 war mindestens ein Drittel von ihnen tot, wahrscheinlich deutlich mehr. Ihre Leichen wurden zunächst in der Nähe des Lagers, bei Ebbinghaus, verscharrt. Nach dem Krieg bettete man die sterblichen Überreste um und setzte sie auf den Friedhöfen in Hommerich und Engelskirchen bei.
Zwei Forscher haben sich auf Spurensuche begeben: Wolfgang Hasberg, Professor für Mittlere und Neuere Geschichte und Didaktik der Geschichte an der Universität Köln, und der Heimatforscher Walfried Höller aus Lindlar-Schmitzhöhe. In einem Aufsatz in der Zeitschrift „Romerike Berge“, Heft 2/2024, herausgegeben vom Bergischen Geschichtsverein, dessen Vorsitzender Hasberg ist, haben die beiden kürzlich ein Zwischenergebnis vorgestellt. Die Forschungen aber gehen weiter.
Lindlar-Hommerich: Die Leichen der Toten wurden verscharrt
„Ich wusste seit meiner Kindheit von dem Lager“, erzählt Walfried Höller. Dessen Existenz war bekannt, doch viele Einzelheiten waren bislang noch ungeklärt. Über den Förderverein des Lindlarer Freilichtmuseums und dessen Vorsitzenden Clemens Krieger lernten sich Höller und Hasberg vor einigen Jahren kennen und beschlossen, gemeinsam zum Lager Hommerich zu forschen. Die beiden Männer ergänzen sich gut. Hasberg bringt seine wissenschaftliche Expertise ein, Höller seine umfangreichen lokalen Kenntnisse.
Wer heute nach Hommerich kommt, findet dort vom ehemaligen Lager – einer Außenstelle des Lagers VI G in Bonn – keine Spuren mehr. Höller und Hasbach konnten aber im Pfarrarchiv in Hohkeppel und den Akten der Friedhofsverwaltung in Engelskirchen wichtige Hinweise auswerten, außerdem Gerichtsakten aus dem NRW-Landesarchiv in Duisburg. Von Ende 1941 bis Februar 1942 leitete der Lagerarbeiter und Unteroffizier August Fuchs das Lager in Hommerich. Verschiedene, nicht immer glaubwürdige Quellen schildern ihn als einen äußert brutalen Mann, der die Gefangenen misshandelte und mindestens einen von ihnen tötete.

Wolfgang Hasberg und Walfried Höller (r.) auf einer Wiese nahe Hommerich, wo die Toten zunächst verscharrt wurden.
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Hasbach und Höller zitieren in dem Aufsatz in „Romerike Berge“ einen Abschnitt aus den Lebenserinnerungen des späteren Hohkeppeler Bürgermeisters und Ehrenbürgers Johann Breidenassel, in dem Fuchs als Inkarnation des Bösen beschrieben wird, gegen den sich dann die „gute“ Landbevölkerung auflehnte. Ein Versuch, die Schuld an den NS-Verbrechen auf einige Wenige einzugrenzen. Nachweislich wurde August Fuchs nach einigen Monaten von seinem Kommando in Hommerich abgezogen. Dass Beschwerden aus der Bevölkerung dazu führten – wie es in der einschlägigen Erinnerungsliteratur zu lesen ist – bezweifeln Hasberg und Höller.
1950 wurde August Fuchs vor Gericht gestellt und zu insgesamt drei Jahren Haft wegen „Verletzung der Obhutspflicht“ verurteilt. Das Gericht konnte ihm nur einen Fall von Totschlag nachweisen. Wie viele NS-Täter wurde Fuchs begnadigt und vorzeitig, nach zweieinhalb Jahren Haft, wieder entlassen. Hasberg und Höller konnten bis jetzt die Namen von 32 Männern aus Russland und der Ukraine nachweisen, die in Hommerich zwischen November 1941 und Februar 1942 gestorben waren. Dabei halfen russische Datenbanken, die jedoch seit Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine nicht mehr zugänglich sind.
Den beiden Forschern ist es gelungen, auch die weitere Geschichte des „Russenlagers“ in Hommerich ein Stück weit zu rekonstruieren, seit Herbst 1943 waren dort vermutlich Zwangsarbeiter untergebracht. Walfried Höller und Wolfgang Hasberg wollen erreichen, dass in Hommerich eine Gedenkstele errichtet wird, die an das ehemalige Lager und seine Opfer erinnert. Einen Entwurf für eine solche Stele aus Grauwacke gibt es bereits, auch Kontakt zu ersten Sponsoren sowie einen potenziellen Standort, zu dem aber noch Klärungsbedarf besteht.