Interview der WocheWolfgang Waldheim war 43 Jahre lang das Gesicht des TuS Lindlar

Lesezeit 5 Minuten
Ein Mann steht vor einem Vereinsheim.

Das Stadion am Lindlarer Johannesweg war für Wolfgang Waldheim viele Jahre das zweite Zuhause.

Alles begann mit einem Plausch an der Tanke: Der scheidende Vorsitzende erinnert sich an seine Anfänge beim TuS Lindlar.

Er hat nie selbst Fußball gespielt, trotzdem ist Wolfgang Waldheim (70) seit 43 Jahren ehrenamtlich aktiv im TuS Lindlar, zuletzt war er nicht nur Abteilungsleiter Fußball, sondern seit 15 Jahren auch Vorsitzender des Gesamtvereins. Bei den Fußballern hat er schon alle Ämter abgelegt, für den Vorsitz tritt er bei der nächsten Jahreshauptversammlung nicht mehr an. Wie es sich ohne Verantwortung anfühlt, darüber sprach Andrea Knitter mit dem Lindlarer.

Sie waren über Jahrzehnte das Gesicht der Fußballer im TuS Lindlar. Ist es Ihnen schwer gefallen, sich zurückzuziehen?

Nein, ich hatte mich schon länger mit dem Gedanken getragen, meine Ämter abzugeben. Ich habe mich vor drei Jahren aus dem Berufsleben zurückgezogen und die Firma an meine Tochter weitergegeben. Da habe ich gemerkt, was ich in der Firma nebenbei noch alles für den TuS gemacht habe. So langsam fehlt mir die Lust und ich möchte auch mal etwas anderes machen. Im Beruf habe ich mich von heute auf morgen zurückgezogen und das ist auch im Fußball so.

Mehrere Tage pro Woche Arbeit für den TuS Lindlar

Fühlt sich das nicht komisch an, plötzlich nicht mehr verantwortlich zu sein?

Ich habe den Entschluss gefasst und möchte meinen Nachfolgern nicht im Wege stehen, denn das wäre so, wenn ich immer noch dabei wäre.

Die Zeiten haben sich geändert, geht es heute überhaupt noch, dass einer einen großen Verein alleine führt?

Na ja: „Allein geführt“ ist nicht richtig. Man braucht schon einen zuverlässigen Führungsstab an seiner Seite, um einen Verein unserer Größenordnung zu führen. Aber über die vier Jahrzehnte war schon vieles auf meine Person zugeschnitten. Zukünftig muss man den Verein breiter aufstellen und die Aufgaben auf „mehrere Schultern“ verteilen. Salopp gesagt fängt das schon am Montag an, wenn die Mülltonnen herausgestellt werden müssen. Ich setzte mich mehrere Tage in der Woche um 8.30 Uhr in mein Büro und erledige bis ca. 12 Uhr administrative Arbeiten für den TuS.

Ich bin kein Typ, der – wenn etwas quer läuft – die Brocken hinschmeißt.
Wolfgang Waldheim, scheidender Vorsitzender des TuS Lindlar

Was sind das für Aufgaben?

Da geht es um unterstützende Tätigkeiten in der Mitgliederverwaltung, Verwaltung der Bankkonten und monatliche Vorbereitungen der Buchungsunterlagen für unseren Kassierer. Um die Organisation des Senioren-Spielbetriebs und vieles mehr. Wir haben zwar nicht mehr, wie noch vor 30 Jahren, um die 2500 Mitglieder, doch es sind immerhin noch zirka 1150 und die Verwaltung eines Amateurfußball- und Breitensportvereins ist deutlich aufwendiger geworden. Hierzu zählen außer dem Fußball u.a. Badminton, Mutter-Kind-Turnen, Sport für Ältere, Rehasport, Schwimmen, Tanzen, Tischtennis bis hin zu einer Volleyball-Spielgemeinschaft mit dem SV Linde. Basketball und Handball können wir z.Zt. aufgrund fehlender Trainer leider nicht anbieten.

Gibt es noch Aufgaben, die sie behalten werden?

Ich werde weiterhin die Trikotkoffer für unsere drei Seniorenmannschaften fertig machen und am Samstag vor dem Spieltag herausstellen.

Sie waschen die Trikots aber nicht mehr selber, oder?

Nein, das hat früher meine Frau Ursula zwar lange gemacht, wir bringen sie aber schon länger in eine Wäscherei.

Alles begann 1980 an der Lindlarer Esso-Tankstelle

Wie sind Sie zum TuS Lindlar gekommen?

Ich bin von Geburt an hüftlastig und durfte nie Fußball spielen. Ich war aber immer am Platz und habe bei der ersten Mannschaft zugeschaut, bei der mein Vetter Bernd Winterberg gespielt hat. Um mir während der Ausbildung ein bisschen Geld zu verdienen, habe ich an Wochenenden an der Esso-Tankstelle in Lindlar gearbeitet und da hat mich 1980 der damalige Vorsitzende Paul Lenort angesprochen, weil er mich immer am Sportplatz hatte stehen sehen.

Was sollten Ihre Aufgaben sein?

Er suchte neue Leute, die in der Fußballabteilung mitarbeiten wollten. Ich habe zunächst die Fußballabteilung unterstützt und wurde mit und mit zuständig für den Seniorenfußball. Im Laufe der Jahre übernahm ich den Posten des Geschäftsführers und vor 15 Jahren den Vorsitz des TuS. Damals stellte sich Ulrich Werner, der Nachfolger von Paul Lenort und heutige Ehrenvorsitzende des TuS, nicht mehr zur Wahl.

Was hat Sie über all die Jahre motiviert?

Wissen Sie, es geht nach dem Motto: Einmal dabei, immer dabei. Ich bin kein Typ, der – wenn etwas quer läuft – die Brocken hinschmeißt, auch wenn mich der ein oder andere vor drei Jahren hinter vorgehaltener Hand für den Abstieg in die Kreisliga A verantwortlich gemacht hat.

Wenn Sie an die 43 Jahre TuS Lindlar denken, was sind die Erlebnisse, die sie geprägt haben?

Das war 1986 unter dem Trainer und Freund Karl-Ernst Helmus der Aufstieg in die Oberliga, was bis jetzt noch keiner anderen oberbergischen Mannschaft gelungen ist. Es war zu diesem Zeitpunkt hinter der Regionalliga die spielhöchste Amateurklasse. Es ist aber auch vor drei Jahren der besagte Abstieg in die Kreisliga A, was ich nach 57 Jahren, die Lindlar ununterbrochen auf Verbandsebene gespielt hat, nie für möglich gehalten hätte.

Was hat zu dem Abstieg geführt?

Wir hatten nicht das Geld, um externe Spieler zu holen. Da hatten andere Investitionen Vorrang. Wir haben in all den Jahren nie einen Kredit aufgenommen. Das war uns wichtig und wir wollten uns auch nie in die Hände von nur einem Geldgeber begeben. Selbst die 100 000 Euro, die wir für den Kunstrasen als Eigenanteil aufbringen mussten, haben wir zusammen mit den „Lindlarer Schulen“ (hieraus ist Lindlar läuft entstanden) gestemmt. Hinzu kamen 8000 Euro für das Kleinspielfeld und weitere anteilige 21.000 Euro für Ausgleichszahlungen „neu für alt“, da nach circa fünf Jahren der Kunstrasenteppich wegen einiger Mängel ausgetauscht werden musste. -Auch die neuen LED-Flutlichtstrahler, circa 30.000 Euro, konnten durch Förderung des Landessportbundes und Unterstützung der Lindlarer Geschäftswelt sowie einem Eigenanteil bezahlt werden, ohne einen Cent an Krediten aufzunehmen. Vor einigen Jahren haben wir uns bereits dazu entschieden, zukünftig mehr auf die eigene Jugend zu setzen, was sich allerdings nicht von heute auf morgen umsetzen lässt und halt Zeit braucht.

Wie viele Jugendmannschaften gibt es im TuS Lindlar?

16, aber leider haben wir im Moment keine A-Jugend, sodass wir die einzigen beiden A-Jugendlichen zu Senioren erklärt und sie in die Kreisliga-A-Mannschaft integriert haben.

Wird es für die Fußballer des TuS Lindlar noch mal nach oben gehen?

Wir feiern 2025 das 100-jährige Vereinsjubiläum und es wäre schon schön, dann wieder auf Verbandsebene, das heißt in der Bezirksliga, zu spielen.

Rundschau abonnieren