Interview mit Thomas EngelberthNümbrechter Jugendwart setzt auf Kinderfußball

Thomas Engelberth ist Vorsitzender des Jugendausschusses des Fußballkreises Berg.
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Oberberg – Ende März wurde Thomas Engelberth (47) zum neuen Vorsitzenden des Jugendausschusses im Fußballkreis Berg gewählt. Im Juni veröffentlichte der Fußballverband Mittelrhein (FVM) die Mannschafts- und Mitgliederstatistik der vergangenen beiden Jahre. Während alle anderen Kreise Zuwächse verzeichneten, gibt es beim Fußballkreis Berg ein Minus von 1046 Mitgliedern und Rückgänge vor allem bei den Jugendmannschaften. Andrea Knitter sprach mit dem Nümbrechter darüber, wie er damit umgeht.
Haben die Zahlen Sie geschockt?
Thomas Engelberth: Im ersten Moment schon. Dann haben wir im Kreisvorstand mit unserem Vorsitzenden Jürgen Liehn überlegt, dass sie so nicht stimmen können. Wir denken, dass die Vereine während der Corona-Zeit zwar die Mannschaften gemeldet haben, aber keine Bestandsaufnahme bei den Mitgliederzahlen gemacht haben.
An was machen Sie das fest?
Das zeigt sich auch darin, dass der Rückgang bei den Teams nicht so hoch wie bei den anderen Kreisen ist, die unterm Strich aber alle ihre Mitgliederzahlen gesteigert haben.
Trotzdem, nach der Statistik gibt es im Kreis einen Rückgang von 28 Jugendmannschaften im Vergleich zu 2020. Wie erklären Sie das?
Vor allem mit der gestiegenen Zahl von Spielgemeinschaften. Es tun sich nicht mehr nur zwei Vereine zusammen, sondern oft drei. Das nicht nur, weil Kinder fehlen, sondern auch, um in höheren Klassen spielen zu können. Unterm Strich fehlen dann trotzdem Mannschaften.
Welche Rolle spielt dabei die Corona-Pandemie?
Sicher wurden während der Corona-Pandemie Kinder verloren. Dazu kam der Ärger, dass Mannschaften nach dem Abbruch der Saison 2020/21 zwar in eine untere Klasse zurückgezogen werden konnten, es aber keine Aufsteiger gab. So mussten Teams unter ihrer Leistungsstärke spielen. Das hat für Frust gesorgte. Daran konnten wir als Fußballkreis aber nichts ändern, da es eine Anweisung des FVM war. Die Folge war beispielsweise, dass wir bei der A-Jugend eine sehr schwach besetzte Sonderstaffel mit sechs statt zwölf Mannschaften hatten. Trotz allem ziehe ich aber meinen Hut vor den Vereinen und Trainern, die es geschafft haben, die Zeit mit allen möglichen Mitteln zu überbrücken und die Kinder zu halten. Da standen die Vereine schon vor großen Herausforderungen.
Wie sieht es für die kommende Saison bei den Meldungen aus?
Es stimmt mich froh, dass wir zur neuen Saison wieder einen leichten Anstieg bei den Mannschaftsmeldungen haben, was wir den Clubs am Montag, 15. August, bei der Jugendleitersitzung vorstellen werden.
Wie hoch ist der Anstieg?
Von 498 Teams in der Saison 2021/22 auf 501 zur neuen Spielzeit. Den größten Zuwachs verzeichneten die Mädchen, zudem ist die Zahl der Bambini-Teams von 40 auf 50 gestiegen. Es hört sich nicht sehr viel an, man muss aber erneut bedenken, dass die Zahl der Spielgemeinschaften wieder gestiegen ist. Außerdem bin ich optimistisch, dass durch die EM der Frauen, die jetzt in England läuft, und die WM in Katar Ende des Jahres, Kinder und Jugendliche animiert werden, Fußball zu spielen.
Gibt es so etwas wie einen Problemjahrgang?
Ja, das ist die C-Jugend, was sicher auch den vergangenen beiden Jahren geschuldet ist. Wir müssen gegensteuern, denn sonst zieht sich diese Lücke weiter bis in die oberen Jahrgänge.
Die Zeiten, in denen sich der Fußball keine Sorgen machen musste, dass die Kinder wie selbstverständlich kommen, sind vorbei. Wie wollen Sie dem entgegenwirken?
Wir müssen wieder von unten aufbauen und das geht nur über den Kinderfußball. So gibt es in der neuen Saison bei der U8 und der U9 keine Meisterschaft mehr, sondern nur Spielfeste nach den Regeln des Kinderfußballs. Ab der Frühjahrsrunde werden solche Staffeln auf freiwilliger Basis bei der U10 und der U11 eingeführt. Ab 2024 hat sie der DFB von den Bambini bis zur U11 zur Pflicht gemacht.
Machen die Vereine das mit?
Ich hatte Angst, dass Vereine sagen würden, dass sie das nicht wollen und sie ihre älteren Jahrgänge U9-Jahrgänge bei der E-Jugend melden, wo es eine Meisterschaftsrunde gibt. Doch das Gegenteil ist der Fall, nur zwei Vereine haben bei der U10 gemeldet. Dagegen treten 90 Teams im Kinderfußball an. Damit hätte ich nie gerechnet und freue mich sehr darüber.
Wie erklären Sie sich, dass sich so viele für das Modell entschieden haben?
Ich denke, die Trainer und Vereine haben erkannt, welche Vorteile es hat, in den Altersklassen auf kleinen Feldern drei gegen drei zu spielen. Es gibt keine Sieger oder Schiedsrichter, dafür aber Spielzeiten für jeden und viele Tore. So können alle Kinder mitmachen. Bedenken, dass die Kosten für Tore und anderes zu hoch sind, konnten wir schon zerstreuen. Ein paar Tore kosten 20 Euro. Fehlen für ein Spielfest welche, können sie von den anderen mitgebracht werden.
Wie haben Sie das den Vereinen nahegebracht?
Im Sommer 2021 haben wir in der U8 mit zehn Teams und in der U9 mit sechs Teams zwei Pilotstaffeln gestartet, zudem haben wir die Vereine direkt angesprochen. Das hat Früchte getragen. Als Tim Wessels, Leiter Spielbetrieb, und ich Ende Mai in Lindlar einen Kinderfußballtag organisiert haben, sind 40 Trainer aus dem ganzen Kreis Berg gekommen. Wir hatten vorher aber auch alle persönlich angeschrieben. Es geht darum, dass kein Kind zurückgelassen wird, alle können spielen und aus manch einem, der in ganz jungen Jahren noch untalentiert wirkt, kann später ein wichtiger Spieler werden. Das hilft den Vereinen. Das ist etwas, was ich auch selber erst als Trainer lernen musste.
Was meinen Sie damit?
Ich habe 2006 meine Trainerlizenz bei Fredi Hennecken gemacht. Er hat uns damals die Geschichte erzählt, wie er einem Jungen geraten hat, die Sportart zu wechseln, weil er ihn für wenig talentiert hielt. Der Junge hat dann später in der Regionalliga gespielt. Und Fredi hat uns damals schon den Rat gegeben, kein Kind zurückzulassen. Daran habe ich mich gehalten und gute Erfahrungen gemacht, auch wenn ich manchmal Zweifel hatte.
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Sie sind jetzt gut drei Monate im Amt. Was haben Sie sich für ihre vierjährige Amtszeit zum Ziel gesetzt?
Ich möchte die Kommunikation mit den Vereinen weiter ausbauen, denn das halte ich für sehr wichtig. Wie müssen selber sehen, was an der Basis läuft, um zu verstehen, wo es noch Probleme gibt. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass wieder mehr Jugendmannschaften auf Verbandsebene spielen können. Zudem sehe ich einen Schwerpunkt bei den Schiedsrichtern. Wir brauchen dringend Jugendschiedsrichter, da wir schon jetzt nicht alle Spiele besetzen können. Daher ist es mir auch wichtig, die Nachwuchsschiedsrichter besonders zu schützen. Wir hatten in den letzten drei Spieltagen vor Ende der Saison elf Rote Karten. Das sind mehr als in der gesamten Saison zusammen.
Wie kam es zu der Häufung?
Das kommt daher, weil die Spieler wissen, dass sie nach einer Roten Karte für einen Zeitraum gesperrt werden, aber nicht für Spieltage. Das möchten wir ändern und an die Regelung der Senioren anpassen, die Sperren für Spieltage ausspricht.