Natur für AlleWunsch des neunjährigen Silas führt zu einer Inklusionsgruppe

Lesezeit 3 Minuten
Gemeinsam mit seinen Eltern Nadine und Thorsten Adams freut er sich auf das neue Angebot der Biologischen Station, das auf ihre Initiative hin zustandegekommen ist.

Gemeinsam mit seinen Eltern Nadine und Thorsten Adams freut er sich auf das neue Angebot der Biologischen Station, das auf ihre Initiative hin zustandegekommen ist.

Nümbrecht – Stolz zeigt Silas das Insektenhotel im Garten, wo fast alle Röhren bewohnt sind, und den Stapel morscher Äste, die er mit Vater Thorsten Adams zusammengetragen hat, um allerhand Krabbeltieren eine Heimat zu bieten. Vor zwei Wochen erst sind die Kaninchen Klopfer und Mümmel in ein luftiges Gehege auf der Wiese eingezogen. Aus dem Schuppen dröhnt das Summen eines großen Hornissennests, das der Junge eifrig beobachtet. Kein Zweifel, der Neunjährige liebt die Natur, während sein siebenjähriger Bruder Jonathan der Sportler in der Familie ist und dreimal in der Woche trainiert.

„Silas wollte so gern auch ein Hobby haben“, erzählt Mutter Nadine Adams. Aber das war gar nicht so einfach. Denn Silas hat eine Behinderung aus dem Autismus-Spektrum. Der erste Versuch, an einer Kindergruppe teilzunehmen, überforderte den Jungen.

Hilfesuchend wandten sich die Eltern an „Serv In“, die Servicestelle für außerschulische Inklusion der katholischen Jugendagentur Oberberg, Rhein-Berg und Leverkusen, die im Auftrag des Kreisjugendamtes die Aufgabe hat, allen Kindern und Jugendlichen die Teilhabe an Freizeitangeboten zu ermöglichen. „Obwohl wir unsere Unterstützung anboten, liefen unsere Anfragen im Raum Nümbrecht ins Leere“, bedauert Mitarbeiterin Anne Skribbe. „Es hieß: Das geht nicht, uns fehlt das Personal, das trauen wir uns nicht zu.“

Auch das Insektenhotel (o.l.) ist der ganze Stolz von Silas.

Auch das Insektenhotel (o.l.) ist der ganze Stolz von Silas.

Traurig für Silas, der gerade große Fortschritte in seiner Entwicklung macht. „Am liebsten ist er draußen im Freien“, sagt seine Mutter. Das wundert Anne Skribbe nicht: Gerade Kinder mit seelischer Behinderung brauchen einen Ausgleich zur Reizüberflutung im oft hektischen Alltag und kommen durch das direkte Naturerleben zur Ruhe. Das tut auch allen anderen Kindern gut.“ Und wenn man nun eine Gruppe gründen würde, in der Kinder mit Behinderung und Kinder ohne sich als junge Naturforscher betätigen könnten? Zugeschnitten auf die Bedürfnisse von Kindern wie Silas, aber darüber hinaus offen für alle Acht- bis Zwölfjährigen?

Bei der stellvertretenden Leiterin der Biologischen Station Oberberg, Christine Wosnitza, rannten Anne Skibbe und ihre Mitarbeiterin Dorothee Nohn offene Türen ein. Denn dort hat man schon Erfahrungen mit Inklusion gesammelt. Das Geld für das Projekt kommt aus dem Kinder- und Jugendförderplan NRW.

„NaUmNa“

Natur, Umwelt, Nachhaltigkeit – kurz „NaUmNa“ – heißt die Gruppe in der Natur für alle Kinder in Nümbrecht von acht bis zwölf Jahren. Sie trifft sich ab dem 5. September zweimal monatlich immer samstags von 14 bis 17 Uhr im Roten Haus der Biologischen Station Oberberg, Schloss Homburg 2, 51588 Nümbrecht. Anmeldung unter (0 22 93) 901 50 oder per Mail: Oberberg@bs-bl.de. Besonderer Unterstützungsbedarf sollte bei der Anmeldung angegeben werden. Die Teilnahme ist kostenfrei. (ms)

Wer besondere Unterstützung braucht, bekommt sie durch die extra ausgebildeten pädagogischen Mitarbeiter, auch die Begleitung durch persönliche Assistenten ist möglich. Druckfrisch sind die Flyer, die zeigen, was etwa auf dem Programm steht: Holz oder Pilze sammeln und etwas daraus machen. Tipis bauen, Tiere beobachten und bestimmen, vom Greifvogel bis zum kleinen Käfer. Äpfel ernten und Apfelsaft pressen. Müll vergraben und gucken, wie er sich verändert.

Silas, der in die vierte Klasse der Hugo-Kükelhaus-Schule geht, gibt sich Mühe mit dem Lesen – und ist begeistert. Auch seine Eltern sind noch ganz überwältigt von dem Echo, das der Wunsch ihres Sohnes ausgelöst hat. Natürlich steht sein Name als erster auf der Anmeldeliste. Er wird wohl ohne Unterstützung zurechtkommen, hoffen sie. Ein wichtiger Schritt in die Selbstständigkeit.

Nicht nur für ihre Kaninchen begeistern sich Silas (Bild r., l.) und sein jüngerer Bruder Jonathan.

Nicht nur für ihre Kaninchen begeistern sich Silas (Bild r., l.) und sein jüngerer Bruder Jonathan.

Nur sein kleiner Bruder Jonathan ist traurig: Er findet das Programm so spannend, das er gern selbst mitmachen würde. Aber weil er erst sieben Jahre alt ist, muss er noch warten. „Wenn alles klappt, könnten im nächsten Jahr mehrere solcher Inklusionsgruppen an verschiedenen Standorten im Kreis eingerichtet werden“, hofft Anne Skribbe.

Rundschau abonnieren