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Rettung vor dem MähtodUnterwegs mit den Kitzrettern in Nümbrecht

3 min
Das im Gras verborgenes Rehkitz ist auf dem Display der Drohnenfernsteuerung gut zu erkennen.

Das im Gras verborgenes Rehkitz ist auf dem Display der Drohnenfernsteuerung gut zu erkennen. 

Mit Drohnen machen sich ehrenamtliche Kitzretter frühmorgens auf den Weg, um Jungtiere vor dem Mähdrescher zu retten.

Es ist Dienstagmorgen, Punkt 6 Uhr: Acht Ehrenamtler vom Wiehler Verein „Werde KitzretterIN“ treffen sich an einer Wiese zwischen den Nümbrechter Ortschaften Oberelben und Heddinghausen. Ein Hase hoppelt über den Waldweg. Ziel der Gruppe ist aber, Rehkitze auf der rund eineinhalb Hektar großen Fläche aufzuspüren und vor dem Mähtod zu retten.

6.15 Uhr: Die erste Drohne startet. Pilotin Elke Eisbach aus Much überfliegt das Gelände in einer Höhe von rund 30 Metern. Das Display ihrer Fernsteuerung hat sie auf Infrarotsicht umgeschaltet. Noch ist die Wiese recht kühl und wärmere Bereiche zeigen sich als schwarze Punkte vor dem weißen Hintergrund. Eisbach aktiviert das Zoom und stellt auf Realsicht um. Immer wieder wird sie genarrt durch Ochsenzungen, deren große Blätter sich im ersten Sonnenlicht schon aufgewärmt haben. Die Zeit drängt, gegen 7 Uhr soll der Mähvorgang starten. Zeilenweise überfliegt die Pilotin das Gelände.

Zwei Kitze liegen versteckt im hohen Gras

6.35 Uhr: Eisbach wird fündig. In der Nähe eines Busches am Waldrand liegen zwei Kitze dicht nebeneinander im Gras. Sie markiert die Stelle und sucht weiter, doch die beiden scheinen allein auf der Wiese zu sein. Inzwischen ist eine weitere Drohne gestartet, mit der Pilot Markus Pieper aus größerer Höhe die Übersicht behält. Er wird auch dem Trecker folgen und den Bereich unmittelbar vor dem Mähwerk noch einmal absuchen.

7.05 Uhr: Landwirt Alfred Spindler rückt mit seinem dreigeteilten Balkenmähwerk an, das auf neun Metern Breite das Gras niederlegt. Vereinschefin Angelika Bonsch händigt ihm ein Funkgerät aus, mit dem er in ständigem Kontakt zu den Kitzrettern steht. Diese gehen anschließend in breiter Linie bis in die Nähe der Kitze vor, um die Tiere daran zu hindern, in den Bereich zu laufen, der zuerst gemäht werden soll. Dabei scheuchen sie noch zwei weitere Kitze am Waldrand auf, die unter dem Blätterdach nicht von den Drohnen entdeckt werden konnten.

Zuletzt nähern sich die Vereinsmitglieder den beiden Kitzen, die daraufhin eilig in den Wald springen, sodass die Wiese nun komplett gemäht werden kann.

8.03 Uhr: Der Einsatz ist beendet, insgesamt wurden vier Kitze gerettet. Nun stehen noch zwei weitere Flächen in der Nähe auf dem Programm. „Bei der extremen Hitze zurzeit wird es ab 9 Uhr sehr schwierig, die Kitze zu entdecken – da gibt es dann hunderte schwarze Punkte auf der Wiese“, schildert Pieper. Danach ginge es frühestens erst wieder ab 20 Uhr.

Retter haben seit Ende April mehr als 200 Einsätze absolviert

Insgesamt hat die Gruppe seit dem 30. April nun schon mehr als 200 Einsätze absolviert, erklärt Angelika Bonsch. Die Zahl der geretteten Kitze zu benennen, sei allerdings nicht möglich, da viele von ihnen wieder auf benachbarten Wiesen auftauchen. Der Verein mit rund 60 Mitgliedern verfügt inzwischen über acht geförderte Drohnen und zwölf aktive Piloten. Besonders stolz ist Bonsch auf die digitalen Karten, die Pieper im letzten Winter erstellt hat und die nun eine optimale Einsatzplanung und Vernetzung ermöglichen: „Ich glaube, damit sind wir die am besten ausgerüsteten Kitzretter in ganz Deutschland.“