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Kreatives Oberberg51 Künstler gewähren Einblicke beim Offenen Atelier von Engelsart

Lesezeit 4 Minuten
Vier von 51 Künstlern, die ihre Ateliers öffneten: Hashem Alshater und Christine Evers.

Vier von 51 Künstlern, die ihre Ateliers öffneten: Hashem Alshater und Christine Evers.

Oberberg – Was ihr die Kunst bedeutet? Christine Evers muss keine Sekunde lang überlegen: „Mein Leben.“ Auch sie hat am Wochenende ihr Haus in Gummersbach-Lützinghausen geöffnet, um Kunstinteressierten Einblick in ihr „Leben“ zu geben. Genau wie 50 andere Kunstschaffende, die im Rahmen des vom Engelskirchener Kulturverein Engelsart veranstalteten Offenen Ateliers Besucher in ihre Wirkungsstätten einluden.

Alle 51 Künstler zwischen Morsbach, Marienheide und Lindlar konnte niemand in den zwei Tagen abfahren, die Auswahl war zu groß, die Zahl der Teilnehmer im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um ein Dutzend gestiegen. Aber schon die wenigen Ateliers, die die unsere Redaktion am Samstag besuchte, lassen die große künstlerische Vielfalt erahnen, die in Oberberg zu Hause ist. Es wurde eine Tour mit Überraschungen.

Ohne Planung malen

Keine Wand ist frei, was an Bildern nicht an der Wand hängt, steht auf dem Boden. In ihrem Haus zeigt Christine Evers einen großen Ausschnitt ihres Schaffens. Die meisten Werke sind großformatige Ölgemälde, alle kreisen sie um ein Motiv: Frauen. Evers malt sie figürlich und mit zunehmendem Alter der Künstlerin mitunter auch wild und exzentrischer. Ob sie dem Betrachter gefallen, ist nachrangig: „Die Freiheit nehme ich mir“, sagt die 69-Jährige ausgebildete Grafikerin. Weil das Werbegeschäft nicht ihr Ding war, studierte sie anschließend in Italien und England Kunstgeschichte.

Evers malt ohne Vorbilder, die abgebildeten Frauen sind Fantasiepersonen, eine Idee, was am Ende auf der Leinwand zu sehen sein wird, hat sie nicht. Die Bilder entstehen während des Malens. Das kann auch bedeuten, dass ein eigentlich fertiges Bild überarbeitet wird und so ein ganz neues entsteht.

Paketbänder und leere Kaffeekapseln als Kleidung

Für 2020 Jahr hat Evers eine Solo-Ausstellung „Gelebte Bilder“ im alten Engelskirchener Wolllager in Vorbereitung. Zum Offenen Atelier, bei den sie schon Stammgast ist, hatte sie dem syrischen Künstler Hashem Alshater einen Raum ihres Hauses in Lützinghausen als Ausstellungsfläche zur Verfügung gestellt. Alshater (38) war fünf Jahre Kunstdozent in Damaskus, ehe er vor vier Jahren nach Deutschland floh. Zurzeit studiert er an der privaten Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter bei Bonn, um auch einen deutschen Master-Titel zu erlangen.

In Morsbach-Lichtenberg haben Marianne Kappenstein und ihr dort geborener Ehemann Friedhelm vor 36 Jahren ein Fachwerkhaus gekauft. Gelebt und gearbeitet haben sie in Euskirchen und Berlin, jetzt im Ruhestand bereiten sie schrittweise die Rückkehr nach Oberberg vor. Im Haus arbeiten mit Malerin Nadja Schwendemann sowie Buchbinder und Lyriker Markus Heibach schon zwei andere Künstler.

Fürs Offene Atelier haben die Kappensteins frühmorgens im Erdgeschoss ihre Möbel rausgeräumt, um Platz zu haben für die „Mari Anne Couture“ der Hausherrin. Sie fertigt unter anderem Recycling-Mode. „Feine Milde“, die Vakuumverpackung ihres Lieblingskaffees, hat sie in Streifen geschnitten zusammengeklebt und daraus das gold und silbern glänzende Oberteil eines Kostüms gestrickt. Das „Kleine Schwarze“ gleich gegenüber ist samt Hütchen und Handtasche aus Videobändern gehäkelt, auf einem anderen Kleid schimmert eine üppige Halskette aus CD-Stücken. Paketbänder oder leere Kaffeekapseln werden zu tatsächlich tragbarer und bezahlbarer Mode.

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Skizzen bei Sturm im Auto angefertigt

Im Haus von Hanna Schneider in Denklingen sieht man Meer, wohin das Auge blickt. 13 Jahre lebte die pensionierte Kunstlehrerin mit ihrem Mann in Flensburg. Dort entbrannte die künstlerische Liebe fürs Meer in allen Wetterlagen, mit seinen Stimmungen und Lichteffekten, die es haben kann. Das Umsetzen ist nicht immer direkt am Ufer möglich, und so malt Hannah Schneider auch vom Hotelfenster aus oder fertigt bei Sturm im Auto sitzend Skizzen, die später zu Hause überarbeitet werden. Die meisten Bilder entstehen in Aquarelltechnik, die mit den kräftigeren Farben in Acryl.

Beide gebürtig in Reichshof, kehrten die Schneiders vor 23 Jahren hierhin zurück. Auch weit weg vom Meer spielt es in den Bildern der 71-Jährigen nach wie vor die größte Rolle. Und auch beim Urlaub am Bodensee ist es das Wasser, das die Malerin fasziniert.

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