Mit jeder Fahrt Richtung RuinOberbergs Taxi-Unternehmer schließen Streik nicht aus
Oberberg – Nachdem die Forderungen der oberbergischen Taxi-Unternehmer vom Kreistag bei der Verabschiedung des neuen Tarifs nicht berücksichtigt wurden, ziehen die nun einen Streik in Erwägung. Ohne den gewünschten Energiekostenzuschlag und die Befreiung von der Betriebspflicht könnten viele vor dem Ruin stehen, fürchtet der Morsbacher Unternehmer Markus Gossmann. Sein Nümbrechter Kollege Roger Lang sagt mit Blick auf die Branche: „Ich bin seit mehr als 30 Jahren im Taxi-Geschäft, aber so eine Situation habe ich nicht mal ansatzweise erlebt.“
Die beiden sprechen für 14 Taxi-Unternehmer im Kreis. Gossmann selbst hat 40 Fahrzeuge und 80 Mitarbeiter, er ist Vorsitzender der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein. Lang ist mit seinen über 200 Wagen und mehr als 450 Mitarbeitern der größte Taxi-Unternehmer in Oberberg. Seine Wagen fahre auch jenseits der Kreisgrenzen. Ihrem bislang rentablen Geschäft habe erst die Pandemie mit knapp ein Drittel weniger Umsatz zugesetzt. Doch erst die vergangenen Monate lassen sie vollends verzweifeln.
Probleme nicht gelöst
Der nun vom Kreistag beschlossene Taxitarif und die damit verbundenen Preiserhöhungen basiert zwar auf einem Forderungskatalog, den die Taxi-Unternehmer selbst gestellt haben. Doch er könne ihre jetzigen Probleme nicht lösen, erklärt Gossmann: „Den Tarif haben wir im Herbst beantragt. Was danach kam, damit haben wir nicht gerechnet.“ Der seit dem Ukraine-Krieg in die Höhe schnellende Dieselpreis breche vielen das Genick.
Bis der neue Taxitarif zum 1. Juli in Kraft tritt, sei jede Fahrt im günstigsten Fall ein Nullsummenspiel, sagt Roger Langs Geschäftsführer Thorsten Schumacher: „Dass die Preise an den Tankstellen momentan wieder leicht fallen, hilft uns auch nicht weiter.“ Steigende Kosten bei den Löhnen, in den Werkstätten, für Gas und Strom in den Zentralen – all das lasse die Marge immer weiter schrumpfen.
Nur 40 Prozent der Einnahmen durch das Bargeschäft
Ein typischer Taxi-Unternehmer wie Roger Lang erwirtschaftet nur knapp 40 Prozent seiner Einnahmen mit dem klassischen Bargeschäft – also Fahrgästen, die sich abends von Kneipe oder Kino nach Hause kutschieren lassen. Die meisten Einnahmen kommen mit dem Rechnungsgeschäft zusammen: aus vertraglich geregelten Fahrten etwa für Schulträger, Behinderten-Einrichtungen oder mit Krankenfahrten.
Die bestehenden Verträge aber könnten die Kosten für die Unternehmer nicht mehr auffangen, so Gossmann. Dass Fahrten für den Schülerverkehr bald wieder europaweit ausgeschrieben werden, könnte das Problem zwar lösen. Doch da wartet schon das nächste: „Um an Ausschreibungen teilzunehmen und die Forderungen zu erfüllen, brauchen wir Wagen. An an die ist aber derzeit kaum ranzukommen“, sagt Lang. Die Lieferzeiten seien extrem angestiegen, ein Neunsitzer für den Schülerverkehr koste locker mal das Doppelte als noch vor einem Jahr. Gossmann sieht schwarz für seine Branche: „Die Rücklagen sind aufgebraucht. Es ist ein Kampf ums Überleben, den gerade viele kleinere Unternehmen schon bald verlieren könnten.“
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Deshalb haben die Unternehmer einen Kölner Fachanwalt für Vergaberecht beauftragt. Er soll herausfinden, ob die Verträge für die unrentabel gewordenen Beförderungen im Schülerverkehr weiter eingehalten werden müssen. Und er soll auch dabei helfen, die Forderungen nach einem Energiekostenzuschlag durchzusetzen – und einer Befreiung von der Betriebspflicht, so Lang: „Eigentlich müsste ich meine Mitarbeiter um 20 Uhr in Feierabend schicken. Ab da rentiert sich das Geschäft wochentags nicht mehr.“ Um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, könnte ein ein- bis zweitägiger Streik helfen, überlegt Gossmann: „Wir wissen keine andere Lösung mehr.“