MännergesangvereinAbschied vom Sängerheim in Wildbergerhütte

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Drei Herren mit schwarzen Zylindern tragen ein Blumengesteck.

Die Trauergäste aus Wendershagen kamen in angemessener Kleidung und mit Traueranzeige.

Der Männergesangverein „Glückauf-Sangeslust“ hat seinem Probenlokal ein zünftiges Trauerfest bereitet. Die Gemeinde Reichshof will das Gebäude umnutzen.

Selten gab es im Dorf eine so muntere Trauerfeier: Mit einem Ständchen und einem Grillenfest in der angenehm warmen Frühlingsluft hat sich der Männergesangverein „Glückauf-Sangeslust“ Wildbergerhütte am Sonntag von seinem Vereinsheim verabschiedet. Immerhin 45 Jahre lang haben sie dort geprobt. Von Ende des Monats an soll das Gebäude entkernt und umgebaut werden.

Zu Gast waren nicht nur die Sängerfrauen, sondern auch der MGV „Harmonie“ Wendershagen, mit dem die Hütter Chorknaben seit Herbst 2022 eine Chorgemeinschaft bilden. Zur allgemeinen Überraschung kamen die Morsbacher als Trauerzug mit schwarzen Zylindern und weißen Handschuhen. Während sie einen Kranz vor sich hertrugen, stimmten sie das Lied „Der gute Kamerad“ an. Schwarz verschleierte Frauen folgten mit Grablichtern in ihren Händen. Mit Blick auf das Sängerheim erklärte Anita Seifer: „Wir wünschen ihm nicht die ewige Ruhe, sondern dass es recht bald wieder mit Leben erfüllt ist.“

Wir wünschen ihm nicht die ewige Ruhe, sondern dass es recht bald wieder mit Leben erfüllt ist.
Anita Seifer trauert mit einem lachenden Auge über das Sängerheim

Im Rahmen eines kleinen Outdoorkonzertes ehrten die Vereinsvorsitzenden Markus Lutz und Hans-Gerd Scholz den Tenor Jürgen Jung für 60 Jahre engagierte Mitarbeit im Chor. Seiner Frau Edith, die am Sonntag ihren 77. Geburtstag feierte, überreichten sie eine Pflanze. Der Jubilar ist das einzige noch lebende Vereinsmitglied, das den Bau des Sängerheims miterlebt hat.

Ein Männerchor vor dem schlichten Zweckbau des Sängerheims.

Der MGV sang seiner alten Wirkungsstätte noch ein Ständchen.

Er erinnert sich, dass nach dem Bau der Wiehltalsperre durch den Aggerverband 1978 Ausgleichszahlungen an die Gemeinde Reichshof flossen. Mit diesem Geld sollte eine Bühne an die Turnhalle im Welpersiefen angebaut werden. Unter dem damaligen Vorsitzenden Jürgen Nierstenhöfer sei die Idee aufgekommen, dabei gleich ein Heim für die Sänger mitzuerrichten. Jung berichtet, dass der Vorsitzende Bauunternehmer gewesen sei: „Sonst hätten wir das gar nicht gewagt.“

Gemeinde Reichshof zahlte die Materialkosten

Letztlich habe der seit 1901 existierende Verein mit der Gemeinde die Übereinkunft getroffen, dass diese die veranschlagten Baukosten für die Bühne von 118 000 D-Mark für Grunderwerb und Material zur Verfügung stellt. Am Ende habe es sogar noch finanziellen Spielraum gegeben: „Wir sind mit dem Geld gut ausgekommen und haben vom Rest noch eine Einbauküche gekauft.“

Ein Gruppenbild.

Markus Lutz (l.) und Hans-Gerd Scholz (r.) ehrten den Chorveteranen Jürgen Jung und Ehefrau Edith.

Im Gegenzug hätten sich die Sänger verpflichtet, sowohl die Bühne als auch das Sängerheim in Eigenleistung zu errichten. „Das war anfangs kein Problem, denn wir waren 52 Sänger und alle notwendigen Handwerke waren vertreten“, erzählt Jung. Doch bald gab es Schwierigkeiten: „Der Bau wurde zu einer Belastungsprobe für den Verein.“ Besonders die Maurer seien schon früh abgesprungen, nachdem sie mit dem Anspruch des Vorsitzenden und Maurermeisters Nierstenhöfer nicht immer einverstanden waren. Jung zeigt auf die Trennwand zwischen Vereinsheim und Bühne: „Diese Wand habe ich mit hochgezogen – ich bin zwar Elektriker, aber hier habe ich mauern gelernt.“ Am Ende, nach knapp 4000 geleisteten Arbeitsstunden, seien nur noch rund 30 Vereinsmitglieder übrig geblieben.

Der heutige Vorsitzende Markus Lutz schildert, dass die Gemeinde das Gebäude vor vier Jahren gekauft hat, um es als Gesamtkomplex mit der Turnhalle zu sanieren und damit auch den Weg freizumachen für einen barrierefreien Veranstaltungsraum im Dorf. Im Untergeschoss soll ein von der Gemeinde organisiertes Jugendcenter entstehen. Vorstandskollege Hans-Gerd Scholz ergänzt, dass für die Vermietung des Veranstaltungsbereichs ähnlich wie in Eckenhagen eine Vereinsgemeinschaft aus derzeit neun örtlichen Vereinigungen gegründet werden soll: „Die konstituierende Sitzung ist am kommenden Freitag.“

Nach dem Beginn der Umbauarbeiten am Ende des Monats und zügigen Fortschritt ist mit einer Fertigstellung in rund zwei Jahren zu rechnen. Bis dahin wollen die Sänger aus Wildbergerhütte gemeinsam mit den Wendershagenern im Bürgerhaus der Morsbacher Ortschaft Ellingen proben.

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