Beisetzungen im Wald: Die Reichshofer Politik befürwortet einstimmig die neue Bestattungsvariante bei Sinspert.
„Leute wollen in den Wald“Bei Reichshof-Sinspert könnte ein Ruheforst entstehen

Eine Lichtung in dem geplanten Ruheforst bei Reichshof-Sinspert. Mehrere Waldbesitzer wollen sich an dem Projekt beteiligen.
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Bekommt Reichshof einen Ruheforst? In seiner jüngsten Sitzung hat der Rat der Gemeinde nach einem Vortrag von Frank Zulauf, Standortbetreuer der Ruheforst-Gesellschaft, einstimmig diese neue Bestattungsvariante befürwortet und die Verwaltung beauftragt, Verhandlungen mit der Firma zu führen. Hintergrund war ein Kontakt der Gemeinde mit Eckhard Schulte, dem Haupteigentümer von rund 18 Hektar Wald nördlich und nordöstlich der Sinsperter Kapelle.
Er hatte im Vorjahr die Idee eines Bestattungswaldes an die Verwaltung herangetragen und berichtete nun, dass sich etwa zehn weitere Waldbesitzer an diesem Projekt beteiligen würden.
Jährlich 130 Bestattungen
Einleitend hatte Fachbereichsleiterin Sarah Schmidt geschildert, dass die Bestattungszahlen in Reichshof rückläufig seien, derzeit etwa 130 jährlich. Dabei gebe es einen zunehmenden Trend zur Urnenbestattung. Insgesamt stelle sich der Friedhofshaushalt defizitär dar. Die Gemeinde habe darauf reagiert und verschiedene neue Angebote eingerichtet, etwa die Urnenbeisetzung unter Bäumen auf den Friedhöfen. Dennoch gebe es eine Abwanderung zu Bestattungsformen in Wäldern außerhalb der Kommune, das führe zu weiteren Defiziten: „Die Leute wollen in den Wald und nicht unter einen Baum auf dem Friedhof.“
Ruheforst-Betreuer Zulauf machte deutlich, dass es in einem Bestattungswald keinerlei forstwirtschaftliche Nutzung gebe, allenfalls würden notwendige Schnittmaßnahmen durchgeführt, um der Verkehrssicherungspflicht zu genügen. Ebenfalls sei dort die Jagd untersagt, da derartige Areale als Friedhof gelten und damit zu den „befriedeten Bereichen“ gehören, in denen – genau wie in Wohngebieten – nicht gejagt werden dürfe.
Platz für mehrere tausend Grabstellen
Er führte aus, dass mit einer Grabstelle ein Nutzungsrecht von 99 Jahren erworben werde: „Das ist deutlich länger als auf regulären Friedhöfen.“ Als markante Punkte würden neben Bäumen auch Findlinge oder Baumstümpfe ausgezeichnet, die alle exakt vermessen würden. Mithilfe eines QR-Codes am Eingang des Ruheforstes seien die Stellen dann leicht aufzufinden. In dem angedachten Areal sei Platz für mehrere tausend Grabstellen. Zu den Kosten sagte Zulauf, dass im Vorfeld einmal die Reservierungsgebühr anfalle, hinzu komme das Beisetzungsentgeld.
Die Preise seien abhängig von der Lage, der gewählten Baumart und dem Alter des Baumes. Bei einem Einzelgrab bewegten sich die Kosten bei rund 600 Euro. Auch gebe es Familiengräber mit zwölf Plätzen, etwa 3000 bis 7000 Euro, eine Blutsverwandtschaft sei keine Voraussetzung. Zudem würden Grabstellen angeboten, in denen 18 Urnen Platz finden.
Die Ratsmitglieder äußerten Bedenken wegen eines möglicherweise hohen Verkehrsaufkommens in dem Gebiet. Uwe Hoffmann (FWO) schilderte seine Erfahrungen mit einem Friedwald im Münsterland: „Die haben da jetzt den dritten Parkplatz gebaut.“ Zulauf entkräftete diese Vermutung mit dem Argument, dass Bestattungswälder „im platten Land“ eine weitaus größere Ausdehnung hätten.
Thomas Funke (CDU) begrüßte die neue Bestattungsvariante. Am Ende ergriff Eckhard Schulte, ein ehemaliger Sinsperter, noch einmal das Wort: „Meine Liebe galt immer dem Wald – und was gibt es Schöneres, als im eigenen Wald beerdigt zu werden?“
Ruheforst
Frank Zulauf von „Ruheforst“ gab einen Überblick über das Unternehmen. Das gebe es seit 2003 mit der Zentrale in Erbach im Odenwald, zwischen Darmstadt und Heidelberg. Inzwischen sei das Konzept an 85 Standorten in Deutschland umgesetzt, jährlich gebe es insgesamt etwa 16.000 Beisetzungen und rund 50.000 Führungen durch die Bestattungswälder. In einem Filmbeitrag wurde deutlich, dass der Wald naturbelassen bleibt, jedoch werden mit Hackschnitzeln bestreute Fußwege angelegt. Zwischendurch gibt es immer wieder Sitzbänke und auch eine Andachtsstelle unter freiem Himmel.