Der Reichshofer Manuel Weber ist bei seiner jüngsten Ukraine-Fahrt bis an die Kampflinie vorgedrungen. Dort betete er mit den Soldaten.
UkraineReichshofer betreut Soldaten an der Front

Die Schule in Avdiivka ist eines der zerstörten Objekte, die nach Darstellung der Ukrainer bloß zivilen Zwecken dienten. Manuel Weber ist erschüttert über die Zerstörungen.
Copyright: Yurii Polishchuk
Der Film beginnt mit harter Rockmusik und eingeblendeten Bibelzitaten. Das Stück hat Manuel Weber einst selbst mit seiner Metalband aufgenommen. Schon damals entsprach der Reichshofer nicht der gängigen Vorstellung eines frommen Christen. Jetzt war er an der Front in der Ukraine und berichtet davon in einem selbstproduzierten Video, das er auf Youtube hochgeladen hat. Die Aufnahmen zeigen ihn mit Helm und schusssicherer Weste. Der Titel: „Bulletproof Preacher – Warum ich zum Beten in den Donbas fuhr“.
Die Antwort auf diese Frage gibt er im Film gleich zu Beginn. „Wer täglich mit dem Krieg konfrontiert ist, dessen Seele und Herz leidet, egal ob Zivilist, Volonteer oder Soldat. Und je mehr ich erfuhr, wie es den Menschen dort geht, umso größer wurde der Wunsch, diesen Menschen beizustehen. Sie zu ermutigen, für sie zu beten, sie zu segnen.“

Manuel Weber war als Helfer und Seelsorger an der Front im Donbas im Osten der Ukraine.
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Auf Schusswunden vorbereitet Oleksandr „Sasha“ Koropets, der Pastor, dem Weber und die übrigen Helfer der Oberbantenberger freikirchlichen Gemeinde „Christus für alle“ seit Monaten ihre Hilfsgüter aushändigen, erklärte sich bereit, ihn mit in den Osten zu nehmen. Weber konnte sich nützlich machen, indem er als Fahrer zweier Autos zum Einsatz kam, die aus Oberberg für den Verletztentransport gespendet wurden.
Oberberger hat einen Film über seine Reise gedreht
Eine Stunde lang dauert der Film. Neben eigenen Aufnahmen mit der Handykamera dokumentieren beeindruckende Fotos des Ukrainers Yurii Polishchuk Webers Reise an die Front. Viele Bilder sind mit Musik unterlegt. Im Gespräch erklärt Manuel Weber, dass es ihm um einen persönlichen Blick ging: „Ich wollte natürlich auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass der Krieg cool oder romantisch ist. Es geht darum, die Menschen emotional anzusprechen, nicht nur ihren Verstand, sondern auch ihr Herz.“ So berichtet der Film davon, dass Weber zur Vorbereitung lernte, wie man Schusswunden behandelt. „Ich versuchte, mich mental wie praktisch bestmöglich auf diese Reise vorzubereiten. Und ich betete viel, was wohl die beste Vorbereitung war.“

Manuel Weber betete mit den Soldaten für Frieden.
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Zunächst ist er wieder Fahrer in einem Konvoi mit Hilfsgütern, die nach Wolodymyr im Westen des Landes gebracht werden. Die anderen Oberberger fahren zurück, Weber macht sich mit ukrainischen Freunden auf die fast 24 Stunden lange Weiterfahrt nach Saporischschja. Müde erreicht er die verdunkelte Stadt.
Am nächsten Tag geht es weiter nach Orikhiv, wo immer wieder Artilleriefeuer zu hören ist und Rauchwolken am Horizont von Raketeneinschlägen deuten. Die idyllische Natur steht dazu im absurden Gegensatz. Weber sagt: „Ich freue mich darauf, wenn ich das Land im Frieden besuchen kann.“
Reichshofer Aktivist fährt mit 140 Stundenkilometern durch die Ukraine
Er bewegt sich nun mit Armeesantitätern dicht hinter der Front. Der Oberberger lädt sie immer wieder ein zu kurzen Andachten, mal auf dem Feld, mal in einem Keller. „Mit Gott an seiner Seite kann man selbst im Krieg Frieden haben“, lautet Webers Botschaft. Danach spendiert er meist eine Runde Cola. Aus dem Off kommentiert der Berichterstatter: „Das waren meine beiden Spezialgebiete: Gebet und Softdrinks.“ Manuel Weber läuft durch die völlig zerstörte Ruinenstadt Avdiivka nahe Donezk. Er fährt mit 140 Stundenkilometern über Schlaglochpisten, um in Sichtweite der russischen Stellungen kein allzu leichtes Ziel abzugeben. Als er fast einen Hund überfährt und ausweichen will, herrscht ihn sein Beifahrer an: „Wenn dir hier ein Reifen platzt, bist Du tot!“

Manuel Weber half bei der Verteilung von Hilfsgütern.
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In den Städten und Dörfern der Region Charkiw sieht er rauchende Trümmer nach frischem Raketeneinschlag, spricht mit erschöpften Soldaten und traumatisierten Bewohnern. „Die Leute, die hier leben, laufen herum wie Zombies, die sind innerlich kaputt.“ Seinen emotionalen Tiefpunkt erreicht der Besucher in einem entlegenen Dorf, das Tod und Vernichtung erlebte, obwohl es so unbedeutend ist. Auf der Rückfahrt zieht Manuel Weber ein Resümee: „Ich stehe in diesem Krieg zu 100 Prozent auf Seiten der Ukrainer, aber ich verspüre keinen Hass auf die Russen. Ich stehe auch auf der Seite der Russen, die sich Freiheit und Frieden wünschen.“ Er ist überzeugt, dass Putin nicht gewinnen kann: „Der Unterschied ist, dass die Russen gegen das kämpfen, was sie hassen und die Ukrainer für das, was sie lieben.“
Webers Oberbantenberger Gemeinde wird die Verantwortung für die aufwendige Ukrainehilfe an die „Aktion für verfolgte Christen und Notleidende“ abgeben. Er selbst bekommt bei der Organisation mit Sitz in Hessen einen Job, um sich künftig hauptberuflich um die Ukraine zu kümmern.
Seine jüngsten Erlebnisse im Kriegsgebiet haben sein Gottvertrauen nicht beschädigt. Auf der Schutzweste des „Bulletproof Preachers“ verweist die Bibelstellenabkürzung „Joh. 3,16“ auf die Gewissheit: „Nun werden alle, die sich auf den Sohn Gottes verlassen, nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben.“