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„Unsere Ehe ist jetzt inniger“Waldbrölerin rettet Ehemann mit Nierenspende das Leben

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Wollen die Organspende in das Licht der Öffentlichkeit rücken (v.l.): Pfarrer Jochen Gran und das Ehepaar Friedhelm Schnieder und Christa Dresbach-Schnieder.

Wollen die Organspende in das Licht der Öffentlichkeit rücken (v.l.): Pfarrer Jochen Gran und das Ehepaar Friedhelm Schnieder und Christa Dresbach-Schnieder.

Waldbröl – Rechts vom Bauchnabel, ganz dicht unter der Haut, da hat für Friedhelm Schnieder ein neues Leben begonnen – ein Leben, das ihm seine Ehefrau Christa Dresbach-Schnieder geschenkt hat. Denn seit dem vergangenen Mai arbeitet im Körper des 71-Jährigen eine Niere seiner Frau. „Im Januar hieß es plötzlich: Nichts geht mehr“, blickt Schnieder zurück. „Ich musste an die Dialyse, um die Zeit bis zur Transplantation im Mai zu überleben.“ Die habe er sehr gut überstanden. Doch wenn der frühere Leiter des „Hauses für Alle“, der Beratungsstelle des Evangelischen Kirchenkreises An der Agger in Waldbröl, von einem Holpern spricht, das ihn seither Tag für Tag begleitet, dann meint er damit etwa starke Medikamente, die er auf die Stunde genau einnehmen muss, und deren heftige Nebenwirkungen.

„Außerdem ist für mich eine Erkältung nicht nur eine Erkältung – ich muss sehr vorsichtig sein“, ergänzt er mit Blick auf die schwache Abwehrkraft seines Körpers, das ist eine Folge der Therapie. „Und mein Körper weiß natürlich, dass wir ihn überlistet haben.“

„Für mich war sofort klar: Ich gebe ihm eine meiner Nieren“

„Lebendspende“ heißt medizinisch nüchtern, was das Ehepaar aus der Waldbröler Ortschaft Isengarten gerade hinter sich gebracht hat. Von vielleicht fünf Menschen kommt nur einer in Frage, der ein Organ zur Verfügung stellen kann. „Unter Verwandten ist diese Trefferquote natürlich wesentlich höher“, weiß Christa Dresbach-Schnieder (64).

Die Pastorin hat mehr als 25 Jahre lang die Evangelische Telefonseelsorge des Kirchenkreises geleitet, heute ist sie ehrenamtlich im christlichen Buchladen „Buch + Welt“ tätig. „Drei Tage lang haben mich die Ärzte von den Zähnen bis zu den Zehen auf den Kopf gestellt, um auszuschließen, dass ich irgendwo eine Entzündung habe“, erinnert sie sich an harte Tage vor der Operation.

Auch habe es etliche Belastungstests gegeben, etwa für die Lunge. „Als mein Mann an die Dialyse musste, war für mich sofort klar: Ich stehe ihm zur Seite und gebe ihm eine meiner Nieren – wenn das möglich ist.“

„Unsere Ehe ist seither noch viel tiefer, noch viel inniger“

Es ist möglich. „Für uns ist dies heute aber nicht nur eine Operation – unsere Beziehung, unsere Ehe ist seither noch viel tiefer, noch viel inniger“, sagt Friedhelm Schnieder. „Schließlich trage ich einen Teil meiner Frau in mir, für den ich nun eine besondere Verantwortung habe. Es ist ein gut gepflegtes Nierchen, das prima funktioniert.“

Lesung in Waldbröl

Über eine Freundin in Berlin und einen Bericht in der dortigen Presse ist Christa Dresbach-Schnieder auf ein Paar gestoßen, das ganz Ähnliches erlebt hat: Nora Northmann und Volker Döring (70). In ihrem Roman mit dem Titel „Zum Glück genügt die Hälfte – Eine Frau spendet ihrem Mann eine Niere“ (Verlag Steve-Holger Ludwig) erzählt die 62-Jährige ihre eigene Geschichte.

Das wird Nora Northmann am kommenden Dienstag, 18. Oktober, auch in Waldbröl tun: Auf Einladung der Evangelischen Kirchengemeinde und des christlichen Buchladens „Buch + Welt“ der Gemeinde kommt das Ehepaar für eine Lesung in die Marktstadt. Diese beginnt um 19 Uhr im Gemeindehaus am Wiedenhof 12b. Der Eintritt ist frei. (höh)

Schnieders Leidensgeschichte beginnt 2015, als er in einer nephrologischen Praxis erfährt, dass seine Nieren ihre Leistungskapazität bereits mehr als halbiert haben. „Als Ursache gilt eine Vernarbung, die wiederum Folge einer Entzündung ist“, schildert der Waldbröler.

„Aufgefallen ist das, weil mein Körper auf Antibiotika nicht mehr reagierte.“ Damals heißt es, dass es noch lange hin sei, bis die Erkrankung lebensbedrohlich werde, da sie im Schneckentempo verlaufe. „Im Frühjahr vergangenen Jahres aber kam der große Einbruch – und die Dialyse kam in mein Leben“, berichtet Friedhelm Schnieder. „Leben konnte ich fortan nur noch mit der Technik und den Blutwäschen.“

Untersuchungen werden für Waldbröler Ehepaar zu Strapazen

Behandelt wird er in Gummersbach, im Nephrologischen Zentrum des Kuratoriums für Dialyse und Nierentransplantation. Da fühle er sich sehr gut aufgehoben, verrät Schnieder und urteilt: „In Oberberg sind wir damit recht gut aufgestellt.“ Die Operationen indes erfolgen im Merheimer Transplantationszentrum der Kölner Universitätskliniken. Christa Dresbach-Schnieder hat den Eingriff dort ebenfalls gut überstanden, nach sechs Tagen kann sie das Krankenhaus verlassen.

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Davor aber liegen Monate voller Tests und Untersuchungen – Strapazen für beide Eheleute. Weil Friedhelm Schnieder und Christa Dresbach-Schnieder unterschiedliche Blutgruppen haben, muss das Blut des Kranken neutralisiert werden, damit der Körper das Spenderorgan nicht sofort abstößt. Den Körper überlisten, so nennt es Schnieder. „Im April zeichnete sich endlich ab, dass alle Voraussetzungen für die Operation erfüllt sind.“ Jetzt will das Paar anderen Mut machen, sich für die Organspende zu entscheiden. „Aufschieben sollte man das nicht.“

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