Gehörlos und fast blindWiehler erhält das Handwerk des Korbflechtens am Leben

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Gehörlos und fast blind, aber ein Profi: Oliver Ley stellt in Faulmert unter anderem filigrane Stuhlgeflechte her.

Gehörlos und fast blind, aber ein Profi: Oliver Ley stellt in Faulmert unter anderem filigrane Stuhlgeflechte her.

Wiehl-Faulmert – Oliver Ley hat außergewöhnlich sensible Hände. Mit seinen Fingern erspürt der 53-Jährige nicht nur, ob die Weidenäste, die er verarbeiten möchte, dünn oder dick sind, sondern auch, wie spröde und gut oder schlecht diese zu flechten sind. Der gelernte Korbflechter ist von Geburt an gehörlos und erkrankte zudem im Kindesalter an einer Makuladegeneration, die ihm im Laufe der Jahre bis auf fünf Prozent die Sehkraft genommen hat.

Seit 30 Jahren arbeitet Ley bei den Behinderten-Werkstätten Oberberg (BWO). Derzeit ist der Engelskirchener allerdings immer mal wieder im „Home-Flechting“ tätig, wie Bildungsbegleiter Hans-Jürgen Salmen die Heimarbeit scherzhaft nennt.

„Jedes Stück ist ein Unikat“

Salmen hat durch Oliver Ley die Gebärdensprache gelernt und übersetzt das Gespräch bei dem Besuch dieser Zeitung. Denn Oliver Ley verständigt sich ebenso mit seinen Händen. Bevor Ley 1990 bei den BWO in Wiehl-Faulmert angestellt wurde, hatte er eine Ausbildung als Korbflechter im Berufsbildungswerk der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn in Schramberg im Schwarzwald absolviert. Diese Berufsschule – von ihr hat der Engelskirchener seinen Gesellenbrief (inklusive der Kammersieger-Urkunde) erhalten – besuchen Hör- und Sehgeschädigte.

In Faulmert war Oliver Ley zunächst in der Produktion von Alarmgebern tätig, wechselte dann aber nach einem Praktikum, in dem er natürlich mühelos überzeugt hatte, in eine Kölner Korbflechterei. Mittlerweile ist er zurück in Faulmert: Dort stellt Ley in der Stuhl- und Korbflechterei aus Weide und Peddigrohr Einkaufskörbe, Wäschekörbe, Tabletts und Brotkörbe her. „Jedes Stück ist ein Unikat“, sagt der Handwerker und zeigt Fotos von einem besonderen Projekt.

Eine Kundin kam zu ihm mit einer geflochtenen Wiege, in der sie selbst schon als Kind geschlafen hatte. Diese Wiege sollte nun für das Enkelkind wieder fit gemacht werden. Oliver Ley legte los. Die Wiege sieht heute aus, als sei sie frisch geflochten. Auch das Reparieren von Stühlen mit beschädigtem Wiener Geflecht ist für den Profi kein Problem. Diese Möglichkeit, alte Möbel, an denen oft Erinnerungen hängen, den kundigen Händen von Oliver Ley anvertrauen, nutzen viele.

Handwerk statt Verwaltung

Ley berichtet, dass er als junger Mann in die Arbeit in der Verwaltung hineinschnuppert, aber schnell festgestellt habe, wie viel besser ein Handwerk zu ihm passt „In der Korbflechterei kann ich meine kreativen Ideen umsetzen und mich darüber freuen, dass ich dieses selten gewordene Handwerk beherrsche.“ Ein Handwerk, das er auch schon an einige der Mitarbeiter weitergeben konnte, denen er die Grundlagen erläuterte und Handgriffe zeigte.

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Vielleicht, so sagt Betreuer Hans-Jürgen Salmen, könnte man in der Zukunft auch einen Workshop veranstalten. Noch scheitern solche Pläne an den Corona-Auflagen. Wenn es wieder möglich wird, miteinander ein Handwerk zu erlernen, hätte Oliver Ley nichts dagegen, seine Fähigkeiten weiterzugeben.

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